Seznam.cz Das tschechische Google

Ein Leben ohne Google? Für viele Tschechen ist das seit fast 20 Jahren Alltag: Dort nutzen die Menschen lieber die Suchmaschine Seznam. Wie das Portal erfolgreich wurde.

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Seznam beliebter als Google Quelle: dpa Picture-Alliance

Die Frage, warum Google so heiß auf den kleinen tschechischen Online-Markt ist, beantwortet Pavel Zima scherzhaft: „Sie wollen die Weltkarte in ihrem Hauptquartier komplettieren.“ Eine ernsthafte Erklärung hat er nicht. Offenbar gehört Tiefstapeln zu Zimas Geschäft.

Er ist seit 2006 Geschäftsführer der Suchmaschine Seznam. Wie das US-Vorbild, so hat auch Zima über die Jahre ein ganzes Imperium um seine Suchmaschine herum aufgebaut: Ein eigener Streaming-Dienst mit selbstproduziertem Inhalt, ein E-Mail-Dienst, ein Karten-Dienst, Gelbe Seiten und eigene Nachrichtenseiten gehören zu dem 1996 gegründeten Konzern.

Seznams Dienste

Damit ist Seznam das fast Undenkbare gelungen: Die tschechische Firma kann dem milliardenschweren Google-Konzern seit eineinhalb Jahrzehnten auf dem tschechischen Markt Paroli bieten.

Laut eigener Aussage laufen 55 Prozent aller Suchanfragen über Seznams Suchmaschine, 90 Prozent der Tschechen nutzten mindestens einmal im Monat einen der Dienste. Damit sei er verantwortlich für 60 Prozent aller Visits im tschechischen Netz.

Das macht Seznam zu einer Ausnahme. Weltweit hat Google ansonsten nur in Russland (Yandex), Japan (Yahoo) und China (Baidu) nicht die Mehrheit auf dem Suchmaschinenmarkt. Wie konnte Zima das gelingen?

Erfolgsfaktor 1: Den Markt früh besetzen

Gegründet wurde Seznam von Ivo Lukačovič. Während der Google-Vorgänger BackRub 1996 online ging, tippte der damalige Student händisch die Webseiten aus dem tschechischen Internet in eine nach Themen geordnete Liste. Dann verknüpfte er sie mit Keywords, sodass Internet-Nutzer diese Webseiten suchen konnten. Daher auch der Name. Seznam heißt zu Deutsch: Liste.

Damit stieß Lukačovič das Tor zum tschechischen Internet auf. Mit Seznam.cz erreichte er im ersten Jahr 10.000 Nutzer täglich. Um sein Projekt zu finanzieren, schaltete er Bannerwerbung. Als Lukačovičs Freund Pavel Zima 1998 zum Team stieß, ging Google gerade online – und strebte gleich den Weltmarkt an. Zu diesem Zeitpunkt war das Seznam-Team fünf Mann stark, erreichte täglich 100.000 Nutzer und hatte eine klare Zielsetzung: Das tschechische Internet in all seinen Facetten zu durchdringen.

Für die Tschechen war Seznam zu diesem Zeitpunkt schon zum Synonym für das Internet geworden und zu einem geflügelten Wort: „Seznamen“ sagt der Tscheche - statt „googlen“.

„Der frühe Markteintritt ist nur ein Erfolgsfaktor“, sagt Jan Simkanič, Buchautor, Geschäftsführer des tschechischen Branchendiensts InternetInfo und Kenner des dortigen Online-Markts. „60 Prozent aller tschechischen Haushalte nutzen noch heute Seznam.cz als ihre Startseite.“

Hier dominiert Google nicht den Suchmaschinenmarkt

Dass das so bleibt, versuchen mittlerweile 1000 Mitarbeiter zu gewährleisten. Seznam ist trotz der Anstrengungen profitabel: Das Unternehmen setzte 2013 über 100 Millionen Euro um – ein Drittel davon war reiner Gewinn. Für Google sind solche Summen zwar Kinkerlitzchen, für europäische Verhältnisse aber ziemlich beeindruckend.

All das erreichte Seznam nicht nur, weil es früher auf dem Markt war.  Vor Google gab es viele andere. Sie scheiterten und verschwanden in der Bedeutungslosigkeit. Altavista beispielsweise ging schon 1995 online – und war gegenüber Google trotzdem chancenlos. Auch Fireball ist heute kaum noch jemandem ein Begriff. Auf dem Online-Markt gibt es keinen Artenschutz.

