Silvester-Talk Der Mann hinter dem ganz großen Knall

Markus Katterle ist Deutschlands erfolgreichster Feuerwerker. Das Olympische Komitee, die Fifa und Thailands König waren schon seine Kunden. Über seine Erfolgsgeheimnisse und die Faszination, es krachen zu lassen.

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Feuerwerk bei den Asian Games 2006 Quelle: Presse

„Ich habe das Glück gehabt zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Leuten und den richtigen Ideen eine Veränderung des Feuerwerksmarktes mitzugestalten“, sagt Markus Katterle heute. In den vergangenen 30 Jahren hat er sich mit der Pyrotechnik einen Namen gemacht. Mit seinem Unternehmen Flashart sitzt der 53-Jährige in Bielefeld. Doch Lichtshows und Feuerwerke inszeniert er auf der ganzen Welt. Zum 40. Thronjubiläum von Fürst Rainier von Monaco hat Katterle sich ebenso gegen die internationale Konkurrenz durchgesetzt, wie beim 60. Thronjubiläum des Königs von Thailand.

Der WirtschaftsWoche Online erzählt er von den spannenden Anfängen in den 80ern und 90erJahren sowie den Tücken des Saisongeschäfts.

Markus Katterle gestaltet mit seiner Firma FlashArt Feuerwerke in aller Welt. Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Herr Katterle, haben Sie als Kind schon gerne gezündelt?

Markus Katterle: Natürlich habe ich an Silvester Böller geworfen und all den Blödsinn gemacht, den man als Jugendlicher so macht. Aber damals gab es die Faszination für das Feuerwerk noch nicht. Bei mir ist die Geschichte ganz anders gekommen.

Wie haben Sie Ihre Liebe zum Feuerwerk entdeckt?

Nach der Schule habe ich eine Tischlerlehre gemacht. Im Anschluss arbeitete ich erst als Bühnenbauer und dann in der Requisite am Stadttheater Bielefeld. Und damit fängt die eigentliche Geschichte an. Ich durfte das ganze Equipment für den Einakter „Krieg im Dritten Stock“ von Pavel Kohout entwickeln – und habe Maschinenpistolen nachgebaut. Und diese Maschinenpistolen haben einerseits zu einem mittleren Drama geführt und andererseits den Grundstein meiner Karriere gelegt.

Das müssen Sie erklären.

Nachdem das Stück eine Weile erfolgreich lief, meldete sich eine junge Frau von der Fachhochschule für Gestaltung aus Bielefeld. Sie wollte einen Film drehen und bat die Maschinenpistolen ausleihen zu dürfen. Als dann eines Tages die Vermieterin der Frau die Wohnung besichtigte und in einer Ecke Maschinenpistolen herumstehen sah, bekam sie Panik. Wir reden immerhin über die Zeit um 1984. Am Ende wurde die Wohnung mit 25 SEK-Männern gestürmt. Gott sei Dank hat sich schnell alles aufgeklärt. Doch eine halbe Stunde später stand das BKA im Theater, denn vollautomatische Selbstladewaffen darf man im Maßstab 1:1 auch als Attrappen in Deutschland nicht besitzen. Dafür muss extra ein Schein beantragt werden, den wir natürlich nicht besaßen.

Sicher durch die Silvesternacht

Und wie hat sie der BKA-Besuch zum Feuerwerk gebracht?

Naja, die Beamten haben in der Requisite natürlich die wildesten Sachen gefunden, die das Theater gar nicht hätte besitzen dürfen. Daraufhin war klar, dass es niemanden gab, der diese ganzen kleinen Spezialeffekte durchführen darf, die wir ständig auf der Bühne veranstaltet haben. Also musste jemand eine Ausbildung zum Großfeuerwerker abgelegen. Die habe ich dann gemacht.

Und wie wird man Großfeuerwerker?

