Der Untergang schien nur eine Frage der Zeit. Das Unternehmen hatte sich heillos verzettelt. Im Frühjahr 1996 stand die Silicon-Valley-Ikone kurz vor der Pleite – dann gelang die Wende. Apple holte seinen Mitgründer Steve Jobs zurück, der brachte Inspiration und sorgte für Disziplin, scharte Talente um sich und trumpfte schließlich mit neuen Produkten auf. Heute liefert sich Apple ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Googles Muttergesellschaft Alphabet um den Titel „Wertvollstes Unternehmen der Welt“.
20 Jahre später wiederholt sich des Schauspiels erster Akt: „Der Niedergang“ wird schon gegeben. Nur ob noch der zweite Akt „Der Wiederaufstieg“ folgt, ist offen. Diesmal steckt der Kurznachrichtendienst Twitter in der Krise, obwohl ihn derzeit 320 Millionen Menschen weltweit nutzen.
Zehn Jahre nach Gründung ist Twitters Aktie auf einen Tiefstpunkt gerutscht. Allein seit April 2015 fiel die Marktkapitalisierung von gut 36 auf nur noch etwa zehn Milliarden Dollar. Und erstmals in seiner Geschichte wachsen die Nutzerzahlen nicht mehr.
Nutzerzahlen der bekanntesten sozialen Medien
10 Millionen aktive Nutzer hat das Karriereportal Xing monatlich.
Quelle: We are social, Unternehmensangaben
LinkedIn hat deutlich mehr aktive User: 100 Millionen Menschen nutzen das Karriereportal im Monat.
Auch das soziale Bildernetzwerk Pinterest kommt auf 100 Millionen registrierte, aktive Nutzer.
Noch weit vor Pinterest, LinkedIn und Xing liegt Snapchat, der kostenlose Instant-Messaging-Dienst zur Verbreitung von Bildern und Videos. 200 Millionen Menschen nutzen Snapchat im Monat.
Den Nachrichtendienst Twitter nutzen jeden Monat 320 Millionen Menschen.
Der Online-Dienst zum Teilen von Fotos und Videos - Instagram - registriert 400 Millionen aktive Nutzer im Monat.
Der erfolgreichste Instant-Messaging Dienst ist WhatsApp mit 1000 Millionen Nutzern pro Monat.
Das soziale Netzwerk Facebook kann jedoch keiner der anderen sozialen Netzwerke toppen: 1600 Millionen User nutzen das Portal jeden Monat aktiv.
Die Wende soll – wie einst bei Apple – die Rückkehr eines Gründers bringen: Jack Dorsey. Vergangenen Oktober hat der 39-Jährige die Spitze von Twitter übernommen. Er will nun kraft seiner Autorität und mit prominenter Unterstützung – sein Verwaltungsratschef Omid Kordestani war Googles erster Vertriebschef – die Magie zu Twitter zurückbringen.
Facebook ist ein schwarzes Loch
Doch hat er überhaupt eine Chance? Oder ist der Markt für soziale Netzwerke längst aufgeteilt, mit Facebook als gigantischem Sieger. Wie eine Art schwarzes Loch im Cyberspace wirkt der Riese, der andere soziale Medien wie Instagram und WhatsApp mit viel Geld bereits verschlungen hat und mit seiner Dominanz Twitter und die restliche Konkurrenz in Bedrängnis bringt.
Zahlen und Fakten zu Twitter
Twitter war zunächst nicht mehr als ein Nebenprodukt der Firma Odeo, die eine (allerdings wenig erfolgreiche) Podcasting-Plattform entwickelte. Die Macher suchten 2006 nach Alternativen – und entwickelten den Dienst mit seinen 140 Zeichen kurzen Texthäppchen. In den ersten Monaten gewann er zwar kaum Nutzer, doch nach einem erfolgreichen Auftritt auf der Technologiekonferenz SXSW hob Twitter ab.
Anfangs standen vier Freunde hinter Twitter: Evan Williams, der dank des Verkaufs seiner Plattform Blogger.com an Google auch Geldgeber war; außerdem Jack Dorsey, Biz Stone sowie Noah Glass. Letzterer wurde allerdings wegen seiner schwierigen Art schon bald aus der Firma gedrängt.