„Altavista versuchte, mit Google auf dem Weltmarkt zu konkurrieren. Das ist schwierig“, sagt Zima. „Wir kämpfen lieber auf dem lokalen Markt und bieten Features, die Google nicht bieten kann.“

 

Erfolgsfaktor 2: Auf die Bedürfnisse des Markts eingehen

Bis 1989 herrschte in Tschechien die Kommunistische Partei. „Damals waren die Märkte vollkommen abgeschottet“, sagt Simkanič. Die Zeit des Sozialismus hat sich tief in die DNA des tschechischen Internet-Markts eingebrannt. Das zeigt sich am Nutzerverhalten: „Die meisten Tschechen nutzen keine Online-Dienste aus Amerika oder Deutschland.“

Stattdessen vertrauen sie auf die heimischen Angebote. Davon profitieren tschechische Unternehmen, die den Markt und seine Bedürfnisse kennen. „Der Schlüssel ist es, lokal zu wirtschaften und nicht auf den globalen Markt abzuzielen“, so Simkanič.

Ein Prinzip, das Seznam wie kaum ein anderes Unternehmen verkörpert. Ein Beispiel dafür ist Seznams Kartendienst Mapy.cz. Google kaufte teure, hochauflösende Satellitenbilder von Tschechien, um seinen Dienst Google Earth aufzupeppeln und zeigt bei Streetview selbst Straßenansichten von kleinsten Dörfern an – ein finanzieller Aufwand, bei dem Seznam nicht mithalten will.

Gute Alternativen zu Google
Wenn es in Deutschland um Web-Suche geht, steht der US-Konzern Google weit an der Spitze. Nicht umsonst sprechen viele auch von „googeln“, wenn sie etwas im Netz recherchieren. Auch zahlreiche andere Dienste des Unternehmens wie E-Mail, Textverarbeitung, Übersetzung oder Kartendienste sind weit verbreitet. Laut einer Statista-Umfrage wurde Google im September dieses Jahres für 94,8 Prozent aller Suchanfragen in Deutschland genutzt - ein Quasi-Monopol, welches das EU-Parlament gerne auflösen würde. Dabei existieren zahlreiche Alternativen für die Suche und auch die meisten anderen Google-Dienste. Hier eine Auswahl. Quelle: AP
SucheEs muss nicht immer Google sein, auch Microsofts Bing oder die Suchmaschine Yahoo liefern gute Suchergebnisse. Darüber hinaus gibt es zahlreiche kleinere Anbieter wie Blekko, Startpage, DuckDuckGo oder Qwant. Sie haben alle ihre eigenen Stärken – etwa Auflistung der Suchergebnisse nach Genre, anonyme Suche oder eine besonders gute Videosuche. Am Anfang kann der Umstieg aber gewöhnungsbedürftig sein. Quelle: dpa
BrowserWer Google aus dem Weg gehen will, sollte auch dessen Browser Chrome meiden. Der ist zwar flott und bietet durch Add-ons Möglichkeiten zum Datenschutz. Wer allerdings die Adresszeile nutzt, nutzt auch automatisch die Google-Suche. Als Alternative bietet sich Mozillas Firefox an. Dort muss aber im Suchfenster zunächst Google durch eine neue Standardsuchmaschine ersetzt werden. Auch der norwegische Browser Opera leistet gute Dienste. Quelle: dpa
KartenAls Alternative zum Platzhirsch Google Maps gibt es beispielsweise den offenen Kartendienst Openstreetmap. Auch Microsofts Suchmaschine Bing hat mit Bing Maps ein brauchbares Angebot, Nokia baut seinen Kartendienst Here immer weiter auf. Auch Apples in iOS und Mac OS-X integrierte Kartensoftware hat ihre Kinderkrankheiten mittlerweile überwunden. Quelle: AP
E-MailGerade beim E-Mail-Versand gibt es unzählige Alternativen zu Gmail. Vom Gratisanbieter bis hin zum bezahlten Konto bleibt kaum ein Anspruch unerfüllt. Große Anbieter wie Outlook.com bieten auch einen ähnlichen Funktionsumfang mit Kalender. Wer sichergehen will, dass die eigenen Mails nicht zu Werbezwecken analysiert werden, sollte sich für kleine Anbieter entscheiden, die Mails nicht nur verschlüsselt senden, sondern auch verschlüsselt speichern. Nur einige von vielen Beispielen dafür sind Posteo, Aikq, ProtonMail oder Startmail. Quelle: dpa
VideoYoutube ist riesig, doch auch andere Anbieter haben gute Datenbanken und eine aktive Teilnehmergemeinde. So zum Beispiel vimeo.com: Hier gibt es neben Amateurvideos auch zahlreiche Uploads von Künstlern und Musikern.Dailymotion aus Frankreich erinnert optisch stark an Youtube und bietet gut sortierte Themenkanäle. Kleines Plus: Hier werden viele Clips gezeigt, die bei Youtube aussortiert wurden. Wer sich besonders für Musik interessiert, sollte tape.tv ausprobieren. Quelle: REUTERS
DokumentensucheStatt Google Scholar für die Suche nach Forschungstexten zu nutzen, können Studenten auch Suchdienste wie BASE (Bielefeld Academic Search Engine) nutzen. Quelle: Screenshot

