Von Nullen und Einsen

Der große Hype um Pinterest

Pinterest und seine Klone versuchen, Nutzer zum vereinfachten Teilen von Bildern und anderen hübsch anzusehenden Web-Inhalten zu bewegen. Das funktioniert wesentlich leichter als bei Facebook, Twitter und anderen sozialen Netzwerken und macht deshalb durchaus Spaß. Ob das Geschäftsmodell über den Hype hinaus trägt, bleibt indes abzuwarten.

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Screenshot von Pinterest Quelle: Screenshot

Das Internet-Business bewegt sich gerne in Hype-Zyklen. Nachdem Facebook nun demnächst an die Börse geht, Twitter sich so langsam der Phase seiner Neunutzersättigung annähert und die Aufregung um "Deal of the Day"-Websites a la Groupon sich gelegt hat, muss etwas Neues her.

Wobei "neu" in diesem Fall relativ ist: Pinterest, der aktuelle Darling des Silicon Valley, wurde bereits vor nicht ganz zwei Jahren gegründet. Doch der große Ansturm auf den "Vision Board"-Dienst bricht weltweit erst seit einigen Monaten aus. Ganz einfach zu erklären ist das nicht, dabei ist das Grundprinzip wirklich simpel.

Pinterest soll von Frauen und Männern genutzt werden, die schöne Dinge mögen und diese deshalb an einem zentralen Ort visuell sammeln wollen. Die Idee dahinter ist, dass Menschen das, wofür sie sich interessieren, besonders gerne bildlich festhalten: Was man gerne hätte, klebt man sich schon mal an den Kühlschrank oder pappt es als Hintergrundbild auf den PC-Desktop. "Aspirational Marketing" nennt man das im BWL-Slang. So findet man bei Pinterest folgerichtig als Standardsektionen ("Boards") die Bereiche "Mein Stil", "Produkte, die ich liebe", "Lieblingsplätze und -orte" oder "Für das Heim". So ergibt sich ein interessantes Profil: Nutzer verraten Pinterest ihre Vorlieben, ohne dass sie wie bei Facebook das Gefühl haben, irgendwie doch zu viel zu verraten oder zu sehr ins Detail zu gehen.

Sammlungen über Facebook teilen

Das Schöne an Pinterest ist - neben dem durchaus hübschen Design der Seite - seine Einfachheit. Jedes Bild, auf das man im Web stößt, lässt sich auf die persönliche Homepage pinnen. Dazu nutzt man ein sogenanntes Bookmarklet: Einen kleinen "Pin It"-Knopf, den man sich zuvor in seine Browser-Lesezeichenleiste gezogen hat. Einmal geklickt, landet eine Aufnahme schon bei dem Dienst. Ein kurzer Kommentar dazu, die passende Kategorie gewählt - fertig.

Ansonsten findet man Funktionen, wie man sie auch von Twitter und Co. kennt. Man kann interessanten Pinterest-Nutzern folgen und sieht dann deren Beiträge. Man kann Pinterest-Bilder übernehmen ("Repin") und auf der eigenen Homepage ablegen. Man kann Pins mögen ("Like") und kommentieren ("Comment"). Integriert ist außerdem eine Facebook-Anbindung: Wer möchte, kann seine Pinterest-Sammlung auch mit seinem Freundeskreis bei dem Social-Networking-Marktführer teilen.

Klone im Aufmarsch

Buchpakete gehen im Amazon Logistik Center in den Postversand Quelle: dpa

Der Erfolg von Pinterest - im Januar hatte der Dienst fast 12 Millionen Nutzer - hat mittlerweile zahlreiche Klone auf den Plan gerufen. Da sind die offensichtliche Direktkopien wie das von den Samwer-Brüdern mitfinanzierte Pinspire. Da sind die "Remember Everything"-Lösungen wie GetVega, die auch noch Videos ablegen können. Und da wären - wie könnte es anders sein - Pornoversionen von Pinterest, von denen es mindestens ein halbes Dutzend zu geben scheint.

Gemeinsam ist sowohl Pinterest als auch den Klonen, dass ihnen noch echte Monetarisierungsmöglichkeiten fehlen. Nicht dass Pinterest keine entsprechenden Experimente gewagt hätte. Die Art der Einnahmengenerierung war dabei sogar recht schlau: Über den Werbe-Dienst Skimlinks wurden die Internet-Adressen, die Pinterest-Nutzer über ihre ablegten Bilder verlinkten, zu sogenannten Affiliate-URLs umgebaut. Das geschah automatisch und sorgte dafür, dass Pinterest, sollte ein Link zu einem Online-Laden wie z.B. Amazon.com führen, prozentual an Einkäufen beteiligt wurde. (Mittlerweile wurde der Test allerdings beendet - auch weil man die Verlinkung nicht kommuniziert hatte und deshalb Negativschlagzeilen produzierte.)

Ärger mit den Urheberrechten

Ärger bekommt Pinterest allerdings zunehmend wegen der Urheberrechte. Schließlich werden Bilder hier nicht einfach nur verlinkt, sondern vom Ursprungsort auf die Server der Firma kopiert. In Deutschland fängt man sich für so etwas schnell eine Abmahnung samt Anwaltsrechnung und Straflizenzgebühr ein. Pinterest scheint zu hoffen, dass sein Ansatz unter die US-Copyright-Ausnahme "Fair Use" fällt, als eine Art Privatkopie. Doch es dürfte nicht lange dauern, bis eine erste Klagewelle auf die Firma selbst und/oder ihre Nutzer niedergeht. Große Bilderhändler wie iStockphoto oder Getty Images haben die Seite jedenfalls schon auf dem Radar - und da Pinterest bei seinem Geschäftsmodell durchaus auf die Pinnerei fremder Bilder setzt, wird es rechtlich knifflig. Die wenigsten Nutzer dürften jedenfalls nur eigene Werke einstellen.

Investoren ficht das alles aber bis jetzt nicht an. Pinterest ist finanziell gut aufgestellt - das Start-up erhielt fast 40 Millionen Dollar von den Top-Risikokapitalfirmen Bessemer Ventures und Andreessen Horowitz. Angenommener Firmenwert: Satte 200 Millionen Dollar.

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