
WirtschaftsWoche: Frau Evers-Wölk, vorneweg die grundsätzliche Frage: Wie erforschen Sie Zukunft?
Michaela Evers-Wölk: Wir erforschen Zukunft zunächst mithilfe wissenschaftlicher Mittel. Wir entwickeln Zukunftsbilder und versuchen, mögliche, wahrscheinliche und wünschbare zukünftige Entwicklungen zu definieren. Dies beinhaltet immer zwei Komponenten: eine analytische und in vielen Projekten zudem eine normative.
Wir richten den Blick auf die Gestaltung der Zukunft, indem wir mit Forschungs- und Beratungsprojekten herausfinden möchten, welche Werte und Ziele wir uns für die Zukunft wünschen. Dazu zählen Fragen wie: Was können wir tun, um diese Werte und Ziele zu erreichen? Oder in wirtschaftlichen Projekten: Was möchte ein wirtschaftlicher Verbund, welche Vorteile bieten sich in der kooperativen Zusammenarbeit? Hierbei vor allem im Bereich der Nachhaltigkeit, der Suche nach Lösungen, die ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig sind. Hier fragen wir zum Beispiel: Was wird angestrebt und wie können wir das mit Hilfe der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse umsetzen?
Michaela Evers-Wölk ist Projektleiterin am Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung. Neben ihrer Arbeit als Forschungsleiterin lehrt sie seit 2010 im Masterstudiengang "Zukunftsforschung" an der FU Berlin. Zu ihren Schwerpunkten zählen unter anderem Methoden der Zukunfts-, Innovations- und Technikfolgenforschung.
Was sind denn wahrscheinliche Zukunftsentwicklungen?
Wir arbeiten in der Zukunftsforschung des IZTs beispielsweise am Konzept der Megatrends. Der Begriff ist oft ein Ausgangspunkt für wissenschaftliche Analysen. Der Bereich der Digitalisierung ist ein solcher wichtiger Megatrend. Das bedeutet, dass er langfristig ausgerichtet und auch sehr wahrscheinlich ist.
Bricht man das herunter, landet man beispielsweise beim Internet der Dinge und Dienste. An den Megatrends ausgerichtet beschäftigen wir uns mit strukturellen Dingen und überlegen, was sie für soziale Praktiken oder auch für konkrete Branchen bedeuten. Anhand der verschiedenen Megatrends, etwa Digitalisierung und Technologisierung, dann Globalisierung und Internationalisierung, oder der Demografische Wandel, können wir von bestimmten Entwicklungen ausgehen. Anhand dieser wird überlegt, was das konkret für die Zukunft bedeutet.
Fünf Technik-Trends für 2015
Tragbare Technologien verkaufen sich bislang eher schleppend. Das von Experten bereits ausgerufene Smartwatch-Zeitalter lässt bislang auf sich warten. Wichtig für den Erfolg: Die smarten Uhren müssen dezent aussehen und qualitativ hochwertig sein. Das liefern längst nicht alle Geräte und auch die Armbanduhr Apple Watch, die im Frühjahr erscheint, ist nicht perfekt. Dank den Apple-Jüngern dürfte sie sich aber besser verkaufen als Konkurrenzmodelle. Ob das für den Durchbruch der Smartwatch ausreicht, bleibt abzuwarten. Schließlich gibt es sie schon seit 2013. Ob wir diese Technik überhaupt am Handgelenk tragen wollen, entscheidet sich wohl 2015.
Nahfunk-Technik NFC (Near Field Communication) ist praktisch, günstig und schon nutzbar, aber trotzdem greifen die Deutschen noch nicht zur mobilen Geldbörse. Egal welcher der bisherigen NFC-Bezahldienste – ob Mastercard, Paypal oder Telekom – keiner konnte die Verbraucher bisher überzeugen. Auch hier kommt Apple mit seinem „Apple Pay“ 2015 nach Europa. Aber auch hier gibt es viele Argumente, warum es in diesem Jahr ebenfalls nichts werden könnte, wie starkes Misstrauen der Verbraucher und zu wenig beteiligte Unternehmen.
Sie haben 2014 die Märkte geflutet, die Geschäfte erobert und die Verbraucher erreicht. Mittlerweile sind 3D-Drucker sogar geradezu preisgünstig und für den Eigengebrauch zu haben. Mit dem Preis scheint aber zugleich der Hype zu schwinden. 3D-Drucker könnten 2015 somit nicht nur ihren exklusiven Preis, sondern auch ihre Beliebtheit verlieren.
Sie könnten längst über unsere Häuserdächer fliegen – Amazon wäre begeistert, aber das dürfte noch lange dauern. Zivile Drohnen zu nutzen wäre problemlos möglich, aber unsere Regulierungen werden das so schnell nicht erlauben. Der Fahrdienst Uber ist das beste Beispiel, wie neue Ideen, die alte Regeln brechen, eher vor Gericht landen als dass sie Geld machen.
Wir bringen Technik in Objekte – das ist das Internet der Dinge, kurz gesagt. Schon 2014 war es ein riesiges Thema auf Tech-Konferenzen. Im Jahr 2015 dürfte es deutlich an Zuwachs gewinnen, aber wann es die Nutzer überzeugen wird, bleibt abzuwarten. Die Experten sind auf jeden Fall schon jetzt Feuer und Flamme.
Zum Beispiel im Bereich des Internets des Dinge: Dass Steuerungssysteme immer häufiger in Objekte übertragen werden und nicht nur das Internet of People umgesetzt wird, ist ein eindeutiger, langfristiger Entwicklungstrend. Wir können eigentlich immer nur Nuancen in den nächsten Jahren vorausschauen, aber jetzt ist das eine kontinuierliche Entwicklung. Das heißt, es ist ein klarer Zukunftstrend, dass die Steuerung zunehmend in Objekte geht. Man sieht es zum Teil schon im alltäglichen Bereich – wie etwa bei der elektrischen Zahnbürste, die mit dem Smartphone verknüpft werden kann.
Das sind nur sehr schmale Verknüpfungen, aber das lässt zumindest kurzfristig auf einem Markt schon einen Blick zu, was das Internet der Dinge bedeutet. Gleiches gilt für das mobile Wissen, das beispielsweise auf Veranstaltungen und großen Messen bereits nutzbar wird. Dort wird der Austausch von Wissen zwischen Menschen und zwischen Mensch und Maschine immer häufiger organisiert und damit sichtbar.