Silvester-Talk Der Mann hinter dem ganz großen Knall

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Die Produktion bleibt in Asien

EM-Finale 2012 Quelle: Presse

Wenn Sie dann einen Auftrag an Land gezogen haben, sind Sie dann vor dem Zünden des Feuerwerks noch nervös? Insbesondere, wenn es um ein Millionen-Projekt geht?

Ich erinnere mich an eine Situation, in der mir die Pumpe besonders ging. 2004 haben wir ein Feuerwerk bei den Asian Games in Katar gemacht. Das ist bis heute eine der größten und technisch aufwendigsten Eröffnungsshows gewesen, die weltweit je produziert worden ist. Fast vier Milliarden Fernsehzuschauer aus dem arabischen und asiatischen Raum haben die Show angesehen. Dabei wurden 5000 Komparsen mit 10.000 Fackelhaltern ausgestattet, aus denen zweifarbig Fontänen sprühen und den Schriftzug „Peace be on you“ bilden sollten. Damit diese Fackeln nicht rauchen, muss man sie mit einer ganz bestimmten Komposition bauen, die auf keinen Fall nass werden darf.

Lassen Sie mich raten: Es fing an zu regnen.

Allerdings. Am Wochenende der Eröffnung gab es dramatische Regenfälle in Doha. Das Wasser stand einen halben Meter auf der Straße, während wir auf die Live-Übertragung gewartet haben. Zum Schutz hatten wir die Fackeln mit einer Plastiktüte abgedichtet. Mit der Produktion war besprochen, dass die Komparsen mit dieser Tüte auftreten und sie erst kurz vorm Zünden abnehmen sollten. Schließlich ging es in erster Linie um das TV- und nicht um das Livebild für die 17.000 Zuschauer. Ärgerlicherweise kam irgendjemand kurz vor dem Auftritt auf die Idee, dass das hässlich aussehe. Am Ende hielten die 5000 Komparsen ihre Fackeln für mehrere Minuten in den Regen. Da ging mir die Pumpe.

Wie viele Fackeln sind am Ende angegangen?

Dank einer zweiten und dritten Zündsicherung alle. Aber das war der schlimmste Adrenalin-Schub meines Lebens.

Woher bekommen Sie eigentlich Ihre Feuerwerkskörper? Und kann die jeder kaufen?

Nein, jeder nicht - aber natürlich alle professionellen Pyrotechniker. Seit über zehn Jahren arbeiten wir hauptsächlich mit einem Partner aus Hongkong zusammen, der unter anderem auch Walt Disney beliefert und entsprechend immer auf dem neusten Stand sein muss.

Arbeiten sie auch mit europäischen Herstellern zusammen?

Auch das tun wir gelegentlich. Aber der Großteil der Ware kommt inzwischen aus Asien - auch wegen der günstigeren Preise. Wir werden die Produktion nicht mehr nach Europa zurückholen. Wir müssen sie in Asien auf den Topstand bringen, was Themen wie Kinderarbeit, Gehälter und Qualitätssicherung angeht. Mit unseren Geschäftspartnern sind wir da auf einem guten Weg.

Inwieweit haben sich die Feuerwerkskörper über die Jahrzehnte verändert?
Zum einen ist der Einsatz der verwendeten Chemikalien deutlich zurückgegangen. Langzeitstudien haben gezeigt dass vor allem giftige Stoffe heute gar nicht mehr verwendet werden. Getestet wurde das im Disneyland in Orlando, wo seit Jahrzehnten jeden Abend ein Feuerwerk über einem künstlichen See abgebrannt wird. Hier hat man die Qualität des Wassers gemessen und dort keine wasserlöslichen Schadstoffe im Wasser gefunden.

Auch von der hässlichen Bewegung Feuerwerkskörper aus Kunststoff zu bauen, ist man wieder weg. In den 70er Jahren war das gang und gäbe. Inzwischen werden sie wieder traditionell aus Papier gefertigt. Wenn man heute nach einer Silvesternacht die verschmutzten Straßen genau anschaut, stellt fest, dass der meiste Müll aus Holz, Ton oder Papier besteht. Da hat sich viel getan.

Eine letzte Frage: Feuern Sie überhaupt noch Verbundfeuerwerke an Silvester ab?

(lacht) Ich habe das jahrelang überhaupt nicht gemacht. Mit dem Nachwuchs ist das wieder gekommen. Aber wenn ich ehrlich sein soll, bin ich froh, wenn ich es nicht tun muss. Irgendwann ist auch mal Feierabend.

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