Wegen Kundenschwund in wichtigen Märkten streicht Vodafone zu Stellen. Das Umsatzwachstum habe sich im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2022/2023 auf 1,8 von 2,5 Prozent im Vorquartal abgeschwächt, teilte der britische Mobilfunker am Mittwoch mit.
In Deutschland seien die Erlöse um 1,8 Prozent zurückgegangen. In Italien und Spanien belaufe sich das Minus auf 3,3 und 8,7 Prozent. Daher kündigte Interimschefin Margherita Della Valle den Abbau von 500 Jobs im Hauptquartier des Konzerns an.
An der Londoner Börse fielen die Vodafone-Aktien daraufhin zeitweise um mehr als drei Prozent, so stark wie zuletzt vor zweieinhalb Monaten. „Die Zahlen scheinen zu belegen, dass ein Führungswechsel die grundlegenden Probleme nicht löst“, kommentierte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Della Valle hatte Ende 2022 Nick Read abgelöst. Zur Suche nach einer dauerhaften Besetzung für den Posten wollte sie sich am Mittwoch nicht äußern.
Warum in der Tech-Branche Zehntausende Jobs wegfallen
Die Corona-Pandemie mit geschlossenen Geschäften brachte dem Online-Händler einen enormen Geschäftsschub. Entsprechend brauchte er mehr Leute. Die Beschäftigtenzahl in Voll- und Teilzeit verdoppelte sich von 800.000 Ende 2019 auf mehr als 1,6 Millionen Ende 2021. Inzwischen bestellen die Menschen wieder weniger, auch weil das Geld in Zeiten hoher Preise nicht mehr so locker sitzt. Schon vergangenes Jahr fielen Stellen weg, im Januar kündigte Amazon nun den Abbau von 18.000 Jobs an. Stark betroffen davon sind Büro-Arbeitsplätze.
Auch der Google-Mutterkonzern verdient sein Geld fast nur mit Online-Werbung und bekommt die Abkühlung im digitalen Werbemarkt zu spüren. Und auch Alphabet baute in der Pandemie die Belegschaft aus: Von rund 119.000 Mitarbeitern Ende 2019 auf fast 187.000 im September 2022. Zugleich hat Alphabet ebenfalls hohe Ausgaben: Die Gewinne von Google finanzieren Zukunftsprojekte wie Robotaxis der Firma Waymo oder Lieferdrohnen mit, die Milliarden verschlingen. Die Kürzungen trafen auch solche Bereiche.
In der Pandemie griffen viele kleine Unternehmen zu Werbung bei Facebook, um ihr Geschäft anzukurbeln. Meta verdiente gut und stellte auch kräftig ein. Ende 2019 hatte der Konzern 45.000 Mitarbeiter, drei Jahre später waren es mehr als 87.000. Dann kam im November der Abbau von 11.000 Jobs. Meta spürt die Zurückhaltung von Werbekunden, die stärker auf ihr Geld achten. Auch ist die App Tiktok ein starker Rivale im Kampf um Werbe-Dollar - und Apples Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre auf dem iPhone machten Anzeigen bei Facebook weniger effizient. Zugleich steckt Gründer Mark Zuckerberg viele Milliarden in die Entwicklung virtueller „Metaverse“-Welten.
Der Windows-Riese richtete sich in den vergangenen Jahren stark auf das Cloud-Geschäft mit Online-Diensten aus dem Netz – genau richtig für das vernetzte Arbeiten in der Corona-Pandemie. Auch bei Microsoft wuchsen die Mitarbeiter-Zahlen durch Zukäufe schnell: Zum Ende des vergangenen Geschäftsjahres Mitte 2022 hatte der Konzern rund 221.000 Beschäftigte nach 144.000 drei Jahre zuvor. Zuletzt bekam Microsoft Gegenwind in einem Traditions-Segment: Der Einbruch der PC-Verkäufe in einem gesättigten Markt ließ das Windows-Geschäft um 39 Prozent schrumpfen. Microsoft streicht 10.000 Jobs, will aber in Zukunftsbereichen mehr Leute einstellen.
Der drastische Aderlass beim Kurznachrichtendienst ist dabei ein Sonderfall. Tech-Milliardär Elon Musk behauptete als neuer Besitzer, dass Twitter zu viele Beschäftigte habe – und ließ kurzerhand die Hälfte der rund 7000 Mitarbeiter feuern. Unter Druck gingen auch weitere, so dass inzwischen laut Medienberichten nur noch etwa 1300 Beschäftigte übrig sein sollen. Musk muss Geld sparen: Er bürdete Twitter Milliardenschulden für die Übernahme auf, die nun bedient werden müssen – und die Werbeeinnahmen sollen wegen der Zurückhaltung von Anzeigenkunden um 40 Prozent eingebrochen sein.
Della Valle bekräftigte die Gesamtjahresziele. „Wir haben bereits Maßnahmen ergriffen, darunter die Vereinfachung unserer Struktur, um den lokalen Märkten volle Autonomie und Verantwortlichkeit zu geben, damit sie die besten Entscheidungen für ihre Kunden treffen können.“ In Deutschland bleibe Vodafone hinter seinen Möglichkeiten zurück. Das dortige Führungsteam habe aber einen Plan. Sie führte dies jedoch nicht aus.
Der italienische Markt bleibe heiß umkämpft. Ihr Unternehmen schlage sich aber gut. Spanien werde ab dem nächsten Quartal wieder zur Erholung des Europa-Geschäfts beitragen. Richard Hunter, Manager beim Vermögensverwalter Interactive Investor, äußerte sich skeptisch. „Vodafone sieht sich mit zwei Gefahren konfrontiert: Einem extremen Wettbewerbsumfeld und einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage.“
Della Valles Vorgänger Read hatte im November, wenige Wochen vor seinem Rücktritt, ein Gesamtjahresergebnis am unteren Ende der ursprünglich angepeilten Spanne in Aussicht gestellt und zusätzliche Einsparungen im Volumen von rund einer Milliarde Euro angekündigt. Vodafone erwartet für das Geschäftsjahr 2022/2023 ein bereinigtes Ergebnis von 15 bis 15,2 Milliarden Euro.
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