Ernährung Pommes frites aus dem Ultraschallbad

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Bei etlichen Zubereitungsarten bleibt kaum ein Stein auf dem anderen, andere Grundpfeiler der Kochkunst wiederum werden durch Myhrvolds Untersuchungen bestätigt. Aber darum geht es ihm nicht in erster Linie. Im Gegenteil. Myhrvolds Blick ist in die Zukunft gerichtet, den Titel „Modernist Cuisine“ hat er mit Bedacht gewählt. Es liegt ihm daran, allen Interessierten die nötigen Grundlagen mitzugeben, um selber kreativ zu werden. Die Tabellen mit grammgenauen Angaben zu allen Zubereitungen sollen zum einen die Erfahrung ersetzen, die sonst mühsam von Eltern auf ihre Kinder oder von Lehrmeistern auf Lehrlinge weitergegeben werden, zum anderen neugierige Köche in die Lage versetzen, Kreativität zu planen, statt mit ihr zu experimentieren. Ein Spaß, den sich angesichts des Preises von 399 Euro, für den das Kompendium in Deutschland im Taschen-Verlag erscheint, wohl nur die wenigsten Menschen gönnen. „Ich habe das Buch nicht gemacht, um damit Geld zu verdienen“, sagt Myhrvold. Dass in den USA, wo das Buch bereits im Frühjahr in den Handel kam, 6000 Stück verkauft wurden, ist sicher ein Erfolg, wie viel der Kosten, über deren Höhe er sich ausschweigt, damit gedeckt sind, kann man nur rätseln.

Doppelmoral

Mancher Leser wird sich an Myhrvolds recht unbefangener Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen stören, ebenso wie Weinkenner an seinem Tipp, Rotweine, statt zu dekantieren, einfach im Standmixer mit der nötigen Luft zu versehen. Mittel zum Gelieren oder Eindicken, wie sie in der Lebensmittelindustrie verwendet werden, sind für ihn sogar bewährte Produkte. „Diese Stoffe sind viel öfter getestet worden als natürliche Zutaten. Sie sind sicher“, sagt der Physiker, der den Begriff „natürliches Essen“ nur mit einer Grillzange anfassen mag. „Nudeln – ein verarbeitetes Produkt.“  Wer nicht gerade sein Gemüse roh essen will, bewegt sich im Moment des Kochens bereits fort vom naturreinen Pfad. „Den Menschen ist unwohl bei dem Gedanken an Zusatzstoffen in ihrem Joghurt, sie machen sich aber keine Gedanken über das Backpulver in ihrem Kuchen“, beschwert er sich über die doppelte Moral vieler Käufer.

Butter auf' s Brot!

Welche Art von Ernährung gesünder sei als andere, ist für Myhrvold noch nicht endgültig geklärt. Vor seinem Publikum in Main zitiert er mit Freude Langfriststudien aus den USA, die zeigen, dass Frauen, die Margarine der Butter bevorzugen, eine geringere Lebenserwartung haben.

Aus Sicht des Naturwissenschaftlers führt beim Grillen auch kein Weg an der Holzkohle vorbei. Erst die Rauchschwaden von herabtropfenden Fetten und Fleischsäften würden das Steak aromatisieren und so den echten Barbecue-Geschmack erzeugen. Wer Angst vor Krebs durch Rauchentwicklung hat, muss darauf verzichten. Für kaum weniger Streitereien könnten Myhrvolds Erläuterungen zum Thema Kochkunst und Revolution gut sein.

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