Softwarekonzern SAP will das Cloud-Wachstum in diesem Jahr weiter beschleunigen

Die Bemühungen von SAP in Richtung Internet-Wolke beginnen sich auszuzahlen. Quelle: dpa

SAP hat Zahlen fürs vergangene Jahr vorgelegt: Der Umstieg in die Cloud lief im vierten Quartal deutlich besser als erwartet. Den Rückenwind will der Softwarekonzern aus Walldorf mit ins neue Jahr nehmen.

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Lange stand SAP – und insbesondere dessen Vorstandschef Christian Klein – in der Kritik: Anfang des Jahres 2020, also zu Beginn der Coronakrise, schien der Softwarekonzern weitgehend immun durch die Folgen der weltweiten Pandemie zu manövrieren. Bis Klein im Oktober 2020 plötzlich und unerwartet seine Jahres- und Mittelfristziele kappte, vor allem wegen zusätzlicher Investitionen in die Cloud. Anleger rasierten den SAP-Börsenwert seinerzeit um satte 30 Milliarden Euro.

Jetzt, gut 15 Monate später, zeigt sich: Klein scheint den mitunter schwerfälligen Softwarekonzern SAP langsam, aber gerade noch rechtzeitig in Richtung Zukunftsgeschäft geschwenkt zu haben. Am gestrigen Abend legte das Unternehmen vorläufige Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2021 vor – und präsentierte vor allem im Cloud-Geschäft positive Zahlen.

So stiegen die Cloud-Erlöse im Gesamtjahr um 17 Prozent. Im vierten Quartal – dem mit Abstand wichtigsten Geschäftsquartal von SAP – stieg der sogenannte Cloud-Backlog, also die Gesamtzahl aller noch nicht komplett verbuchten Cloud-Aufträge, sogar um 32 Prozent auf nunmehr 9,45 Milliarden Euro. 

Den historischen Einbruch des Aktienkurses begründet SAP-Chef Christian Klein mit Investitionen in die Cloud. Doch diese Argumentation verdeckt das eigentliche Problem.
von Michael Kroker

„Immer mehr Unternehmen entscheiden sich für die SAP, um sich neu aufzustellen, stabile Lieferketten aufzubauen und sich auf dem Weg in die Cloud zu nachhaltigen Unternehmen zu entwickeln“, so SAP-Chef Klein. „Diese dynamische Entwicklung zeigt sich im gewaltigen Erfolg von ,Rise with SAP´, unserem wichtigsten Cloudangebot, sowie im herausragenden Wachstum unseres ganzen Portfolios.“

Unter dem Titel „Rise with SAP“ hatte der Konzern vor ziemlich genau einem Jahr eine regelrechte Charmoffensive gestartet, um ihre Bestandkunden vom Gang in die Cloud zu überzeugen. Denn das wahre Problem von Christian Klein war lange Zeit: Viele der alteingesessenen Nutzer der SAP-Programme zur Unternehmenssteuerung wollten ihre Software im Haus betreiben – nicht, wie der IT-Konzern es propagiert, ihre Anwendungen in die Internetwolke verlagern.

SAP-Chef Klein hat auf die Zurückhaltung der Kunden reagiert und den Umstieg in die Cloud vereinfacht. „Ein Unternehmen muss nicht mehr auf einmal in die Cloud“, so Klein im April 2021 im Interview mit der WirtschaftsWoche. „Sondern kann etwa nur mit der Personalwirtschaft anfangen und im nächsten Schritt zum Beispiel das Finanzwesen in die Cloud bringen.“



Auch Stammkunden kommen in die Cloud

Unter anderem auch deshalb scheint die Zurückhaltung bei den Stammkunden langsam zu schwinden. So stieg allein im vierten Quartal die Umsätze mit S/4Hana Cloud – die internetbasierte Version des SAP-Stammprodukts – um 65 Prozent auf 329 Millionen Euro, laut SAP vor allem getrieben vom Programm „Rise with SAP“.

Beflügelt von derlei Erfolgen hat SAP vergleichsweise ambitionierte Prognosen für das gerade gestartete Geschäftsjahr 2022 abgegeben. So sollen die Cloud-Umsätze im Gesamtjahr zwischen 11,55 Milliarden Euro und 11,85 Milliarden Euro liegen – das entspricht gegenüber dem Vorjahr einer Wachstumsrate zwischen 23 und 26 Prozent.

Analysten bewerteten die vorläufigen Zahlen weitgehend positiv. „SAP hat starke Zahlen fürs vierte Quartal und einen soliden Ausblick aufs Wachstum vorgelegt“, so Knut Woller von Baader Helvea Equity Research aus München in einer ersten Einordnung. „Das legt nahe, dass die Cloud-Transformation des Unternehmens gut vorankommt.“

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Allerdings macht der Aktienanalyst auch einen Wermutstropfen aus – bei den Zahlen unter dem Strich nämlich: „Die Guidance für den operativen Gewinn könnte – vor dem Hintergrund des beschleunigten Cloud-Wachstums – negativ vom Markt aufgefasst werden“, so Woller. „Wir sind aber geneigt, dies als eher konservative Prognose zu betrachten.“ Das war offenbar auch die Sichtweise der Börse: Auf dem Parkett legten die SAP-Papiere am Vormittag in einem insgesamt rückläufigen Markt immerhin um ein gutes Prozent zu.

Lesen Sie auch: Das wahre Problem des Christian Klein

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