Enthüllungen Menschliche Abgründe bei Microsoft

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Paul Allen Quelle: Lakeside School Archives

Ich war überaus glücklich und zufrieden mit meinem Leben. Ich kaufte mir ein kleines Segelboot und lud Musiker in mein Haus am Sammamish-See nahe Seattle ein, wo wir stundenlang Blues improvisierten. Und Bill machte sich öfter einen Spaß daraus, hier die Balustrade vom ersten Stock bis zur Küche im Erdgeschoss auf dem Bauch hinunterzurutschen. Jedes Mal rannte er die Treppe hinauf, so schnell er konnte, und rutschte auf dem Geländer herunter, bis er unten auf dem Parkett landete.

Eines Tages lieh er sich von einem unserer Mitarbeiter einen Porsche 928, geriet ins Schleudern und setzte auf. Die Reparaturen an dem Wagen, der nur knapp einem Totalschaden entgangen war, dauerten fast ein ganzes Jahr.

In dieser Zeit kassierte Bill so viele Strafzettel wegen zu schnellen Fahrens, dass er für seine Verteidigung den besten Anwalt in Sachen Verkehrsrecht engagieren musste, der im Staat Washington zu finden war.

Schließlich stieg er auf einen schwerfälligen Mercedes Turbodiesel um, damit ihm weiterer Ärger erspart blieb.

MS-DOS mit den IBM-Spezifikationen wurde Standard

Der PC von IBM war alles andere als perfekt. Er war teuer und sah seelenlos aus. Ungeachtet dessen war er aufgrund des damals leistungsstärksten Prozessors, seiner Tastatur der Spitzenklasse und der zuverlässigen Diskettenlaufwerke der beste Personal Computer, den es in dieser Zeit zu kaufen gab. IBM hatte eine Verkaufsprognose von rund 250 000 Stück innerhalb von fünf Jahren erstellt. Sie hatten sich ganz schön verrechnet: Am Ende waren es 2,5 Millionen.

Fast jeder, der mit einer elektrischen Schreibmaschine umgehen konnte, traute sich zu, auch mit einem Personal Computer zurechtzukommen. MS-DOS in Verbindung mit den IBM-Spezifikationen wurde zum Standard. Nur Apple überlebte in einer hochpreisigen Nische des amerikanischen Marktes und sicherte sich einen Marktanteil um die zehn Prozent.

Steve Jobs rastet aus

Vor DOS war Microsoft für die Computerwelt ein bedeutendes Softwareunternehmen. Nach DOS war Microsoft ein unverzichtbares Softwareunternehmen.

Lektion in Demütigung

Anfang 1982 lud Apple-Chef Steve Jobs Bill und mich zu einem Testlauf des Macintosh ein. Jobs hatte den Mac schon damals als Computer angepriesen, der so einfach zu bedienen sei, dass sogar seine Mutter spielend damit zurechtkäme. Dummerweise zeigte sich der Macintosh-Prototyp, der uns an jenem Tag vorgeführt wurde, nicht von seiner besten Seite. Nachdem er hochgefahren war, fror der Bildschirm etwa eine Minute ein. Jobs war erbost – Ärger und Frust waren ihm ins Gesicht geschrieben: „Verdammte Scheiße, was soll das?“, schnauzte er seinen Entwickler Andy Hertzfeld an, der vermutlich die ganze Nacht noch daran gesessen hatte. „Die beiden sind extra hergekommen, weil sie dieses Ding sehen wollen, und das ist das Beste, was wir zu bieten haben?“

Jobs schimpfte munter weiter, während Bill und ich Blicke austauschten und uns äußerst unwohl fühlten. Mir kam das vor wie eine Lektion in Demütigung. Wir konnten nicht glauben, dass Jobs einen Untergebenen im Beisein von zwei Außenstehenden niedermachen würde.

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