Zum Äußersten getrieben hat das jetzt Südkorea. Dort besitzen rund drei Viertel der Grundschüler eigene Smartphones. Die Behörden haben Eltern und Mobilfunkanbieter verpflichtet, Überwachungsapps auf neu gekauften Geräten zu installieren. Solch ein staatlicher Druck ist in einem demokratischen Land etwas völlig Neues.
Wenn ein südkoreanisches Kind, statt Hausaufgaben zu machen, auf seinem Smartphone chattet, kann es sich sicher sein: Mami weiß genau, was es schreibt. Das merkt es spätestens, wenn der Chat wie von Zauberhand blockiert wird oder das Gerät sich ausschaltet. Denn das können seine Eltern ganz einfach aus der Ferne steuern – über ihr eigenes Telefon. Und würde das Kind nach Stichwörtern wie „Selbstmord“ suchen, petzt die App das sofort.
So überwachen die Eltern-Apps
Die App vermittelt nicht nur GPS-Koordinaten. Sie meldet auch, wenn die Kinder bestimmte Worte benutzen, zu schnell fahren oder auf Bildern in sozialen Netzwerken markiert werden.
Kosten: 14,99 Dollar für drei Monate.
Gehen die Kinder nicht ans Handy, können Eltern das Handy kurzerhand sperren. Erst wenn die Kinder zurückrufen, ist das Gerät wieder frei.
Die App kostet 5,99 Dollar.
Die Nanny aus dem Netz bietet Rundum-Überwachung: Internetfilter, Zeitbegrenzungen, Mitlesen in Sozialen Netzwerken, Auswertung des Surfverhaltens.
Kosten: knapp 40 Dollar pro Jahr
Canary zeichnet das Fahrverhalten des Nachwuchses auf. Die App alarmiert die Eltern, sobald sich die Kinder nicht an die Verkehrsregeln halten. Zu den Features des kostenlosen Programms gehört eine alltägliche Fahrauswertung per E-Mail.
,Die App wirbt für ihre 20 Funktionen, mit denen Eltern das Kind überwachen, filtern, kontrollieren, blockieren und verfolgen können. Dazu zählt auch das Mitlesen von SMS.
Kosten:4,95 Dollar / Monat
Auch Qustodio bietet eine Überwachung in sämtlichen Lebensbereichen: Standortvermittlung, Internet-Aktivitäten, SMS und Anrufe. „Alle Informationen, die Sie brauchen, sind in klaren, leicht lesbaren Tabellen und Grafiken dargestellt", wirbt das Unternehmen. Ein besonderes Feature: „Schutz und Überwachung, ohne dass mein Kind davon weiß".
Kosten: Rund 40 Dollar/Jahr
Möglich macht das Smart Sheriff, eine von Dutzenden Überwachungs-Apps in Südkorea. Die Kleinen, so die Intention, sollen so vor Pornos und Gewalt geschützt werden. „Es sind ja noch Kinder“, rechtfertigt sich eine Mutter im Fernsehen. „Da sollten Eltern wissen, was sie machen.“ Ähnlich wie Smart Sheriff funktionieren auch die amerikanischen Versionen Net Nanny oder My Mobile Watchdog, die über App-Stores auch in Deutschland erhältlich sind. Sie orten die Kinder, kontrollieren SMS und Anrufe, erfassen Browserverläufe.
Der Digitalfrust der Eltern treibt manche Blüte, wie eine App zeigt, die eine Mutter in den USA erfunden hat: Sharon Standifird war es leid, dass ihre Sprösslinge Anrufe nicht beantworteten. Sie ließ daher Ignore no more entwickeln. Die App legt Spiele, Facebook und Co. auf dem Handy lahm, wenn das Kind die Anrufe der Eltern permanent ignoriert. Es ist gezwungen, Vater oder Mutter zu kontaktieren, die das Gerät wieder freischalten können. Big Mother statt Big Brother.
Und deutsche Eltern? Klar ist: Eine gesetzlich verordnete Überwachung wie in Südkorea sei hierzulande verfassungswidrig, sagt Winfried Born, Familienrechtler und Honorarprofessor an der Universität Bochum. „Der Staat darf sich nicht ohne Weiteres in die Erziehung einmischen.“
Ob Eltern ihre Kinder aber freiwillig mithilfe von Apps überwachen dürfen, wie es in den USA schon verbreiteter ist, diskutieren Juristen kontrovers.