Die kurze Geschichte der Firma ist geprägt von Machtkämpfen zwischen den einstigen Freunden. Der erste Chef Jack Dorsey musste auf Veranlassung des Mitgründers Evan Williams sowie des Verwaltungsrates seinen Posten verlassen. Williams selbst hielt sich auch nicht dauerhaft an der Spitze – bei seiner Entmachtung im Oktober 2010 hatte Dorsey seine Finger im Spiel. Seitdem lenkte Dick Costolo, zuvor bei Google tätig, die Firma. Nach der Warnung des Unternehmens im ersten Quartal 2015, dass die angepeilten Umsätze nicht erreicht würden, und die Aktie weit unter den Ausgabekurs rutschte, war die Luft für ihn dünn geworden. Nach Monaten der Kritik von der Wall Street, Anteilseignern, Mitarbeitern und Kunden wurde Costolo am 1. Juli 2015 durch Twitter-Mitgründer Jack Dorsey ersetzt.
Twitter hat noch nie Gewinn gemacht. Im zweiten Quartal 2015 lag der Verlust bei unterm Strich 137 Millionen Dollar - immerhin 8 Millionen weniger als im Vorjahr. Vor allem Vergütungen für Mitarbeiter in Form von Aktienpaketen und Optionen machen sich bemerkbar.
Twitter hatte bis vor drei Jahren noch kein Werbegeschäft. Die Gründer verzichteten in der Anfangszeit bewusst auf Anzeigen, um die Nutzer nicht zu verschrecken. Im Frühjahr 2010 starteten erste Versuche mit Werbung zwischen den Tweets. Inzwischen ist das Geschäft beträchtlich angewachsen. Im zweiten Quartal 2015 stammten von den 502 Millionen Dollar Umsatz fast 90 Prozent aus dem Geschäft mit mobilen Anzeigen auf Smartphones oder Tablets. Die Werbeeinnahmen nahmen im vergleich zum Vorjahr um 63 Prozent auf 452 Millionen Dollar zu.
Twitter ist für die mobile Ära gerüstet. Ein Großteil der Werbeerlöse wird auf Smartphones und Tablet-Computern erwirtschaftet. Insgesamt hat Twitter mehr als 316 Millionen Nutzer pro Monat.
Twitter versucht nicht, den Einfluss der Gründer durch eine Aktienstruktur mit zwei Klassen zu sichern. Andere Internet-Unternehmen wie Google oder Facebook haben bei ihren Börsengängen den Investoren Papiere angeboten, die weniger Stimmrechte haben als die Aktien von Gründern und Spitzen-Managern. Bei Twitter sind alle Anteilseigner gleich, die Ausgabe von Vorzugsaktien ist nur als Möglichkeit für die Zukunft vorgesehen.
Das scheint zunächst im Widerspruch zu stehen zu dem Kernmerkmal des Internets, dass der nächste Anbieter stets nur einen Mausklick oder – in Zeiten des Smartphones – einen Tipp mit dem Finger entfernt ist. Doch die Vorstellung von beliebiger Vielfalt und Wettbewerb ist eine Illusion. Stattdessen zeigt sich nun auch im Markt für soziale Netzwerke ein Phänomen, das bezeichnenderweise als „Netzwerkeffekt“ bekannt ist: Je mehr Menschen sich auf einer Plattform vernetzen, desto größer wird ihre Attraktivität für andere, desto weniger attraktiv werden Wettbewerber.
Das Ergebnis: Nur ganz wenige Anbieter überleben. „Die Internetnutzer konzentrieren ihre Aufmerksamkeit auf einige wenige Anbieter“, sagt Bernardo Huberman, ehemals Wissenschaftler am legendären Xerox-Parc-Forschungsinstitut im Silicon Valley und heute Direktor des Social-Computing-Labors von Hewlett-Packard. Und unter diesen Anbietern, das wird dieser Tage immer klarer, wird in naher Zukunft Twitter nicht mehr unbedingt zu finden sein.
