Strom per WLAN So wird der Router zum kabellosen Ladegerät

Das Handy einfach über das WLAN-Netz aufladen? Ein sehr praktischer und innovativer Gedanke. Genau das soll laut US-Wissenschaftlern schon heute möglich sein - und zwar mit überraschend geringem Aufwand.

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So schön sieht WLAN aus
Zu Hause, im Büro und an öffentlichen Plätzen: WLAN ist überall. Aber wie sehen die Wifi-Strahlen eigentlich aus, haben sich der Tech-Blogger Nickolay Lamm und die Astrobiologin M. Browning Vogel Ph.D von der Nasa gefragt. Also griffen sie sich Bilder der Gegend um die Washingtoner National Mall und legten darüber Muster, wie das drahtlose Internet aussehen könnte. Wifi-Wellen haben eine gewisse Höhe und einen bestimmten Abstand zueinander. Er ist kürzer als bei Radiowellen und länger als bei Mikrowellen, sodass eine einzigartige Übertragung entsteht, die nicht durch andere Signale unterbrochen werden kann. Verschiedene Sub-Kanäle werden hier in verschiedenen Farben dargestellt. Quelle: gigaom.com
Die entstandenen Bilder zeigen eindrucksvoll, wie sich die unterschiedlichen Frequenzen der WLAN-Strahlen in der Öffentlichkeit verhalten. Hier werden die Impulse als bunte Kugeln visualisiert. Die Quelle ist rechts im Bild zu sehen. Jede Farbe steht für einen eigenen Ausschnitt aus dem elektromagnetischen Feld. Wifi-Felder sind meist sphärisch (wie hier) oder ellipsenförmig und erstrecken sich an öffentlichen Orten bis zu 300 Meter. Quelle: gigaom.com
Dieses Bild soll zeigen, dass die Impulse etwa sechs Zoll voneinander entfernt sind. Es wird auch deutlich, warum ein öffentlicher Platz nicht immer gleich gut mit Netz abgedeckt ist. Quelle: gigaom.com
Wifi-Antennen können an Bäumen, Laternenmasten oder auf Gebäuden befestigt werden. Mehrere Antennen können das komplette Gebiet um die National Mall abdecken. Das Internet legt sich hier wie eine Decke auf den Platz. Quelle: gigaom.com
Internetwellen sind überall - das machen uns die Bilder eindrucksvoll klar. Aber allen Berichten über schädliche Wirkungen zum Trotz: Sie sind einfach wunderschön. Quelle: gigaom.com

Strom durch die Luft zu schicken ist eine Idee, an der Forscher schon lange tüfteln - bislang ohne nennenswerten Erfolg. Jetzt könnte ein Ansatz aber tatsächlich Fortschritte bringen. Forscher der University of Washington (UW) in Seattle wollen den Strom per Funk senden. "Power over Wi-Fi", also Strom über WLAN, wird die Technik genannt. Die Idee: Über die elektromagnetischen Wellen des Routers, die auch zur drahtlosen Datenübertragung genutzt werden, soll ebenfalls Energie an Sensoren geschickt werden.

Auch solche Überlegungen sind keineswegs neu: Vor einigen Jahren kam aus dem selben Institut in Seattle bereits ein vergleichbares Projekt: System Ambient Backscatter versorgte ebenfalls Sensoren über elektromagnetische Wellen mit Energie. Der Unterschied: Das alte System nutzte auch Funkwellen etwa aus Rundfunksendern. Am Ende zeigte es sich aber nicht als wirklich geeignet, um tatsächlich auf dem Markt für Furore zu sorgen. Zudem haben Unternehmen, wie etwa Energous aus den USA, bereits ähnliche Produkte auf den Markt gebracht, die ebenfalls mit WLAN-ähnlichen Signalen arbeiten und etwa Handys aufladen können sollen. Das besondere an der neuen Idee aus Seattle ist jedoch, dass sie bestehende Hardware als Grundlage nutzt, die bereits im Einsatz ist - wenn auch für andere Zwecke.

Mit dem kurz "Po-Wi-Fi" genannten System haben die UW-Forscher somit einen anderen, praktischeren Weg eingeschlagen: Ein WLAN-Router wird mit einer zusätzlichen extra angepassten Antenne ausgestattet und mithilfe eines Chips so umprogrammiert, dass er dauerhaft sende. So kann laut den UW-Wissenschaftlern eine kontinuierliche Stromversorgung von Sensoren gewährleistet werden. Denn grundsätzlich senden WLAN-Router nur, wenn auch Daten übertragen werden. Sprich: Sendet der Router nichts, "funkt" er auch keinen Strom. Um auf diesem Weg aber Energie zu übertragen, die auch tatsächlich eine nennenswerte Versorgung schafft, reicht das nicht aus. Kontinuität ist Grundvoraussetzung; eine entsprechende Aufrüstung also entscheidend. Die Forscher präparierten den Router deshalb mithilfe des Chips so, dass er kontinuierlich sendet - wenn es keine Daten sind, dann zumindest ein Rauschen. So entsteht eine kontinuierliche Übertragung und eine kontinuierliche Stromversorgung wird möglich.

Großer Erfolg, noch kleine Hürden

Getestet wurde der so präparierte Router in Seattle dann mit einem Temperaturfühler und einem Kamerasensor. Mit beeindruckenden Ergebnissen: Letzterer konnte selbst auf eine Distanz von sechs Metern mit Energie versorgt werden. Ausgestattet mit einem zusätzlichen Akku, erhöhte sich die Reichweite zudem um weitere drei Meter - ein beachtlicher Erfolg.

Weitere Tests zeigten, dass etwa auch mobile Endgeräte so geladen werden könnten: So gelang es den Forschern ein Fitness-Armband in der Nähe des Routers aufzuladen. Wenn auch das Tempo nicht gerade atemberaubend war - in zweieinhalb Stunden wurden rund 40 Prozent des Akkus aufgeladen - so imponiert doch der Erfolg an sich.

Und damit nicht genug, denn in einem Feldversuch konnten die Wissenschaftler zudem in sechs Haushalten aufzeigen, dass ihre Stromübertragung per WLAN auch unter normalen Bedingungen eingesetzt werden kann ohne etwa die Geschwindigkeit der Datenübertragung zu beschränken.

Ein mögliches Problem lassen die UW-Forscher allerdings unbesprochen: Ob die für das "Po-Wi-Fi" präparierten Router negativen Einfluss auf andere Funksignale haben, also beispielsweise andere Router in ihren Signalen beschränken oder andere Funkgeräte stören, ist unklar.

Zwei zentrale Fragen müssen also geklärt werden, um das "Po-Wi-Fi" als großartige Zukunftsverheißung präsentieren zu können: Können wir es als handelsübliche Technik bauen und liefern? Und: Verträgt es sich mit anderen Routern und Geräten ohne sie zu irritieren oder zu beschränken? Können die Wissenschaftler das bald mit ja beantworten, könnte die Stromübertragung per WLAN der nächste große Wurf zum Internet der Dinge werden.

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