Lange Jahre kamen kreative Menschen ohne Software des US-Design-Spezialisten Adobe nicht aus: Titel wie Photoshop oder Illustrator brauchte man einfach, wenn man Bilder bearbeiten oder Grafiken gestalten wollte. Die Funktionsvielfalt war so verlockend, dass sich auch viele Privatmenschen die Profitools kauften und auf Mac oder PC installierten. Adobe wurde zum uneinholbaren Marktführer. Doch irgendwann scheint man bei den kalifornischen Software-Helden auf die Idee gekommen zu sein, dass es sich lohnt, diese Marktmacht auch auszunutzen. Ergebnis waren Preise, die man sich als Otto Normalkunde nur leisten konnte, wenn man wirklich Geld mit den via Adobe-Software erstellten Kreationen verdienen wollte.
Ein aktuelles Beispiel gefällig? Da kostet ein Photoshop CS6 dann mal eben als Vollversion schlappe 1000 Euro; sollte es die etwas bessere "Extended"-Version sein, gleich fast 1400. Die gesamte "Creative Suite" mit allen Teilen ("Master Collection") wird für fast 3600 Euro verkauft. Und noch unschöner: Die Lokalisierung lässt sich Adobe immer gleich Extrageld kosten, es gibt gigantische Preisunterschiede zwischen europäischer und US-Version. Bei der erwähnten "Master Collection" (2599 US-Dollar) macht das beim aktuellen Kurs sage und schreibe 1600 Euro aus, wenn man die Mehrwertsteuer, die in den USA beim Download-Kauf oft nicht gezahlt wird, einmal außen vor lässt.
Offenbar scheint man sich bei Adobe mittlerweile im Klaren zu sein, dass diese Strategie auf Dauer nicht mehr verfängt. Tatsächlich gibt es inzwischen kostengünstige Alternativen. Programme wie Pixelmator oder gar das Open-Source-Werkzeug GIMP können mit etwas Anstrengung als Photoshop-Ersatz herhalten, kostenlose Werkzeuge wie Apples iBooks Author machen dem Layout-Programm InDesign zumindest bei der Erzeugung digitaler Druckwerke Konkurrenz. Es scheint, als sei die Zeit der 1000-Euro-Programme endgültig vorbei.
Da man bei Adobe an seinen Umsätzen hängt, will man nun gegensteuern. Am Freitag startet deshalb ein ganz besonderes Projekt: Die sogenannte Creative Cloud soll alle Programme der Creative Suite gegen eine Monatsgebühr vereinen. Das Prinzip ist dabei denkbar einfach: Hat man einmal das Abo abgeschlossen, darf man von Photoshop über Acrobat, Flash oder Dreamweaver bis hin zu Premiere alles herunterladen, was Adobe an wichtigen Tools zu bieten hat. Bei der Installation wird der Account gecheckt - ist er bezahlt, kann man die Software ausführen.
Lohnt sich die Adobe Cloud?
Doch Adobe wäre nicht Adobe, wenn die Geschichte nicht nach wie vor etwas teuer wäre. Preislich beginnt der Spaß für Neukunden bei 61,49 Euro im Monat, wenn man sich gleich ein Jahresabo holt. Will man Monat für Monat kündigen können, ist man gar mit 92,24 Euro dabei. Immerhin ist erlaubt, zwei Plattformen, also Windows und Mac, zu nutzen und es gibt zusätzliche Goodies wie einen Cloud-Speicherdienst.
Man kann sich nun fragen, ob sich die Creative Cloud lohnt. Wer nur ab und zu mit Adobe-Werkzeugen arbeitet, sollte sich das Abo-Modell durchaus überlegen - es verursacht schließlich keine hohen Einstiegskosten mehr Und wer weiß, vielleicht erfindet Adobe ja künftig auch noch preisgünstigere Abstufungen, so dass man sich nur Teile der Creative Suite kaufen kann. Ein Photoshop für 30 Euro im Monat wäre jedenfalls überlegenswert.
Das IT-technische All-you-can-eat-Programm aus der Cloud, das Adobe nun auflegt, liegt voll im Trend und gilt bei weitem nicht nur für klassische Software-Produkte. Google verkauft ein vollständiges Online-Büropaket gegen Monatsgebühr zunehmend erfolgreich an Großkonzerne und Regierungsorganisationen. Microsoft versucht sich mit Office 365 an webifizierten Varianten von Word, Excel und Co. und hat in kleineren Märkten bereits getestet, sogar sein Windows-Betriebssystem im Abo anzubieten. Amazon will auf längere Sicht seinen Kindle-E-Book-Katalog nicht mehr nur einzeln verkaufen, sondern als eine Art universelle Leihbücherei Monatsgebühren kassieren. Der auf Informationstechnik spezialisierte Buchverlag O'Reilly macht es bereits vor: Über 22.000 Titel gibt's in seinem "Safari Bookshelf" ab schlappen 23 Euro, bezahlt alle vier Wochen per Kreditkarte.
Auch Hollywood und die Musikstudios haben den scheinbar nicht versiegenden Abo-Einnahmestrom im Blick: Netflix, Lovefilm und ihre Konkurrenten arbeiten schon lange im Flatrate-Verfahren für Streaming-Video, während Spotify und andere Audio-Dienste derzeit wieder versuchen, Musikmonatsabos zu etablieren, die das rein hitbasierte Tonträgergeschäft planbarer machen sollen. Und es ist ja auch höchst attraktiv: Abonnements und Flatrates werden von vielen Kunden einmal abgeschlossen und dann vergessen - oder zumindest oft weniger genutzt, als eigentlich denkbar. Das lohnt sich dann schnell. Für Adobe, darauf tippe ich hier mal vorsichtig, wird das auch so sein.