




Heutzutage nennt sich ja jede nicht representative Befragung von fünf Menschen Studie und wird dankbar landauf landab von den Medien zitiert, erst recht wenn es um deren Lieblingsthemen geht, wie das Internet, Apple oder Facebook. Insofern besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass eine aktuelle Untersuchung von Forschern der ETH-Zürich zeitnah von der Presse aufgegriffen und genüsslich wiedergegben wird.
Das Onlineportal der Schweizer Gratiszeitung 20 Minuten macht den Anfang. Kein Wunder, immerhin handelt es sich ja nicht um einen marketinggesteuerten “Bericht” in eigener Sache, wie es bei vielen angeblichen Studien der Fall ist, sondern tatsächlich um eine wissenschaftliche Arbeit. Leider bedeutet dies nicht automatisch, dass der Sinn und Zweck der Untersuchung sinnvoll ist. Im aktuellen Fall muss er in Frage gestellt werden.
Abwanderungskaskade
Die Studienverfasser David Garcia, Pavel Mavrodiev und Professor Frank Schweitzer von der Professur Systemdesign im Departement Management, Technologie und Ökonomie der ETH Zürich versuchen am Beispiel des einstmals erfolgreichen sozialen Netzwerks Friendster zu belegen, wie sich jedes Social Network in eine Abwärtsspirale bewegen kann, sofern zwei Faktoren gegeben sind: Der Aufwand für das Benutzen übersteigt den Nutzen, außerdem verringert sich die Verknüpfung der User mit ihrer Umgebung.
Die Forscher sprechen von einer Abwanderungskaskade, die etwa durch ein Redesign ausgelöst werden kann, und die dazu führt, dass erst einige wenige Anwender zu einer besseren Alternative umziehen, woraufhin die folgen, die ihre Verbindungen zu den Ausgetretenen verloren haben. Das waren die Gründe für den Niedergang von Friendster, das einstmals 100 Millionen Mitglieder hatte, nach einem Relaunch im Jahr 2009 aber bei der primär in Südostasien angesiedelten Nutzerschaft in Ungunst fiel. Und weil es Friendster so erging, könne gleiches für sämtliche andere sozialen Netzwerke gelten, so die Schlussfolgerung.