Sie müssen 26 Feuerwerke als Helfer bei einem lizensierten Betrieb mitmachen. Ganz ähnlich läuft auch die Ausbildung zum Sprengmeister. Das ganze dauert etwa eineinhalb Jahre. Dann benötigt man eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vom Amt für Arbeitsschutz. Das geht deutlich weiter als ein polizeiliches Führungszeugnis, man wird richtig durchleuchtet. Nur wer das Zeugnis ausgestellt bekommt, darf an einem staatlichen Kurs teilnehmen, in dem noch einmal sehr viel Theorie gepaukt wird. Nach einer theoretischen und einer weiteren praktischen Prüfung ist man dann staatlich geprüfter Pyrotechniker. Wobei die Prüfung alle fünf Jahre wieder neu abgelegt werden muss, da sich Technik und gesetzliche Rahmenbedingungen verändern.

Die Geburtsstunde des Musikfeuerwerks

Feuerwerk beim Dubai Shopping Festival 2012 Quelle: Presse

Seitdem haben Sie eine unglaubliche Karriere hingelegt. Wie ist es dazu gekommen?

Naja, da bekamen Menschen mit Theaterblut in den Adern ein neues Spielzeug an die Hand. Wir haben immer mehr ausprobiert. Zu einer Zeit, in der es auf der ganzen Welt eigentlich noch gar keine zur Musik synchronen Feuerwerke gab, haben wir zu einer Hochzeit ein kleines Garten-Feuerwerk abgebrannt. Einer von den Kollegen hat dazu einfach eine Kassette in einen Rekorder geschmissen und ein bisschen Musik angemacht. Das passte natürlich alles noch gar nicht. Aber es war der Anfang.

Daraufhin haben Sie Ihre Firma gegründet?

Genau. Zur gleichen Zeit bekam ich im Alter von etwa 27 Jahren eine Anfrage für eine Pyrotechnik in einem geschlossenen Raum, der mein Requisitenkollege Andreas Korth und ich großmäulig zustimmten. Das war eigentlich Wahnsinn. So eine Idee hatte damals Mitte/Ende der 80er Jahre noch niemand zuvor gehabt. Die Veranstaltung wurde ein Erfolg und wir gründeten Flashart.

Können Sie sich noch an Ihr erstes erfolgreiches Outdoor-Feuerwerk erinnern?

Das war ein Geburtstagsgeschenk für eine der größten Anwaltskanzleien hier in der Region Bielefeld. Die kleineren Bodenfeuerwerkseffekte haben wir damals in den Garten gepackt. Die konnten wir mit Hilfe mehrerer hundert Meter Kabel auch schon elektrisch zünden. Das Großfeuerwerk hingegen war viel zu weit weg. Am Ende haben wir es mit zig verschiedenen Positionen aufgebaut und jeden Feuerwerkskörper mit einer Nummer versehen. Für die Planung mit der Musik wurde ein Ablaufplan geschrieben. Die Steigzeit der Flugkörper mit einberechnet, wussten wir dann genau in welcher Sekunde welche Nummer gezündet werden muss. Per Walkie-Talkie hat mir dann ein Assistent nach der Stoppuhr die Nummern durchgesagt und ich bin zwischen den Dingern hin und her gerannt, um sie möglichst synchron anzustecken.

Das sah bestimmt super aus.

Allerdings, am Ende lag ich auch schweißüberströmt und völlig außer Atem auf dem Rasen.

Und was war die Konsequenz daraus?

Es war schnell klar, dass eine neue Erfindung her musste. Weil das Konzept des Musikfeuerwerks damals noch so neu war, bekamen wir schnell mehrere, große Kunden. Unter anderem die Rennwoche in Baden-Baden. Bei diesen Kunden haben wir mit der elektromechanischen Zündung per Funk und Mischpult angefangen. Dafür wurde wieder ein Ablaufplan geschrieben und die Körper danach gezündet. Dafür standen wir mit bis zu drei Leuten am Pult.

Gab es noch andere technische Herausforderungen?