MySpace, Google+, Ping: Der Friedhof der Frühstarter
Am auffälligsten ist der Effekt bei Google, dessen Suchmaschine monopolartigen Status besitzt. Selbst Microsoft-Gründer Bill Gates war fest überzeugt, Googles Macht mit einer eigenen Suchmaschine stoppen zu können, und scheiterte. Zwar lieferte Bing ähnlich gute Ergebnisse wie Google. Doch auch Milliardeninvestitionen konnten nichts daran ändern, dass sich die meisten Nutzer an Google gewöhnt hatten.
Ähnliche Erfahrungen musste ironischerweise Google wenig später selbst machen – ausgerechnet bei sozialen Netzwerken. Obwohl das Unternehmen viel Geld und Toptalente in sein eigenes Angebot Google+ steckte, konnte sich der Dienst nicht durchsetzen. Dabei zwang Google sogar zwischenzeitlich Nutzer seiner übrigen Dienste – darunter YouTube oder Google Mail –, ein Profil beim Netzwerk anzulegen. Doch das fruchtete genauso wenig wie der mehrfache Umbau, um Google+ besser nutzbar zu machen.
Das sollte Twitter-Gründer Dorsey, der derzeit ähnliche Umbaupläne verfolgt – diskutiert wurde bereits eine Aufhebung der 140-Zeichen-Grenze oder eine Veränderung des Nachrichtenflusses –, im Hinterkopf behalten.
Nutzer sind im Netz eben gnadenlos effizienzgetrieben: In ihrem Zeitbudget ist letztlich nur für ein soziales Netzwerk Platz. Wer den vom derzeitigen Marktführer Facebook erobern will, hat es nicht leicht.
Myspace etwa, das einst erfolgreich mit Facebook um Talente rangelte und sich im Juli 2005 für 580 Millionen Dollar von Rupert Murdochs News Corporation kaufen ließ, wurde sechs Jahre später nach einer Massenflucht seiner Nutzer zu Facebook für geschätzte 35 Millionen Dollar an eine Investorengruppe verscherbelt. Selbst Apple holte sich eine blutige Nase, als das Unternehmen 2010 auf seiner Musikplattform iTunes ein soziales Netzwerk für Musikfans namens Ping aufsetzte. Nur zwei Jahre später gab Apple auf und integrierte – ansonsten stets auf Eigenständigkeit bedacht – stattdessen Twitter und Facebook in seine Plattform.
Ist die Schlacht um die sozialen Netzwerke also geschlagen, mit Facebook als triumphalem Gewinner, so wie einst Google bei den Suchmaschinen? Nicht alle sehen das so.
Konstantin Guericke, Mitgründer von LinkedIn, etwa gibt sich unverdrossen optimistisch. Zwar fiel auch bei dem Geschäftsnetzwerk 2015 ein Rekordverlust von 165 Millionen Dollar an, und der Börsenkurs sank nach ungünstigen Umsatzprognosen an einem Februartag um 44 Prozent.
Was LinkedIn besser macht
Doch anders als die meisten Konkurrenten hat sich LinkedIn ein klares Profil als Netzwerk für geschäftliche Kontakte bewahrt, ein Feld, das Facebook zumindest noch nicht beackert. Auch das deutsche Pendant Xing behauptet sich gegen die großen US-Konkurrenten. Es hat zwar nur einen Bruchteil der Nutzer, erzielt im Gegensatz zu Twitter aber jedes Quartal operative Gewinne von fast zehn Millionen Euro.
Guericke glaubt daher an die Macht der Nischen. Das zeigt sich daran, dass der norddeutsche Investor, der vor 30 Jahren ins Silicon Valley auswanderte, gleich im Verwaltungsrat von zwei spezialisierten sozialen Netzwerken sitzt: Doximity, das sich auf Ärzte fokussiert hat. Und Rallypoint, das ehemalige US-Soldaten miteinander verbindet. „Die Kunst ist es, lukrative Nischen zu finden, bei denen sich für die Großen der Aufwand nicht rechnet, dort zu investieren“, sagt Guericke. Dass das funktioniert, beweist auch das Berliner Start-up Researchgate mit seinem Netzwerk für Wissenschaftler – dort tauschen sich inzwischen acht Millionen Forscher aus aller Welt aus.
