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Suchmaschinen Microsoft und Facebook starten kollektive Suche

Lange konnte Microsofts Suchdienst Bing gegen Google nicht punkten. Bei der neuen Suchkooperation mit Facebook lässt der Underdog den Platzhirsch erstmals alt aussehen. Zumindest theoretisch, denn bisher ist hierzulande von der neuen sozialen Suche, die auf Empfehlungen meiner Facebook-Kontakte setzt, noch nicht viel zu sehen.

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Microsoft Online Services Chef Quelle: dapd

Für die Entwickler von Microsofts Suchdienst Bing war es in den vergangenen Monaten ein wenig so wie beim Spiel vom Hasen und dem Igel. Wann immer sie ihr Web-Angebot um eine Funktion erweiterten – von erweiterten Suchfiltern bis zur Integration zusätzlicher Medien wie Bildern oder Videos – stets zog Google in kürzester Zeit mit einem mindestens vergleichbaren Angebot gleich, war der Marktführer "auch schon da".

Nun aber kann der in Suchfragen eher glücklose Softwareriese aus Redmond endlich einmal punkten. Gemeinsam mit dem sozialen Netzwerk Facebook hat Microsoft jetzt gleich zwei neue Suchfunktionen vorgestellt, die zwar zunächst erst in den USA verfügbar sind, aber auf Dauer die Art, wie wir suchen, und vor allem, was wir finden, nachhaltig verändern können. In beiden Fällen geht es darum, dass neben Fundstellen, die mit klassischer Suchtechnik ermittelt werden, in Zukunft auch Links treten, die von Facebook-Nutzern per Klick auf den "Gefällt mir"-Button zuvor als nützlich gekennzeichnet wurden. Wann der Dienst auch in Deutschland freigeschaltet wird, ist noch offen.

Finden mit Freunden

Ähnlich wie beim Versuch, die Masse der Onliner bei der Suche nach Innovationen oder – grundsätzlicher – Ansätzen zur Problemlösung einzubinden, dem sogenannten Crowd-Sourcing, tritt damit auch in der Microsoft-Facebook-Partnerschaft der Faktor Mensch als Qualitätskriterium für die Informationssuche im Netz neben die Maschine.

Zum einen funktioniert das direkt in Microsofts Bing-Suche, sofern der Nutzer diese zuvor mit seinem Facebook-Konto gekoppelt hat. Wer etwa in New York einen Autovermieter sucht, bekommt in der Ergebnisliste nicht mehr nur die meistverlinkten Vermieter (die Strategie von Google) angeboten sondern eben auch die, mit denen meine New Yorker Facebook-Buddies die besten Erfahrungen gemacht haben.

Angesichts von rund einer halben Milliarde Facebook-Nutzern erscheint es recht wahrscheinlich, dass sich unter den Präferenzen der sozialen Netzwerker nicht nur Tipps für Mietautos in New York finden, sondern vermutlich sogar Meinungen zu vermeintlich randständigen Themen wie Milchviehhaltung auf eidgenössischen Hochalmen oder der besten Methode zur Reparatur von schottischen Kilts. In jedem Falle ist klar, dass Erzrivale Google auf einen entsprechenden Informationsfundus vorerst nicht zugreifen kann.

Zudem erweitert Microsoft das Angebot möglicher Suchergebnisse um sämtliche veröffentlichten Profile von Facebook-Nutzern. Wer einen Namen ins Suchfeld eingibt bekommt daraufhin nicht nur Verweise zu Web-Seiten auf denen sich der Name befindet sondern auch eine Linkliste mit Facebook-Nutzern angezeigt, die den gesuchten Namen tragen. Mit denen kann sich der Suchende direkt von Bing aus verbinden oder ihnen zumindest eine Nachricht senden.

Langfristig könne diese neue Form der sozialen Web-Recherche die Internetsuche "ziemlich radikal" verändern, sagt Greg Sterling vom US-IT-Berater Sterling Market Intelligence, bezweifelt aber, dass das neue Angebot kurzfristig Microsofts Marktanteile verändern kann. In den USA, wo das Angebot zuerst startet, dominiert Google den Suchmarkt aktuell mit etwa zwei Dritteln der Abfragen. Microsofts Bing liegt laut aktueller Hochrechnungen bei knapp über elf Prozent auf dem dritten Rang. Hinter Yahoo, das seinen eigenen Suchdienst gegenwärtig durch die Bing-Plattform ersetzt. Weltweit ist Googles Übermacht noch deutlicher.

Durch die nun verkündete Partnerschaft mit Facebook zieht Microsoft bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr Profit aus seinem Einstieg bei kalifornischen Online-Netzwerk. Bereits beim Start seiner internetbasierten Office-Anwendungen, der sogenannten Web-Apps von Word, Excel, oder Powerpoint, hatte Microsoft diese Dienste zunächst für die Nutzer von Facebook freigeschaltet und so eine besonders an onlinegestützter Zusammenarbeit interessierte Zielgruppe ansprechen können.

2007 hatte der Riese aus Redmond für immerhin 240 Millionen Dollar 1,6 Prozent an Facebook erworben und damit den Gesamtwert des Unternehmens auf immerhin 15 Milliarden Dollar taxiert. Inzwischen schätzen Marktforscher den Facebook-Wert auf mehr als das Doppelte. Selbst wenn die neue soziale Suche also nicht die gewünschte Resonanz bei der Web-Gemeinde fände, bleibt Facebook für Microsoft ein Gewinn.

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