Trotzdem ist Simkanič sicher: „Den besten Karten-Service in Tschechien bietet Seznam.“ Mapy.cz ist zudem der meistgenutzte Kartendienst Tschechiens – einer Online-Umfrage des tschechischen IT-Magazin Zive zufolge nutzen 58 Prozent der Tschechen den Kartendienst – und das obwohl Google die überzeugendere Optik hat.

Dafür bieten Zima und seine Kollegen etwas, was Google nicht hat: „Wir wissen, dass die Tschechen gerne wandern und Rad fahren“, erklärt Zima. In Tschechien gibt es hunderte Kilometer gekennzeichneter Wanderwege. „Auf diese Vorliebe haben wir unseren Kartendienst zugeschnitten.“

Öffnet der Nutzer Mapy.cz, sieht er rot markiert die Wanderwege. Zoomt er heran, werden Höhenlinien sichtbar, aber auch Informationen zu Sehenswürdigkeiten, Raststätten und Lokalen. Sind sie in Seznams Branchendienst Firmy.cz verzeichnet, kann der Nutzer gleich sämtliche wichtigen Informationen zu den Lokalen abrufen.

So sieht unser Weltbild bei Google aus
Offenbar sind ein Großteil der Googlenutzer Fahrschüler. Oder interessierte Autofahrer. Außerdem stellen wir uns essentielle Fragen wie "warum ist der Himmel blau?" Quelle: Screenshot
Auch andere Farben scheinen uns sehr zu interessieren. Und natürlich Feier- und fruchtbare Tage, das TV-Programm, Auto fahren. Quelle: Screenshot
Unsere Ziele im Leben scheinen dagegen nicht so hoch gesteckt. Oder wir sind ein Heer von Pessimisten. Faulen Pessimisten. Quelle: Screenshot
Auch unseren Nachbarn trauen wir offenbar nicht so recht über den Weg. Bis auf die schwule Ausnahme aus Nordrhein-Westfalen. Die halten wir zumindest für glücklich. Quelle: Screenshot
Dafür halten wir die Kanzlerin für den Babo (Jugendsprache: Chef ). Unser Vizekanzler kommt dagegen nicht so gut weg.
Und auch unsere Meinung von Internet und Medien ist laut Google nicht die Allerbeste. Quelle: Screenshot
Immerhin mögen wir Tiere. Gebraten. Quelle: Screenshot

Das wichtigste für die Tschechen ist aber die kartographische Darstellung, die der traditionellen Form nachempfunden ist; sie ziert seit Jahrzehnten die heimischen Straßenkarten. Die Tschechen sind versiert darin, topografische Karten zu lesen und haben deswegen auch besondere Ansprüche an eine Karte: Sie erwarten höchste Präzision und Liebe zum Detail. In anderen Ländern ist das nicht so gefragt, weswegen der Aufwand für Google, hier nachzuziehen, zu groß wäre.

Um all das anbieten zu können, hat Seznam einen Wanderkarten-Verlag gekauft und dessen Daten in Mapy.cz eingespeist. Da das mobile Internet in den bergigen Regionen schwach ist, würde dieser Service nichts nützen, wenn er nur online verfügbar wäre. „Deswegen haben wir die gesamten Daten auf eine Smartphone-App gespielt, sodass man sie überall abrufen kann – auch offline“, erklärt Zima. Mit Google Maps dagegen kann man nur lokale Ausschnitte abspeichern und offline nutzen.