Jede Menge. Ein weiteres Problem machten uns die Bandmaschinen, über die Musik abgespielt wurde. Je nach Gerät konnte ein zwanzig Minuten langes Stück schon mal 30 Sekunden länger oder kürzer werden. Für ein aufwendig berechnetes Großfeuerwerk ist das wahnsinnig viel. Entsprechend musste vor Ort noch einmal nachjustiert werden. Das alles war so viel Arbeit, dass wir mit der Hilfe eines Freundes angefangen haben Computerprogramme zu schreiben, über die sich die Feuerwerke abwickeln ließen. Damit konnten wir dann gegen 1994 auch eine digitale Zündtechnik nutzen.

Wie funktioniert die genau?

Letztlich stellen wir einfach Computereinheiten zwischen die einzelnen Brennkörper. Von hier aus müssen noch Kabel zur Zündung verlegt werden. Die Einheiten steuern wir dann aber zentral und elektronisch über ein sogenanntes Show Control System. Dadurch sparen wir hunderte Kilometer Kabel.

Immer wieder neu, für jeden Kunden

Flashart inszeniert das Feuerwerk zum Festtag des 20 jährigen Mauerfalls Quelle: Presse

Inzwischen sind sie zu Deutschlands erfolgreichstem Pyrotechniker geworden. Für wen arbeiten Sie heute?

Die größten Auftraggeber sind immer noch Staaten, Kommunen, Großveranstaltungen, Sportvereine, die Fifa und die UEFA. Häufig werden wir auch über eine Agentur vermittelt. 2011 haben wir unter anderem die Youth Olympic Games in der Türkei gemacht. Auch die Eröffnung des Berliner Hauptbahnhofs haben wir entwickelt. Neben Baden-Baden ist der Barockgarten in Ludwigsburg einer unserer Stammkunden für das Event „Blühender Barock“. Da haben wir vor knapp zwanzig Jahren angefangen mit 3 D-Mark Eintritt und etwa 3000 bis 4000 Zuschauern. Jetzt sind wir bei zehn Euro Eintritt und 15.000 Zuschauern. Diese Veranstaltung haben wir schön gemeinsam mit dem Kunden entwickelt.

Entwickeln sie die Feuerwerke und Veranstaltungen für jeden Kunden neu?

Ja, denn Feuerwerk ist nicht gleich Feuerwerk. Massenware verkaufen wir nicht. Es ist wichtig auf die Bedürfnisse eines konservativen Unternehmens anders einzugehen als auf die eines Sportvereins. Gerade in den Anfängen mussten wir auch viel erklären, weil es in Deutschland keine Feuerwerkstradition gibt, wie man sie aus Spanien oder Italien kennt. Vor der Wirtschaftskrise haben kleine Gemeinden in Südeuropa zwei Mal im Jahr Großfeuerwerke für 100.000 Euro abgebrannt. Der deutsche Markt ist ganz anders. Hier wird schnell über Brot statt Böller geredet und nicht darüber, wie viele Touristen einem das Event bringt.

Wie begegnen Sie dieser Kritik?

Wir setzen uns mit den Kunden vor allem inhaltlich auseinander und stellen die Frage, was man mit dem Feuerwerk eigentlich kommunizieren kann und will. Vor diesem Hintergrund haben wir übrigens auch Multimediashows entwickelt, also andere Medien wie Wasser, Laser oder Projektionen mit eingebunden. So sind wir eben auch in der Lage eine ganze Geschichte zu erzählen.

Sie glauben also, ein Feuerwerk kann kommunizieren?

Oh ja. Wir bauen eine richtige Dramaturgie auf. Das ist es, was die Menschen an einem Feuerwerk fasziniert, der Wechsel von Farben und Tempo und Musik, die unter die Haut geht. Wir wollen die Zuschauer überraschen und ihnen gleichzeitig ein wenig Raum zum Träumen lassen. Bedenkt man, wie viele Menschen wir mit unseren Feuerwerken erreichen, fällt es manchmal schwer gewisse Entscheidungen nachzuvollziehen.

Was meinen Sie?

