
Wenn sich irgendwo auf dem Acker auch nur ein winziges, unerwünschtes Pflänzchen hervorwagt, ist das die Stunde von BoniRob. Das graue, vierrädrige Gefährt rollt heran, scannt mit seiner Kamera den Boden ab – und schlägt zu. Wie ein Terminator rammt er mit seiner Metallstange jedes Unkraut mit Hochgeschwindigkeit in den Boden. Entwickelt haben diesen hochmodernen Agrarroboter die Hochschule Osnabrück, das Start-up Deepfield Robotics, eine Bosch-Tochter, und der Landmaschinenhersteller Amazone. Dank ihrer Hilfe kann der Landwirt künftig die Giftspritze in der Scheune lassen, mit der er bisher Unkräuter bekämpft hat.
Auf Pestizide kann der Bauer schon jetzt verzichten, wenn Raupen über seinen Mais herfallen, zumindest im Badischen. Dann schwärmt eine Armada von sechs Drohnen der Zentralgenossenschaft Raiffeisen in Karlsruhe los und wirft Eier von Schlupfwespen ab. Einmal geschlüpft, machen die sich über die Schädlingsbrut her.





Geht es den Milchkühen schlecht, kommt heute oft der Tierarzt und verordnet Antibiotika. Passiert das zu häufig, drohen die Erreger resistent zu werden. Dann versagen die lebensrettenden Medikamente womöglich auch beim Menschen. Moderne Melkroboter können helfen, dem vorzubeugen: Sie waschen den Euter, entfernen damit Mikroben und erheben bei jeder Melkung bis zu 100 Daten – vom Fett- und Eiweißgehalt bis zur elektrischen Leitfähigkeit der Milch. Damit lassen sich frühzeitig Krankheiten erkennen, der Bauer wird automatisch alarmiert und kann reagieren. Nebenbei machen die Maschinen den Kühen das Leben im Stall viel angenehmer: Die Tiere entscheiden ganz allein, wann sie zur Melkstation wollen.
Smart Farming auf dem Ökohof
All die Beispiele zeigen, mit dem romantischen Bild vom Bauern, das viele noch vor Augen haben, hat der Alltag auf den Höfen heute nur noch wenig gemein. Die Landwirtschaft ist schon weiter digitalisiert als manch andere Branche. So machen Software und Sensorik bei Landmaschinen inzwischen 30 Prozent der Wertschöpfung aus, in der Autoindustrie liegt der Anteil erst bei zehn Prozent. Ein Viertel aller Serviceroboter weltweit ordern Landwirte, so die International Federation of Robotics.
Auf welche Bereiche wirkt sich die Digitalisierung im Arbeitsalltag aus?
47 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass sich die Digitalisierung positiv auf das eigenständige Arbeiten auswirkt. 37 Prozent spüren keine Auswirkung, zehn Prozent beklagen negative Einflüsse.
Quelle: Edenred-Ipsos-Barometer 2015, "Wohlbefinden & Motivation der Arbeitnehmer"
45 Prozent sagen, dass die Digitalisierung die Zusammenarbeit verbessert, 13 Prozent sehen eine Verschlechterung.
43 Prozent spüren einen positiven Einfluss der Digitalisierung auf ihre Lebensqualität im Job, 36 Prozent merken gar keine Veränderung und 15 Prozent spüren negative Einflüsse auf die Teamarbeit.
Die Zusammenarbeit mit Kunden verbessert sich laut 42 Prozent der Befragten. Neun Prozent sehen hier eine Verschlechterung.
Eine Verbesserung durch die Digitalisierung erleben 41 Prozent, elf Prozent beklagen negative Einflüsse.
43 Prozent sagen, dass die Digitalisierung an den Kompetenzen nichts verändert hat. 40 Prozent sehen einen positiven Einfluss und acht Prozent einen negativen.
40 Prozent fühlen sich durch die Digitalisierung bei der Arbeit motivierter, bei elf Prozent sehe es durch die Digitalisierung schlechter aus mit ihrer Motivation. Für 43 Prozent hat sich durch die Digitalisierung nichts an ihrer Motivation verändert.
Dank der Digitalisierung können 34 Prozent der Befragten berufliches und privates leichter vereinen. Bei 16 Prozent ist es dagegen schwieriger geworden, beides unter einen Hut zu bekommen. 42 Prozent spüren keine Veränderung.
Bessere Chefs dank Digitalisierung? Keine Veränderung bemerkten 42 Prozent. Einen positiven Einfluss glauben 28 Prozent bei ihren Vorgesetzten bemerkt zu haben, eine Verschlechterung beklagten 28 Prozent.
Das Spannende: Anders als in der Vergangenheit dürften auch die Verbraucher vom Modernisierungsschub auf Feldern und im Stall profitieren. Denn Roboter, Drohnen, Sensoren und Big-Data-Analysen helfen, den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln auf dem Acker, von Arzneimitteln in der Tierzucht zu reduzieren. Sodass am Ende im Weizen und in Kartoffeln, im Steak und in der Milch – fast – keine Schadstoffe mehr nachweisbar sind. Selbst Biobauern setzen inzwischen auf Smart Farming, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Gesündere Nahrung durch Automatisierung? Das erscheint zunächst paradox, steht doch die hoch industrialisierte Landwirtschaft im Verdacht, immer wieder für Lebensmittelskandale zu sorgen.
„Doch je mehr Sensoren und Daten wir nutzen, desto gefährlicher wird es für die schwarzen Schafe, zu betrügen“, sagt Michael Clasen, Professor für Agrarinformatik an der Hochschule Hannover. Zudem wollen die Kunden wissen, wo und wie die Lebensmittel produziert werden, die auf ihrem Tisch landen – wie die Diskussionen rund um die gerade in Berlin startende Internationale Grüne Woche zeigen. Je mehr Daten erfasst werden, desto besser die Nachverfolgung.
Der Druck zur Modernisierung erhöht sich noch aus einem weiteren Grund: „Um die Weltbevölkerung satt zu bekommen, müssen wir in 30 bis 40 Jahren doppelt so viele Lebensmittel herstellen wie heute“, sagt der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft Carl-Albrecht Bartmer. Größer und leistungsstärker können die Landmaschinen allerdings kaum noch werden. Den Ertrag steigern eher intelligentere Maschinen, wie Roboter oder Drohnen, und vor allem ein besseres Verknüpfen und Auswerten der schon jetzt in großen Stil erhobenen Daten. Daran hapert es aber oft noch, viele Anbieter – vom kleinen Start-up über die großen Maschinenhersteller bis zum Agrarriesen Monsanto – wollen das nun ändern.