Elon Musk kommt zu spät. Eine halbe Stunde lässt der Tesla-Erfinder seine Fans im Moody Theater in Downtown Austin warten. Normalerweise spielen hier Bands wie Coldplay. Der Saal ist voll – vom jungen Hipster-Musikerpaar aus New York, über Tech-Unternehmer aus der Stadt bis hin zur jungen Mutter mit quengelndem Baby auf dem Schoß – sie alle sind hergepilgert, um ihn zu sehen: Musk, den Mann, der nicht nur Elektro-Avantgarde ist, sondern die Menschen zum Mars schicken und sie von dem Untergang durch bösartige künstliche Intelligenzen retten will.
Seinen Auftritt haben die Macher des South by Southwest-Festivals erst am Vortag angekündigt, manche Festivalbesucher standen schon nachts an, um ein Ticket zur „Fragt Elon Musk, was ihr wollt“-Show zu ergattern. „Ich verfolge alles, was Elon macht. Der Typ ist einfach unglaublich“, sagt Guy VanDusen, pensionierter Bauunternehmer aus Dallas und lächelt. Als Musk endlich auf die Bühne zur Musik von „My Litttle Buttercup“ aus der Komödie „Three Amigos“ tanzt, klatscht und johlt VanDusen wie die restlichen rund 2700 Menschen im Auditorium.
Man kann auf der South By Southwest vielen Trends nachspüren: Vorträgen zur Blockchain etwa, Virtual Reality, Künstliche Intelligenz, Computer-Gehirnschnittstellen oder Diskussionen, wie man die Demokratie doch noch vor Facebook retten kann. In den Pausen streicheln die Besucher hier Baby-Ziegen am Stand des Magazins Vice oder irren mit Virtual-Reality-Brillen durch die Straßen von Austin. Aber keine Bewegung hinterlässt so nachhaltige Spuren wie Elon Musks Auftritt: Die Macher aus dem Silicon Valley sind die Rockstars unserer Zeit, die großen Verführer, Anheizer und Heilsversprecher.
Daran haben auch die jüngsten Skandale um Fake News, Monopol-Bildung der Tech-Branche oder der Aufschrei nach weniger Sexismus in der Branche nichts geändert. Ein einziger Mann, Elon Musk, sprengt hier ein ganzes Festival. Er ist die größte Projektionsfläche aller Sehnsüchte der Angereisten. Musk fläzt sich in seinem Sessel auf der Bühne, schlägt ein Bein lässig über das andere. Er trägt seine braune Fliegerjacke, schwarze Jeans, schwarzes Hemd. Und er enttäuscht seine Gefolgschaft nicht: „Ich habe mal auf die Webpage der NASA geschaut, um zu sehen, wann sie zum Mars fliegen wollte. Da stand aber nichts“, sagt Musk. Also habe er sich selbst daran gemacht, die Mission zu erfüllen. Der Planet biete eine „Explosion an Geschäftsmöglichkeiten“, sagt Musk. Von den Mineralien, die es dort zu schürfen gebe bis hin zu Pizza-Restaurants und Lokalen – Musk sagt „Mars-Bars“ – die dort noch gebaut werden müssten. Aber der Weg dahin sei schwierig, gefährlich und berge das Risiko, „dass man unterwegs stirbt“. Warum das Ganze dann überhaupt? „Es gibt einige Dinge, die nicht funktionieren, die aber wichtig für unser Leben und unsere Zukunft sind.“
Denn da ist ja noch die Sache mit der Künstlichen Intelligenz. Die habe in jüngster Zeit exponentielle Fortschritte gemacht, sie könne außer Kontrolle geraten. Die Entwickler dieser Technologie hielten sich selbst für zu schlau, so etwas sei nie gut. Künstliche Intelligenz stresse ihn ziemlich und sei einer der Gründe, weswegen er mal nachts nicht schlafen könne. „Sie ist viel gefährlicher als Nuklearwaffen“, sagt Musk. Deshalb sei die Mars-Mission so wichtig, ein dritter Weltkrieg sei sehr wahrscheinlich. Gut, wenn sich ein großer Teil der Menschheit schon vorher auf den Mars rettet. Dort werde dieser Teil in einer Art direkten Demokratie leben, in der jeder ein Mitspracherecht hat. Und damit viel besser leben, als das doch heute der Fall sei.
Musk lässt seine Fans an diesem Tag auch ein wenig in seinen Alltag blicken. Nur zwei Prozent seiner Zeit verbringe er mit dem jüngst gegründeten Unternehmen The Boring Company. Es soll Tunnels unter Los Angeles bauen, damit die Menschen nicht mehr im Stau stehen müssen. „Wir haben das Unternehmen am Anfang mehr aus Spaß gegründet, weil der Name so lustig klang“, sagt er. The Boring Company mache inzwischen aber große Fortschritte, den Rest seiner Arbeitszeit gehöre dennoch ganz Tesla und SpaceX.
Und dann erzählt Musk die Geschichte, wie er an Heiligabend 2008 entscheiden musste, welche der beiden Firmen er retten wollte. Musk war damals fast pleite, SpaceX hatte den dritten Fehlstart hingelegt. Und mit Tesla ging es auch nicht voran. Er musste wählen, in welches Startup er sein letztes Geld investieren wollte, damit wenigstens eines überleben konnte. Am Ende verteilte er das Geld doch auf beide auf, das sei wie mit Kindern, da „will man sich auch nicht entscheiden“. Erfreulicherweise habe er damit beide Unternehmen gerettet.
Was sein Geschäftsmodell sei, will der Moderator irgendwann noch wissen. „Ich habe keinen Businessplan“, sagt Musk. Tesla-Aktionäre, die sich sorgen, ob Musk es jemals schaffen werde, seine Elektrowagen auch als Massenvehikel zu bauen, sollten da wohl besser weghören. Wer ihn persönlich inspiriere? „Kanye West“, sagt Musk, das Publikum lacht.
Guy VanDusen, der pensionierte Bauunternehmer sagt: „Das ist dieser radikale Rapper.“ West ist mit Influencer-Königin Kim Kardashian verheiratet, er hat lange Zeit große Musik gemacht, irgendwann mit Donald Trump sympathisiert und dann wieder damit aufgehört. Er verschwindet in letzter Zeit ab und an einfach so von der Bühne. Bei West weiß man auch nicht genau, ob er genial oder einfach nur wahnsinnig ist.