Instagram ist längst stärker als Twitter
Aus der Nische heraus ist das soziale Netzwerk Pinterest groß geworden, das als virtuelle Pinnwand startete, auf die Nutzer Inhalte pinnen und sich somit im Internet mit ihren Kollektionen präsentieren konnten. Diese Idee bescherte Pinterest 1,3 Milliarden Dollar an Wachstumskapital. Sein Wert beträgt jetzt rund elf Milliarden Dollar.
Noch rasanter verlief der Aufstieg von Instagram. Der Bilderdienst startete 2010, vier Jahre nach Twitter – im Netzzeitalter eine halbe Ewigkeit. Doch mit 400 Millionen Nutzern ist das Netzwerk längst am Nachrichtendienst vorbeigezogen. Denn Instagram ist der ideale Kanal für die Generation Selfie und sticht Twitter aus, indem es eine alte Weisheit in neuem Gewand präsentiert: Ein Bild sagt oft mehr als 140 Zeichen.
Bei Instagram zeigt sich zudem Mark Zuckerbergs Gespür für Trends. Der Facebook-Gründer kaufte das gerade zwei Jahre alte Netzwerk 2012 für eine Milliarde Dollar. Viele Beobachter wunderten sich da über die Summe – angesichts der heutigen Bewertungen war es geradezu ein Schnäppchen.
Wie stark die Preise seither angezogen haben, zeigt Snapchat: Mit 16 Milliarden Dollar ist es eines der am höchsten gehandelten Start-ups der Welt. Und aktuell der einzige potenzielle Rivale für Facebook. Denn der 2011 gestartete Bilder-, Video- und Messagingdienst ist vor allem bei Teenagern beliebt. Bei den sogenannten Millennials in den USA ist es bereits seit einigen Jahren das am schnellsten wachsende Netzwerk. Auch in Deutschland hat Snapchat bei den am häufigsten heruntergeladenen Apps inzwischen Facebook und Instagram abgehängt.
Anfang dieses Jahres hat Präsident Barack Obama einen Account gestartet und sendet seither Bilder und Videos aus dem täglichen Leben im Weißen Haus. Obama wird auch als „Social-Media-Präsident“ bezeichnet und gilt als Indikator dafür, wann neue Dienste in den Mainstream übergehen. Die Massenwirksamkeit von Snapchat symbolisiert selbst das aktuelle US-„Playboy“-Cover. In dem historischen Heft verzichtet das Magazin erstmals auf ein nacktes Model. Stattdessen ziert den Titel eine mit Unterwäsche bekleidete Schöne im typischen Snapchat-Selfie-Look.
Was Snapchat erfolgreich macht
In Deutschland experimentieren Unternehmen wie Sixt oder ProSieben inzwischen ebenfalls mit dem Facebook-Konkurrenten. Politiker wie die Spitzenkandidatin der Grünen, Claudia Dalbert, oder Oliver Lindner (SPD) werben in Sachsen-Anhalt um Stimmen im Landtagswahlkampf. Zahlreiche Fußballvereine versorgen inzwischen ihre Fans mit Snaps.
Es ist eine simple Idee, die Snapchat so erfolgreich macht: Bilder und Videos, die sich die Nutzer schicken, sind nur für eine begrenzte Zeit sichtbar. Der Druck, das möglichst perfekte Selfie zu posten, fällt weg und auch die Frage, ob bestimmte Beiträge dauerhaft im Netz stehen.
In Zeiten da Gerichte und Gesetzgeber von Google und Co. ein digitales „Recht auf Vergessen“ einfordern, ist Vergänglichkeit zum Wert geworden. Auch die permanent auf unzähligen Onlinekanälen aktiven Digital Natives sind sich durchaus bewusst, welche bleibenden Spuren sie dabei hinterlassen. So viel sie auch von sich preisgeben, so sorgfältig pflegen sie die eigene Identität im Netz. Ein immer größerer Teil der Kommunikation verlagert sich daher von den mehr oder weniger öffentlichen Plattformen auf privatere soziale Medien. Und was einst den Reiz von Zuckerbergs Netzwerk ausmachte, Partybilder und andere private Einblicke, landet immer häufiger auf Snapchat oder bei WhatsApp.
