




Zwei amerikanische Startups machen Google Earth Konkurrenz. Sie haben Mini-Satelliten entwickelt, die mit hochauflösenden Kameras die Erde fotografieren. Beide Unternehmen bieten einen neuen Service, der Google Earth wortwörtlich alt aussehen lässt: Ihre Fotos aus dem All werden häufig aktualisiert, in manchen Regionen sogar mehrmals täglich. Seit dem Wochenende werden die ersten Plattformen für diese neue Technologie von der Crew der Internationalen Weltraumstation ISS im Weltall ausgesetzt. Der Schwarm aus insgesamt 28 Mini-Satelliten des kalifornischen Startups "Planet Labs" soll spätestens Ende 2014 regelmäßig Fotos zur Erde senden, die ein tägliches Update für Google Earth ermöglichen. Konkurrent "Skybox Imaging" verfolgt einen etwas weniger ehrgeizigen Zeitplan. Er plant die ersten regelmäßigen Bilder erst für 2015, dafür sollen die Satelliten dann aber auch HD-Videos liefern.
Will Marshall, CEO von "Planet Labs", erwartet von der Technologie viel Gutes. Sie werde es "den Menschen ermöglichen, den Planeten besser zu verstehen" und "Regierungen zum Handeln anspornen". Gut aufgelöste Luftbilder in Echtzeit könnten die Bewältigung von Naturkatastrophen oder Waldbränden verbessern, die Rodung der Wälder dokumentieren, illegale Fischerboote aufspüren oder Informationen für regionale Verkehrsprojekte oder internationale Warenströme liefern. Erstmals sei die Menschheit dann in der Lage, ihre eigenen Aktivitäten global quasi in Echtzeit zu verfolgen.
Datenschützer entwickeln dagegen ganz andere Phantasien. Mit den Fotos aus dem All können sich Privatleute und Wirtschaftsunternehmen eine Lizenz zum Ausspähen verschaffen. "Selbst wenn sich auf den Bildern keine Personen identifizieren lassen, so erleichtern sie doch den Einblick in die Privatsphäre, etwa wenn man zusätzliche Informationen besitzt", sagt Thomas Dreier, Professor am Karlsruher Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft (ZAR). Wer beispielsweise weiß, dass der Bewohner eines Hauses ein blaues Auto fährt, könnte auf den Fotos erkennen, wann das Auto vor der Tür steht und wann nicht.
Moritz Karg, Referent beim Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz, ergänzt: "Mit Luftbildern können Informationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, die durch die Betroffenen bewusst der Allgemeinheit vorenthalten werden sollten." In diesem Sinne ähneln die Mini-Satelliten einem Paparazzi-Fotografen, der leicht über Hecken und Mauern schauen kann.
"Bisher geht man davon aus, dass der Veröffentlichung von Luftaufnahmen mit einer Auflösung die schlechter ist als 20 Zentimeter pro Pixel keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen entgegenstehen", erklärt der Jurist Moritz Karg die geltende Bewertung der Rechtslage. "Diese Einschätzung könnte jedoch anders ausfallen, wenn die Aufnahmen mehrmals am Tag erstellt werden und dadurch zum Beispiel erkennbar wird, wie der Garten genutzt wird."
In der ersten Generation ihrer Satelliten erreichen weder "Planet Labs" noch "Skybox Imaging" so gute Werte. Die fliegenden HD-Kameras sollen nach Herstellerangaben als Auflösung bestenfalls einen Meter pro Pixel erreichen. Diese Bildqualität entspricht den Fotos des Satelliten Ikonos, dessen Bilder nicht aktualisiert werden, aber für kommerzielle Zwecke zur Verfügung stehen. Auf ihnen sind Menschen wie Ameisen zu erkennen und markante Gebäude können einwandfrei identifiziert werden. Damit lassen sie Baumkronen zählen, oder Gegenstände, die ein paar Meter lang sind, wahrnehmen. Das liefert immer noch mehr Details als die meisten Fotos bei Google Earth mit durchschnittlich drei Meter pro Pixel, zudem die Bilder häufig schon mehrere Jahre alt sind. Nur für die dicht besiedelten Teile Europas und Amerikas kann Google eine bessere Auflösung (zwischen einem Meter und 15 cm pro Pixel) als die beiden Startups anbieten, weil das Unternehmen Fotos eingekauft hat, die mit Flugzeugen gemacht wurden.