Naja, bei der Veranstaltung 20-Jahre-Mauerfall am Brandenburger Tor zum Beispiel waren Staatschefs aller Länder anwesend. Das Feuerwerk wurde im Fernsehen übertragen. Zehntausende Menschen waren vor Ort. Das ganze war eine wunderbare PR-Veranstaltung für Berlin und Deutschland. Doch Berlin musste das Feuerwerk aus eigener Tasche zahlen. Erst zehn Tage vorher konnte der Bund sich durchringen, sich an der Finanzierung zu beteiligen. In Frankreich wäre so etwas undenkbar. Hierzulande gibt es kein Gefühl dafür, welche Kraft in dieser Art der Kommunikation steckt - auch aus wirtschaftlicher Sicht als geschickte Marketing-Maßnahme.

Wie teuer ist denn so ein Großfeuerwerk?

Das hängt natürlich von dem jeweiligen Feuerwerk ab. Wir fangen bei einer musiksynchronen Inszenierung bei ungefähr 5000 Euro an. Ein normales Großfeuerwerk bekommen sie schon ab etwa 3500 Euro. Die größeren Veranstaltungen liegen dann so bei zwischen 15.000 und 50.000 Euro. Richtig große Events sind natürlich sechsstellig und manchmal auch siebenstellig.

Keine Chance ohne Aufträge aus dem Ausland

Die beliebtesten Sektmarken der Deutschen
Die Sektbranche wird derzeit kräftig von Mixgetränken à la Hugo, Spritz und Co. aufgemischt. Die prickelnden, oft etwas süßeren und leichteren Varianten haben dem Klassiker 2014 Konkurrenz gemacht. „Wir hatten bei den schäumenden Getränken eine kleine Delle nach oben, der klassische Sekt hatte eine kleine Delle nach unten“, resümiert der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Sektkellereien, Ralf Peter Müller, mit Blick auf die Zahlen bis Oktober. Die umsatzstärksten Monate sind demnach in dieser Rechnung noch nicht enthalten. Darüber hinaus sollten die Trendgetränke der Beliebtheit verschiedener Sektmarken keinen Abbruch tun können. Das Ifak Institut hat im Rahmen der Verbrauchs- und Mediaanalyse VuMA 2014 "Was konsumierst Du?" die beliebtesten Marken ermittelt... Quelle: dpa
Platz 10Auf Platz zehn liegt Jules Mumm. Die Godefroy H. von Mumm & Co. Sektkellereien GmbH gehört seit 2002 zur den Rotkäppchen Sektkellereien. Die Marke entstand 1852 durch die Aufspaltung des Unternehmens Champagnerkellerei P.A. Mumm in G.H. Mumm und Jules Mumm. Quelle: Screenshot
Fürst von Metternich Quelle: dpa
Platz 8/7Die verschiedenen Sekt-Sorten, die unter dem Namen Faber-Sekt verkauft werden, stammen aus dem Schloss Wachenheim Konzern. Das Unternehmen, das 1888 gegründet wurde, hat seinen Stammsitz in der pfälzischen Stadt Wachenheim an der Weinstraße, die Konzernzentrale und Hauptproduktionsstätte befindet sich in Trier. Das heutige Unternehmen entstand 1996 durch die Verschmelzung der Sektkellerei Schloss Wachenheim AG mit der Trierer Sektkellerei Faber GmbH & Co. KG. Quelle: Pressebild
Henkell Trocken Quelle: dpa
Platz 6Die Sektkellerei Söhnlein gibt es seit 1864 - gegründet wurde sie von Johann Jakob Söhnlein. Heute gibt es Söhnlein als Medium Dry, Rosé , Alkoholfrei und auch Rosé Alkoholfrei. Den Kunden schmeckt der Klassiker Söhnlein Brillant allerdings am besten - er schafft es auf den sechsten Platz der Beliebtheitsskala. Quelle: Screenshot
Platz 5Den fünften Platz beim Beliebtheitsranking nimmt der Sekt von Aldi ein. Sekt und Champagner aus Discountern haben in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt, dass sie bei Tests gut abschneiden. Besonders das Preis-Leistungsverhältnis stimmt bei den oft unbekannteren Marken aus den Discountern. Quelle: dapd

Das sind dann schon ordentliche Summen.

