Wirtschaftswoche: Herr Biderman, Deutschland, Groß- britannien und Spanien – Sie erobern viele Märkte. Gehen die Menschen wirklich überall fremd?
Noel Biderman: Sicherlich ist jeder Mensch verschieden, aber nicht, wenn es um Untreue geht. Selbst in Ländern, in denen auf Ehebruch die Todesstrafe steht, gehen Menschen fremd, wenn ihnen in ihrer Beziehung etwas fehlt. Ich verkaufe ein natürliches Verlangen.
Die wirtschaftliche Lage etwa in Spanien ist angespannt. Haben die Menschen da Geld für ein Seitensprungportal übrig?
Spanien ist einer unserer am stärksten wachsenden Märkte. Das Geschäft mit der Untreue ist nicht nur krisensicher, sondern wächst sogar in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders schnell.
Warum?
Gerade wenn das Geld zu Hause knapp ist, gibt es oft Streit. In Zeiten, in denen du den Partner am meisten brauchst, kriegst du ihn am wenigsten – und landest schnell in fremden Armen.
Wie profitieren Sie davon?
Affären funktionieren anders als die Suche nach dem Lebenspartner. Unser Geschäftsmodell baut darauf, dass unsere Kunden keinen Monatsbeitrag bezahlen. Fremdgeher zahlen nur dann, wenn sie auch zum Zug kommen wollen. Wir nennen das „pay as you play“. Nutzer kaufen Guthabenpunkte, sind eine Woche lang aktiv und lassen sich mit der nächsten Affäre etwas Zeit.
Beim amerikanischen Football- Finale Superbowl wurde Ihr Werbespot nicht ausgestrahlt, auch die Deutsche Telekom ziert sich. Haben Sie Probleme, Werbepartner zu finden?
Ob in den USA, Kanada, Großbritannien oder Deutschland – wir finden unsere Marketingkanäle. Das ist oft nicht die erste oder zweite Wahl. Wir suchen andere Wege, um unsere Marke zu ver-breiten.
Zum Beispiel?
Die aufsehenerregendste Affäre im vergangenen Jahr hatte Star-Golfer Tiger Woods. Ihm haben wir einen Werbevertrag über fünf Millionen Dollar angeboten, er hat aber medienwirksam abgelehnt.
Seite mit Affärengarantie
CSU-Chef Horst Seehofer war über mehrere Stockwerke auf einem Ihrer Werbeplakate am Berliner Alexanderplatz zu sehen – unfreiwillig. Gehört das zu Ihrer Marketingstrategie?
Bisher hat sich Horst Seehofer noch nicht bei uns gemeldet. Das Plakat in Madrid mit dem spanischen König Juan Carlos hat die spanische Regierung allerdings nach nur drei Stunden wieder abgehängt. Bis zu 75 Prozent unseres Marketingbudgets geben wir für Radio, Fernsehen und Sponsoring aus. Die restlichen 25 Prozent investieren wir in Suchmaschinenmarketing. Damit unterstützen wir nur unsere Offline-Werbung und führen Interessenten auf unsere Web-Seite. Auf ihr schalten wir keine Werbung. Unsere Einnahmen stammen zu 100 Prozent aus den verkauften Punkten.
Wie halten Sie Ihre Kunden?
Wir geben eine Affärengarantie. Egal wie alt jemand ist, wo er herkommt und wie viel er wiegt: Wer uns eine Chance gibt, wird den passenden Partner für eine Affäre finden.
Aber Ihr Geschäftsmodell ist doch ziemlich leicht zu kopieren.
Das mag von außen so aussehen, aber es hat mich nicht umsonst fünf Jahre gekostet, ein Produkt zu schaffen, das für Seitenspringer komplett diskret ist. Im Internet dominiert letztlich nur einer: Es gibt nur eine wirkliche Suchmaschine, ein soziales Netzwerk und einen Musikanbieter. Und ich glaube, ich habe das Produkt, das Marketing und den finanziellen Rückhalt, um mich weiter von allen anderen abzugrenzen.
Sie sehen in anderen Seitensprungportalen also keine ernsthaften Konkurrenten?
Nein, unsere größten Konkurrenten sind Facebook und der Arbeitsplatz. Da passieren immer noch die meisten Affären. Aber bei Facebook riskieren die Fremdgeher, entdeckt zu werden, Affären mit Kollegen können sie den Job kosten. Unser Portal ist sicher.
Sie wollen Ihre internationale Zentrale in Deutschland errichten. Warum?
Ich habe bereits Investoren aus der Schweiz und Deutschland. Deshalb erwägen wir auch einen Börsengang in Deutschland. Und vielleicht habe ich die Chance – neben Facebook –, eines der am schnellsten wachsenden sozialen Netzwerke auf dem ganzen Planeten zu etablieren.