Einmal im Jahr zeichnet die WirtschaftsWoche zusammen mit KPMG besonders prägende Manager als Entscheidungsmacher des Jahres aus. Melissa Di Donato ist 2021 in der Kategorie „Digitalisierung“ nominiert.
Einen Börsengang in Deutschland vom Londoner Homeoffice aus dirigieren? Kein Problem für Melissa Di Donato. Mit dem Nürnberger Softwarespezialisten Suse hat die 48-jährige US-Amerikanerin im Mai dieses Jahres etwas erreicht, was noch keine Frau in Deutschland vor ihr geschafft hat: einen Milliardenbörsengang. Suse, gegründet 1992, Hauptsitz Nürnberg, ist ein Anbieter von Open-Source-Software auf Basis des Betriebssystems Linux.
Spätestens jetzt ist Melissa Di Donato in die vorderste Riege der Tech-CEOs aufgestiegen. Möglich wurde das, weil sie nicht nur selbst Software programmieren kann, eine versierte Vermarkterin ist und Suse so den Investoren näherbringen konnte. Sondern auch, weil sie ihre Karriere als Mission begreift: Sie will sich in einer Welt der Männer durchkämpfen, um anderen Frauen den Weg an die Spitze zu ebnen. Ihr Anspruch: „Ich möchte die Welt verändern, indem ich ein Vorbild bin, indem ich sichtbar bin – und indem ich Mädchen helfe, starke Frauen zu werden.“
Berufsziel: Diplomatin
Aufgewachsen ist sie in New York, ihre Eltern waren Einwanderer aus Italien. Eigentlich wollte sie Diplomatin werden, hatte sie doch in Washington, D.C., Russisch studiert, außerdem noch Italienisch, etwas Spanisch und Farsi gelernt. Doch dann machte der Dekan ihrer Uni sie auf ein deutsches Unternehmen aufmerksam: SAP. Deren Software lernte Di Donato im Praktikum bei Hewlett-Packard kennen, danach kam die Ausbildung zur SAP R/3-Entwicklerin. Nach Stationen bei Oracle und Salesforce warb der damalige SAP-Vorstand Bernd Leukert sie 2016 ab und begleitete sie während ihrer Anfangszeit als Mentor. Er erinnert sich heute an eine „hochmotivierte Führungskraft“: „Sie ist umsetzungsstark und trifft mutige Entscheidungen, ohne unnötige Zeit zu verlieren“, sagt Leukert, der heute im Vorstand der Deutschen Bank sitzt. „Beeindruckt hat mich immer ihr extremer Kundenfokus und die Art und Weise, wie sie ihr Team begeistert und mitnimmt.“
Seit 2019 ist Di Donato Chefin von Suse. Das Unternehmen soll in drei Geschäftsbereichen an Einfluss gewinnen. Das Hauptgeschäft sind Linux-Anwendungen für Unternehmen, die nach Angaben der Firmenchefin deshalb besser seien als die der Konkurrenz, weil Firmen die Anwendungen an jedes System andocken und auf ihre Bedürfnisse zuschneiden können. Mehr Freiheit, mehr Flexibilität, mehr Auswahl – die Suse-Produkte seien wandlungsfähig wie das Tier im Firmen-Logo: das Chamäleon.
Ein zweiter Schwerpunkt von Suse sind sogenannte Softwarecontainer. Die Technologie bietet ähnliche Vorteile wie Schiffscontainer. Weil diese normierte Größen haben, lässt sich der Platz, den sie auf Schiffen benötigen, leicht planen. Ähnlich ist es mit den Softwarecontainern: Software für Anwendungsprozesse wird dabei in Datencontainern gespeichert. Für einen Prozess werden nur die Dateien verwendet, die dafür wirklich gebraucht werden – nicht das komplette Betriebssystem. So kann die Entwicklung von Anwendungen erheblich beschleunigt werden.
Mit einer Übernahme hat sich Suse in diesem Bereich verstärkt: Mitte des vergangenen Jahres kaufte das Unternehmen die kalifornische Rancher Labs, einen Anbieter für das Open-Source-System Kubernetes, mit dessen Hilfe Softwarecontainersysteme verwaltet werden. Dritter Schwerpunkt von Suse ist das Edge Computing, mit dessen Hilfe Daten nicht im Rechenzentrum, sondern an Ort und Stelle verarbeitet werden. So werden schnellere Datenübertragungen möglich. Extrem wichtig ist das etwa beim autonomen Fahren. Edge Computing wird laut Suse bis 2024 um mehr als 50 Prozent wachsen „Wir schauen uns immer nach spannenden Firmen um, die wir übernehmen können“, sagt Di Donato.
Am 18. November wird der Entscheidungsmacher im Rahmen eines exklusiven Dinners in Frankfurt gekürt. Mehr über diese Veranstaltung und auch die Anmeldung finden Sie hier: https://anmeldung.me/enma/