Ja, so einen Auftrag kriegt man auch nicht in Deutschland. Aber ein zwölfminütiges, synchrones Feuerwerk in Dubai über eine Strecke von 6,5 Kilometer, das per Hubschrauber live übertragen wird und binnen zwei Wochen auf die Beine gestellt werden soll, kostet.

Welche Faktoren machen ein Feuerwerk denn besonders teuer?

Feuerwerkskörper sind nicht irgendein Material. Das Handling – wenn es legal und sauber gemacht wird – ist extrem aufwändig. Sie brauchen regelmäßige Qualitätskontrollen, bestimmte qualifizierte Fahrer, spezielle zugelassene Fahrzeuge und Lagerorte. Auch die Arbeitsstätten müssen nach Sicherheitsvorschriften gebaut sein und die Mitarbeiter regelmäßig geschult werden.

Bleibt da vom Umsatz überhaupt noch viel Gewinn übrig?

Jein. Das ist ein sehr schwieriges Thema für die ganze Event-Branche. Vor allem in Deutschland unterliegen wir einer unglaublichen Sensibilität. Sobald hier ein kleiner Wirtschaftshusten ist, darf man nicht mehr feiern. Das führt zu heftigen Marktschwankungen. Gleichzeitig haben wir nur wenige Stamm- und dafür viele Einmalkunden. Entsprechend viel Geld und Zeit fließt in die Akquise.

Wie viel Umsatz machen Sie denn?

Die Flashart-Gruppe hat im vergangenen Jahr vier Millionen Euro Umsatz gemacht. Wir hatten auch schon Jahre da waren es zehn Millionen.

So funktionieren Silvester-Raketen

Wie begegnen Sie diesen heftigen Schwankungen als Unternehmer?

Es ist nicht einfach, nicht zuletzt aufgrund des Kündigungsschutzgesetzes in Deutschland sind wir auf Zeitverträge und freie Mitarbeiter angewiesen. Sonst haben wir gar keine Chance. An manchen Wochenenden brauchen wir kurzfristig 60 bis 70 Mitarbeiter. Und in einigen Wochen im Jahr kommen wir mit fünf aus.

Das heißt ein weicherer Kündigungsschutz wäre Ihnen lieber?

Nein, so will ich nicht verstanden werden. Eine Flexibilisierung täte uns sicher gut. Aber das Thema ist komplexer. Es geht mir nicht um eine Hire-and-Fire-Mentalität. Würde der Kündigungsschutz hierzulande lockerer, wie beispielsweise in Dänemark, müsste auch stärker in die Infrastruktur der Arbeitsagenturen investiert werden. Wenn eine gute Betreuung der Arbeitssuchenden gewährleistet wird, kann meines Erachtens so ein Modell gut funktionieren.

Insgesamt klingt das als ginge es ohne Großaufträge aus dem Ausland gar nicht mehr?

Ganz klar. Ohne international tätig zu sein und unsere Niederlassung in Dubai gäbe es Flashart schon seit zehn Jahren nicht mehr. Im Mittleren Osten können wir zeitweise richtig gutes Geld verdienen. Bei solchen Anlässen wie 20 Jahre Mauerfall hingegen, kann man kein richtig gutes Geld verdienen. Das ist mehr eine Marketingmaßnahme. Wir versuchen für uns die richtige Mischung zu finde.

Wie stark ist die Konkurrenz hierzulande?

Nach der Ära der New Economy und der Wiedervereinigung sind hunderte kleine Pyrotechnik-Anbieter mit unseriösen Harakiri-Preisen auf den Markt geströmt. Damit wurde der Markt auch ein Stück weit kaputt geschossen. Wer nach den Regeln des Gesetzgebers spielt und aufgrund seiner Größe auch ständig kontrolliert wird, kann bei diesen Kampfpreisen nicht mehr mithalten.

Die Produktion bleibt in Asien

EM-Finale 2012 Quelle: Presse

Wenn Sie dann einen Auftrag an Land gezogen haben, sind Sie dann vor dem Zünden des Feuerwerks noch nervös? Insbesondere, wenn es um ein Millionen-Projekt geht?

