Verfahren beim Verwaltungsgericht Hängepartie um BSI-Präsident Arne Schönbohm

Auch mehr als einen Monat nach dem Tätigkeitsverbot für BSI-Präsident Arne Schönbohm (Bild) hat das Bundesinnenministerium, trotz Aufforderung durch das Kölner Verwaltungsgericht, keine Belege für konkrete Fehlverhalten des Behördenchefs vorgelegt. Quelle: imago images

Im Kampf um seinen Posten muss der Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik auf ein Gerichtsurteil warten: Mit seinem Antrag, das Tätigkeitsverbot vorläufig aufzuheben, ist er zunächst gescheitert.

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Hängebeschluss, das klingt ein wenig nach Hängepartie. Und genauso dürfte sich die Sache für Arne Schönbohm, den einstigen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, derzeit anfühlen. Und zwar, weil das Verwaltungsgericht in Köln es am Mittwoch, 23.11., abgelehnt hat, einen sogenannten Hängebeschluss zu erlassen. 

Damit wollte Arne Schönbohm das am 18. Oktober von Bundesinnenministerin Nancy Faeser gegen ihn verhängte Tätigkeitsverbot für vorläufig unwirksam erklären lassen. Eine Entscheidung in der grundsätzlichen Frage, ob diese Maßnahme rechtens ist, ist dies allerdings nicht. Das von Schönbohm vor dem Kölner Gericht angestrengte Eilverfahren läuft unverändert weiter. Voraussichtlich wird in der ersten Dezemberhälfte eine Entscheidung fallen.

Ende Oktober hatte Schönbohm beim Verwaltungsgericht die Aufhebung des Verbots im Eilverfahren beantragt. Dazu hatte das Gericht kurz darauf beim Bundesinnenministerium eine Stellungnahme binnen zwei Wochen angefordert. Anstatt diese einzureichen oder sich zu den Gründen für das Verbot zu äußern, bat das Bundesinnenministerium (BMI) allerdings zunächst um Aufschub der Antwortfrist – und hat diese bis 9. Dezember gewährt bekommen, bestätigte ein Justizsprecher auf Anfrage der WirtschaftsWoche.

Um den ungeliebten BSI-Präsidenten auf einen Abstellposten abschieben zu können, stuft das Innenministerium den Führungsposten einer Kleinstbehörde massiv hoch. Ob das aber den Streit befrieden kann, ist fraglich.
von Thomas Kuhn

Die Fristverschiebung war insofern brisant, weil derzeit die Beratungen zum Bundeshaushalt 2023 laufen, der in den kommenden Tagen verabschiedet werden soll. Wie unter anderem von der WirtschaftsWoche berichtet, hatte das BMI in der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses kurzfristig eine Höherstufung des Amtes des Präsidenten der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, kurz BAköV, beantragt. Statt wie bisher mit B6, soll der Posten künftig nach Besoldungsstufe B8 bezahlt werden.

Die Beförderung überraschte angesichts der Tatsache, dass die Behörde mit Sitz im rheinischen Städtchen Brühl, zwischen Köln und Bonn gelegen, laut letztjährigem Tätigkeitsbericht gerade einmal 55 Beschäftigte hat. Und sie erschließt sich erst, wenn man weiß, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser die B8-Stelle dringend als Versorgungsposten für Schönbohm benötigt. Dem hatte sie zwar die Tätigkeit im BSI verboten. Da er allerdings kein politischer Beamter ist und das BMI auch mehr als einen Monat nach dem Beschluss keine rechtsrelevanten Verstöße belegen kann, muss Faeser einen zumindest formell gleichwertigen Posten schaffen.

Mit der Höherstufung des Spitzenpostens bei der BAköV würde das zumindest fiskalisch erreicht. Dass Schönbohm bisher eine Behörde mit gut 1700 Beschäftigten geführt hatte, lässt allerdings erahnen, dass eine Versetzung in die Brühler 55-Personen-Akademie kaum mehr als eine Notlösung sein kann, um den unbequemen Behördenchef auf einen Versorgungsposten abzuschieben.

BMI drängte vor Tätigkeitsverbot auf freiwillige Versetzung

Den hatte Faeser offenbar schon vor der offiziellen Mitteilung des Tätigkeitsverbotes für Schönbohm ins Auge gefasst. Wie Dokumente belegen, die der WirtschaftsWoche vorliegen, hatte der für das BSI zuständige Staatssekretär im BMI, Markus Richter, Schönbohm bereits vier Tage vor dem Verbot mitgeteilt, er könne sich entweder bei unveränderten Bezügen auf die damals noch als B6 dotierte Stelle versetzen lassen. Oder das Ministerium werde Voruntersuchungen und eventuell auch ein Disziplinarverfahren gegen den Behördenchef einleiten. In beiden Fällen, so geht aus den Unterlagen hervor, wolle das Ministerium den BSI-Chef von seinem Amt freistellen.

Statt die Versetzung zu akzeptieren, beantragte Schönbohm seinerseits am 17. Oktober die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst, damit die Vorwürfe gegen ihn geprüft würden. Bis heute ist das BMI diesem Antrag allerdings weder gefolgt, noch hat das Ministerium das zuvor von Richter angekündigte Verfahren aus eigenem Antrieb eröffnet. 

Auch auf eine kleine Anfrage im Bundestag hatte das BMI, wie der Tagesspiegel berichtete, keine juristisch relevanten Belege für ein Fehlverhalten des BSI-Präsidenten geliefert. Stattdessen verwies das Ministerium auf „nachrichtendienstliche Gründe“, die einer Beantwortung der Fragen entgegenstünden. Welche das sein könnten, darüber herrscht allerdings in der Sicherheitsszene Rätselraten. Laut Fachleuten im Umfeld des Ministeriums erscheine die Formulierung „wie ein Vorwand, um sich um konkrete Belege zu drücken“.

Auslöser des Konflikts waren Vorwürfe des ZDF-Entertainers Jan Böhmermann, der Schönbohm am 7. Oktober in der TV-Sendung „Magazin Royale“ Kontakte in russische Geheimdienstkreise vorgeworfen und ihn als „Cyberclown“ tituliert hatte. Seither hängt der Haussegen zwischen Schönbohm und seiner obersten Dienstherrin, Nancy Faeser, schief.

Lesen Sie auch: Die Bundesregierung wusste monatelang von möglichen russischen Geheimdienstkontakten eines Berliner Softwareunternehmens und unternahm nichts, um Kunden oder Behörden zu warnen. Nun scheint der BSI-Präsident als Bauernopfer herhalten zu müssen.

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