Work-Life-Balance Die Digitalisierung bringt Job und Familie zusammen

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Scheitern wir an der Vereinbarkeit?

Das alles unter einen Hut zu bringen, klappt derzeit zwar irgendwie – was muss, das muss – nur so richtig glücklich ist damit keiner. So heißt es beim Arbeitsministerium, dass zwei Drittel der Deutschen der Meinung sind, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Deutschland alles in allem eher "nicht so gut" funktioniere. 41 Prozent der abhängig Beschäftigten geben an, dass sie selbst Vereinbarkeitsprobleme haben. Die Behörde sieht hier einen Grund für die zunehmende Zahl psychischer Belastungen. Für viele sind die Anforderungen einfach zu viel und auch bei der WirtschaftsWoche wurde die Lüge von der Vereinbarkeit schon thematisiert.

Aber schon jetzt lässt die Digitalisierung hoffen: Wo früher ein Kindermädchen oder die Großeltern helfen mussten, können sich Eltern ihre Arbeitszeit dank der entsprechenden Technologien deutlich besser einteilen - oder von zuhause aus arbeiten. Dass Mütter nur von acht bis zwölf arbeiten können, weil dann die Kinder aus der Schule kommen, ist überwiegend jetzt schon passé: E-Mail und Laptop sei Dank. Auch Teilzeitmodelle gibt es immer mehr. Allerdings arbeiten vor allem Frauen oft in Teilzeit und verdienen dadurch meist weniger.

Was bei Müttern und Vätern zu kurz kommt

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag die durchschnittliche Arbeitszeit von Frauen mit Kindern im Jahr 2013 bei 27 Stunden pro Woche. Frauen im Alter von 25 bis 49 Jahren, die zu Hause keinen Nachwuchs zu betreuen hatten, waren gut 37 Stunden berufstätig. Erwerbstätige Väter arbeiteten dagegen im Schnitt knapp 42 Stunden und damit sogar eine Stunde länger als Männer ohne Kind. Und: Teilzeitarbeit von Frauen gilt als ein Grund für die im Schnitt unverändert große Lohnkluft zwischen Frauen und Männern in Deutschland.


Teilzeit und Jobsharing

Es gibt jedoch auch Teilzeitmodelle, die sich sowohl auf dem Gehaltszettel als auch später bei der Rente besser machen, als der Vier-Stunden-Tag an der Supermarktkasse, den viele noch unter Teilzeit verstehen. Jobsharing hat gegenüber klassischer Teilzeit Vorteile und ist auch für Männer attraktiv. Das Prinzip geteiltes Gehalt, geteilte Stelle funktioniert überall da besonders gut, wo klassische Teilzeit an die Grenzen stößt, erklärt Jana Tepe, Geschäftsführerin von Tandemploy. Ihr Unternehmen vermittelt Jobsharer im Doppelpack an Unternehmen. "Das wird ganz viel auf Führungsebene gemacht, aber auch viel im IT-Bereich, im Marketing, im Vertrieb, im Projektmanagement", sagt sie.

Führen in Teilzeit ist jedoch weiterhin eine Ausnahmesituation. Es scheitert aber nicht an der Frage, ob Führungspositionen grundsätzlich teilzeitfähig sind, sondern vielmehr an der Machbarkeit, der technischen Umsetzung. "Viele Unternehmen, die Teilzeit oder Jobsharing anbieten, haben ein Problem mit dem Gleichgewicht: Vormittags sind oft zu viele Kräfte vor Ort, nachmittags zu wenige. Das Tagesgeschäft läuft aber kontinuierlich. Und dass die Vollzeitkräfte diese Mehrbelastungen dann auffangen, ist ungerecht", sagt Doris Mailänder, Geschäftsführerin der Personalberatung TreuenFels.

Hilfe, ein Roboter klaut meinen Job!

Arbeit löst sich nicht am Mittag auf

Die wiederholten Forderungen der Politik an die Wirtschaft helfen wenig. "Viele Unternehmen möchten, wie ihre Arbeitnehmer, gern flexibler sein, doch es fehlen tragfähige Strukturen. Gerade der deutsche Mittelstand braucht Hilfe", so Mailänder. Das Problem: "Wir leben in einer Morgengesellschaft, das lähmt die Flexibilisierung in Deutschland. Wenn etwa in Kitas und Schulen früh Wissen vermittelt und nachmittags gespielt wird, werden Eltern wohl kaum morgens daheim bleiben und nachmittags zur Arbeit kommen", sagt Mailänder. "Teilzeitarbeit sollte aber vor- und nachmittags machbar sein", fordert die Personal-Expertin. "Im Handel, im Gesundheitswesen oder bei Verkehrsbetrieben ist auch nicht mittags Schluss, die schichtweise Präsenz der Mitarbeiter ist dort ganz selbstverständlich. Doch statt die Erfolgsstrategien zu übertragen, haben es gerade Fach- und Führungskräfte anderer Branchen weiter schwer, in Teilzeit erfolgreich zu sein."

Dazu braucht es ein grundsätzliches Umdenken: "Klar erfordern flexible Jobmodelle partnerschaftliche Prinzipien und dass Kollegen gemeinsam Verantwortung tragen - aber auch, dass sie politisch mehr Druck machen", so Mailänder. Denn auch die Infrastruktur muss dazu passen. "Manche Unternehmen behelfen sich, indem sie selbst Ganztages-Kitas bauen oder Fortbildungen in den Abendstunden oder als Webinar anbieten. Doch das hilft nur punktuell."

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