Die Mapy-App ist kostenlos. „Mapy ist wie unser E-Mail-Service ein Beispiel für Dienste, die uns eine Menge Geld kosten, aber finanziell nichts einbringen“, sagt Zima. Dafür stärkten sie die Marke und lenkten Aufmerksamkeit auf die Services mit denen Seznam Geld verdient.

Erfolgsfaktor 3: Innovationen und eigener Content

Die größten Einnahmen generiert Seznam mit Werbung auf der Suchmaschine und anderen Angeboten Seznams – etwa auf Sreality.cz, einem Online-Marktplatz für Immobilien oder auf Firmy.cz, dem größten tschechischen Firmenverzeichnis.

Daneben generieren die Yellow-Page- und E-Commerce-Angebote Millionengewinne. Diese wiederum nutzt Seznam, um sich auszuprobieren, aussichtsreiche Dienste aufzukaufen und innovativ zu bleiben.

Selbst kleinere und deutlich flexiblere Unternehmen seien nicht so innovativ wie Seznam, sagt Simkanič. „Ein Großteil der Belegschaft besteht aus IT-Experten.“ Das sei der Grund für die Innovationskraft. „Sie konzentrieren sich auf das Produkt und den Verkauf – nicht auf das Marketing.“

Ausgewählte Randaktivitäten von Google

Dank der profitablen Sparten hat Seznam viel Spielraum, um Ideen über längere Zeit zu testen und ist nicht darauf angewiesen, dass Neuerungen gleich profitabel sind. Deutlich wird das an Seznams Streaming-Plattform Stream.cz.

Als Seznam 2007 eine Mehrheitsbeteiligung an der Firma Global Inspiration kaufte, die das Videoportal betrieb, war die Plattform noch ein tschechisches Youtube – hauptsächlich ging es darum, dass Nutzer ihre Videos hochluden.

Diversifizierung als Überlebenschance

„Es war weder für das tschechische Fernsehen noch für Youtube ein ernsthafter Konkurrent“, sagt Zima. Anstatt eine Werbeoffensive zu starten, richtete Zima Stream.cz neu aus. Seznam trennte sich vom Nutzer-Content und setzte auf selbstproduzierte Serien und Shows. Ein Feld, das weiter ausgebaut werden soll. „Aktuell investieren wir viel Geld in den Video-Bereich“, sagt Zima.

In puncto Nachrichten glaubt Seznam ebenfalls an den eigenen Content. Anstatt wie Google News die Inhalte anderer Nachrichtenseiten zu bündeln, hat Seznam einen Prager Verlag gekauft und bietet mit Novinky.cz eine der meisten besuchten Nachrichtenseite Tschechiens – ein attraktives Werbeumfeld für Unternehmer.

Die Geschichte von Google

Auch Mapy.cz könnte bald monetisiert werden. „Bis jetzt war Mapy.cz vor allem eine Herzensangelegenheit von Lukačovič, dem Gründer Seznams“, erzählt Simkanič. Lukačovič sei Hobbypilot und deswegen an guten Karten interessiert.

„Jetzt kommt der Punkt, wo Mapy.cz auch aus finanzieller Sicht interessant werden könnte.“ Denn Seznam investiere in ein Unternehmen, das auf die Visualisierung von Karten spezialisiert ist. „Diesen Service wollen sie anderen Unternehmen und Ländern anbieten.“   

In der Diversifizierung Seznams sieht Simkanič eine Chance, weiter im Kampf gegen Google zu überleben: „Stand jetzt ist die Suchmaschine der wichtigste Service Seznams. Ohne sie hätte Seznam nicht ein so großes Unternehmen.“

Wie lange Seznam sich noch gegen den Druck von Google durchsetzt, ist offen. „Seznam wächst nicht mehr so stark wie in der Vergangenheit.“ In einigen Jahren könnte es durchaus sein, dass Google Seznam vom Suchmaschinen-Markt gedrängt hat. „Allerdings hat man vor fünf Jahren dasselbe gedacht und Seznam hält seine Position immer noch.“

Seznams Zukunft

Zima dagegen gibt sich kämpferisch: „Wir denken nicht daran, irgendwelche unserer Dienste einzustellen.“ Und von der Konkurrenz will er auch nichts wissen. „Wir sind fokussiert auf unser Unternehmen.“

