Streit um Urheberrechtsreform „Eure geistige Verwirrung ist unsere Goldmine“

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Hält Zensur Einzug?

4. Kritiker bemängeln immer wieder den Upload-Filter? Was ist damit gemeint?

Upload-Filter sind im Grunde nichts anderes als die Techno-Variante des Türstehers: Sie regeln, wer reindarf und wer nicht. Geht es um Online-Plattformen, ist es ihr Job, bereits während des Hochladens zu prüfen, ob Bilder, Texte, Videos oder Musik Material enthalten, das urheberrechtlich geschützt ist. Geschehen könnte das über lernende Algorithmen, die Filmausschnitte, Fotos oder Zeitungsartikel scannen – und das Hochladen (englisch „Upload“) verhindern.

Ähnliche Filter sind bereits seit Jahren etwa bei YouTube im Einsatz. Die Plattformen müssen schon nach aktuell geltendem Recht dafür sorgen, dass Material, das ihnen einmal als illegal gemeldet worden ist, nicht nur gesperrt, sondern auch in der Zukunft nicht mehr abrufbar sein wird. Allerdings sind die aktuellen Filter längst nicht allumfassend.

5. Müssen künftig alle Plattformen diese Filter einsetzen?

Wenn man sich nur an den reinen Text der Vorlage hält, lautet die Antwort: nein. Es gibt aber ein großes „Aber“. Plattformen wären nach aktuellem Stand künftig dazu verdonnert, zu verhindern, dass auf ihren Seiten urheberrechtlich geschützte Werke auftauchen, für die sie keine Lizenzen haben. Da aber allein auf YouTube pro Minute 400 Stunden neues Material hochgeladen werden, ist eine Überprüfung ohne vorgeschalteten Filter schlicht nicht vorstellbar. 

6. Kritiker befürchten, dass mit solchen Uploadfiltern Zensur Einzug hält.

Der Vorwurf der Zensur ist zunächst unberechtigt. Zensur bedeutet, dass der Staat Inhalte vor ihrer Veröffentlichung reguliert – also bestimmt, was und was nicht publiziert werden darf. Zensur ist verboten, und bleibt verboten.

Allerdings geht es in der aktuellen Debatte um eine sogenannte Zensur-Infrastruktur – eben die Uploadfilter. Die Sorge: Könnte das System nicht in einer hypothetischen Zukunft verwendet werden, um unliebsame Meinungen zu blockieren? Technologisch besteht diese hypothetische Möglichkeit. Praktisch aber ist die Meinungsfreiheit beispielsweise in der Bundesrepublik durch das Grundgesetz abgesichert. Bestehende Verstöße gegen die Eigentumsrechte der Inhalte-Urheber wiegen deshalb schwerer.

Probleme werden zudem bei der Abgrenzung von erlaubten und unerlaubten Inhalten befürchtet: Die zulässige Verbreitung von Zitaten oder Parodien soll eigentlich nicht von der Urheberrechtsreform betroffen sein. Da die Übergänge aber fließend sein können, ist vielen momentan noch unklar, wie einem Filter die Unterscheidung gelingen soll.

7. Gibt es denn keine Alternative zum strikten Upload-Filter?

Wahrscheinlich wird es laut Medienrechts-Professor Karl-Nikolaus Peifer in vielen Fällen so sein, dass sich Provider wie Facebook und Youtube mit Artikel 13 arrangieren, ohne dass ein Uploadfilter zum Einsatz kommt. Sie werden am Ende wohl Lizenzvereinbarungen mit Rechte-Verwertungsgesellschaften wie der VG Wort, der VG Bild-Kunst und den Filmverwertungsgesellschaften schließen.

 

Die Folge: Die Provider werden einen Teil ihrer Umsätze an diese Gesellschaften abgeben, die damit die Urheber entlohnen. Ähnliche der Einigung Youtubes mit der Musikverwertungsgesellschaft Gema.

Die Nutzer könnten am Ende auf deutlich weniger Inhalte verzichten müssen, als viele Protestler bisher vermuten. 

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