Milliardenpoker um die Zukunft von Facebook
Auch Mark Zuckerberg hat diese Entwicklung und das daraus resultierende Potenzial des aufstrebenden Rivalen frühzeitig erkannt. Schon vor drei Jahren wollte er – nach Instagram – auch Snapchat übernehmen.
Drei Milliarden Dollar hat Facebook den Gründern Evan Spiegel und Bobby Murphy geboten, zu diesem Zeitpunkt eine enorme Summe. Jeder der beiden Gründer hätte dabei rund 750 Millionen Dollar eingesackt. Das Duo entschied sich dagegen.
Und der Erfolg gibt ihnen recht: So schauen die Snapchat-Nutzer, erzählen Insider, inzwischen täglich sieben Milliarden Videos an. Bei Facebook sind es mit acht Milliarden zwar noch etwas mehr – allerdings hat das Netzwerk auch acht Mal so viele Nutzer (siehe Grafik Seite 56). Zudem spielt Facebook seine Videos automatisch ab – Snapchat-Nutzer starten sie gezielt.
Kein Wunder, dass Zuckerberg laut Snapchat-Chef Spiegel sogar gedroht haben soll, den Konkurrenten aus dem Markt zu drängen. Tatsächlich startete Facebook Ende 2012 einen Frontalangriff und kopierte kurzerhand die Kernfunktion von Snapchat. Mit Poke entwickelte es eine App, die wie Snapchat Nachrichten nach dem Konsum automatisch löschte.
Doch hier erlebte Zuckerberg zum ersten Mal die Grenzen seines Wachstumspotenzials: Mangels Erfolgs stellt Facebook Poke nach nur 15 Monaten still und leise wieder ein.
Die Erfahrung bestärkte Zuckerberg darin, im Februar 2014 lieber knapp 20 Milliarden Dollar für den Kurznachrichtendienst WhatsApp zu berappen, als noch eine Pleite mit einer Kopie zu riskieren.
Twitters letzter Anlauf
Die Strategie, aufstrebende Konkurrenten zu kaufen oder zu kopieren, bedroht nun auch Twitter. Denn Dorseys größter Hoffnungsträger heißt Periscope. Mit der App, die Twitter im vergangenen Jahr kaufte, können Nutzer Videos live ins Netz übertragen. Zuschauer können die Aufnahmen sofort kommentieren und weiterempfehlen. Er setzt große Hoffnungen in das Jedermann-Fernsehen. „Wir werden kräftig investieren, um der Marktführer bei Livevideos zu sein“, verspricht Dorsey.
Allerdings hält Facebook mit einem eigenen Angebot namens Facebook Live dagegen. Der Vorteil ist, dass für die Funktion nicht wie bei Periscope eine eigene App heruntergeladen werden muss, sondern sie bereits in die Facebook-Anwendung integriert ist. Bislang konnten zwar nur ausgewählte Prominente den Livedienst nutzen. Doch Facebook will die Funktion für alle Nutzer seines Netzwerkes freischalten. Dann stünden den etwa 20 Millionen Nutzern von Twitters Videoangebot Periscope auf einen Schlag potenzielle 1,5 Milliarden gegenüber.
Es wird also keinen Deut leichter für Dorsey. Womöglich verhindert derzeit vor allem das Interesse potenzieller Aufkäufer, dass die Twitter-Aktie noch stärker abstürzt. Facebook selbst kommt zwar kaum infrage, weil das die Kartellbehörden auf den Plan rufen würde. Doch die von Larry Page geführte Google-Mutter Alphabet soll Interesse haben, wenn der Preis stimmt.
Oder Dorsey findet noch die zündende Idee zum Überleben. Denn – auch das lehrt das Beispiel Apple – für den zweiten Akt, den Wiederaufstieg, braucht es mehr als Politur fürs Kernprodukt: Jobs gelang die Trendwende erst mit einem ganz neuen Produkt: Der iPod verlieh Apple 2001 den Rückenwind, um neu durchzustarten.
Will Dorsey wie einst Jobs die Magie in sein Unternehmen zurückbringen, muss er vermutlich Twitter ganz neu erfinden.