Trotzdem: „Langfristig wird Seznam es schwierig haben“, sagt Christoph Salzig, der frühere Pressesprecher des Bundesverbands Digitale Wirtschaft und heutiger Inhaber von Primus Inter Pares, einem Netzwerk von Kommunikationsspezialisten. Abzulesen sei das an den Marktanteilen und der Nutzungsintensität. „Die Zahlen sind nicht mehr auf dem Niveau von vor fünf Jahren.“

Hier dominiert Google den Suchmaschinenmarkt

Anfang 2010 noch betrug Googles Marktanteil gerade einmal 20 Prozent – Seznam dagegen verfügte über gut 68 Prozent. Im selben Jahr trieb Google seine Marketing-Aktivitäten auf dem tschechischen Markt auf den Höhepunkt.

Der US-Konzern schaltete in Tschechien TV-Werbung für seine Suchmaschine – etwas, dass Google sonst nicht nötig hat, denn in den meisten europäischen Ländern hat Google um die 90 Prozent des Markts inne. Es war das zweite Mal in Googles Geschichte, dass der Konzern für seine Suchmaschine warb.
Erstmals griff Google 2009 in Japan zu dieser Maßnahme, um Yahoo die Marktführerschaft dort strittig zu machen. Immerhin ist der japanische Online-Werbemarkt mit einem Volumen von neun Milliarden US-Dollar einer der größten weltweit; das Volumen des tschechischen beträgt gerade einmal eine halbe Milliarde US-Dollar.

„Danach haben sich die Kraftverhältnisse gewendet. Seznams Dominanz ist gebrochen“, sagt Simkanič. „Niemand weiß, ob sie aktuell 50 Prozent oder nur 40 Prozent des Suchmaschinen-Markts beherrschen – es gibt ja keine Zahlen von Google.“

Selbst wenn Seznam nur noch 40 Prozent der Marktanteile beherrschen sollte, ist das eine beeindruckende Leistung. In Deutschland hat Google 95 Prozent des Markts inne – gefolgt von Bing und Yahoo, die jeweils zwei Prozent halten.

Vorbild für europäische Start-Ups?

Können europäische Start-Ups sich also etwas von Seznam abgucken, um gegen Riesen zu bestehen? „Wer die Geschichte Seznams betrachtet, könnte auf die Idee verfallen, dass auch kleinere Unternehmen langfristig eine Chance gegen Riesen wie Google haben“, sagt Salzig. Er selbst glaubt nicht daran. 

Seznams großer Vorteil sei die Sprache gewesen. „Wann immer eine Sprache sich von dem unterscheidet, was wir aus dem anglophilen oder europäischen Raum kennen, wird es für Google aufwendiger, den Such-Algorithmus darauf auszurichten.“ So etwas lohne sich nur, wenn eine kritische Masse erreicht werde – der Markt müsse groß genug sein. „Aus diesem Grund hat sich Google mit den Investitionen in Tschechien so lange zurückgehalten.“

Zudem sei es entscheidend gewesen, dass Seznam so früh auf einem noch jungen Markt war und die Tschechen damals dem Englischen nicht allzu nahestanden. Der deutsche Markt sei heute weiter entwickelt als der tschechische. „Je erwachsener ein Online-Markt ist, desto stärker nähert er sich dem anglophilen Sprachraum“, sagt Salzig.

Dass so etwas wie Seznam in Deutschland möglich ist, hält Salzig deswegen für unwahrscheinlich. „Die europäischen Bestrebungen, eine Suchmaschine an den Start zu bringen, sind eklatant gescheitert“, sagt er. Google wirke auf dem Suchmaschinenmarkt völlig konkurrenzlos.

„Die Geschichte zeigt, dass Google mit dem enormen Investitionsvolumina fast jederzeit bereit ist, eine Alternative anzubieten“, sagt Salzig. „Die Tatsache, dass Google Android in so kurzer Zeit wettbewerbsfähig gemacht hat, ist der stärkste Beleg für die Innovationskraft Googles.“

Trotzdem: Simkanič ist sich sicher, dass Seznam andere Wege finden wird, seine Stellung zu verteidigen. „Für alle Tschechen ist es verwunderlich, dass Seznam sich so lange gegen Google durchgesetzt hat.“ Es bleibt abzuwarten, was Zima und seine Kollegen sich einfallen lassen, um Google weiter erfolgreich entgegenzutreten.

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