Ich erinnere mich an eine Situation, in der mir die Pumpe besonders ging. 2004 haben wir ein Feuerwerk bei den Asian Games in Katar gemacht. Das ist bis heute eine der größten und technisch aufwendigsten Eröffnungsshows gewesen, die weltweit je produziert worden ist. Fast vier Milliarden Fernsehzuschauer aus dem arabischen und asiatischen Raum haben die Show angesehen. Dabei wurden 5000 Komparsen mit 10.000 Fackelhaltern ausgestattet, aus denen zweifarbig Fontänen sprühen und den Schriftzug „Peace be on you“ bilden sollten. Damit diese Fackeln nicht rauchen, muss man sie mit einer ganz bestimmten Komposition bauen, die auf keinen Fall nass werden darf.

Lassen Sie mich raten: Es fing an zu regnen.

Allerdings. Am Wochenende der Eröffnung gab es dramatische Regenfälle in Doha. Das Wasser stand einen halben Meter auf der Straße, während wir auf die Live-Übertragung gewartet haben. Zum Schutz hatten wir die Fackeln mit einer Plastiktüte abgedichtet. Mit der Produktion war besprochen, dass die Komparsen mit dieser Tüte auftreten und sie erst kurz vorm Zünden abnehmen sollten. Schließlich ging es in erster Linie um das TV- und nicht um das Livebild für die 17.000 Zuschauer. Ärgerlicherweise kam irgendjemand kurz vor dem Auftritt auf die Idee, dass das hässlich aussehe. Am Ende hielten die 5000 Komparsen ihre Fackeln für mehrere Minuten in den Regen. Da ging mir die Pumpe.

Wie viele Fackeln sind am Ende angegangen?

Dank einer zweiten und dritten Zündsicherung alle. Aber das war der schlimmste Adrenalin-Schub meines Lebens.

Woher bekommen Sie eigentlich Ihre Feuerwerkskörper? Und kann die jeder kaufen?

Nein, jeder nicht - aber natürlich alle professionellen Pyrotechniker. Seit über zehn Jahren arbeiten wir hauptsächlich mit einem Partner aus Hongkong zusammen, der unter anderem auch Walt Disney beliefert und entsprechend immer auf dem neusten Stand sein muss.

Arbeiten sie auch mit europäischen Herstellern zusammen?

Auch das tun wir gelegentlich. Aber der Großteil der Ware kommt inzwischen aus Asien - auch wegen der günstigeren Preise. Wir werden die Produktion nicht mehr nach Europa zurückholen. Wir müssen sie in Asien auf den Topstand bringen, was Themen wie Kinderarbeit, Gehälter und Qualitätssicherung angeht. Mit unseren Geschäftspartnern sind wir da auf einem guten Weg.

Inwieweit haben sich die Feuerwerkskörper über die Jahrzehnte verändert?
Zum einen ist der Einsatz der verwendeten Chemikalien deutlich zurückgegangen. Langzeitstudien haben gezeigt dass vor allem giftige Stoffe heute gar nicht mehr verwendet werden. Getestet wurde das im Disneyland in Orlando, wo seit Jahrzehnten jeden Abend ein Feuerwerk über einem künstlichen See abgebrannt wird. Hier hat man die Qualität des Wassers gemessen und dort keine wasserlöslichen Schadstoffe im Wasser gefunden.

Auch von der hässlichen Bewegung Feuerwerkskörper aus Kunststoff zu bauen, ist man wieder weg. In den 70er Jahren war das gang und gäbe. Inzwischen werden sie wieder traditionell aus Papier gefertigt. Wenn man heute nach einer Silvesternacht die verschmutzten Straßen genau anschaut, stellt fest, dass der meiste Müll aus Holz, Ton oder Papier besteht. Da hat sich viel getan.

Eine letzte Frage: Feuern Sie überhaupt noch Verbundfeuerwerke an Silvester ab?

(lacht) Ich habe das jahrelang überhaupt nicht gemacht. Mit dem Nachwuchs ist das wieder gekommen. Aber wenn ich ehrlich sein soll, bin ich froh, wenn ich es nicht tun muss. Irgendwann ist auch mal Feierabend.

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