Flugverkehr Ökoflieger vor dem Boom

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Algen: Öko-Kraftstoff der Quelle: dpa

Auch die Bauweise der Flieger bietet – allerdings eher langfristig – beträchtliches Sprit-Sparpotenzial. Ende Mai haben Forscher der britischen Universität Warwick gezeigt, dass Hunderttausende kleine Löcher auf den Tragflächen den Reibungswiderstand um bis zu 40 Prozent und damit den Treibstoffverbrauch um 20 Prozent reduzieren können.

Die meisten dieser Technologien können Flugzeughersteller nicht in ihre aktuellen Produktreihen einbauen. Sie erfordern so große Veränderungen, dass fast der ganze Flieger neu konstruiert werden muss. Diese Milliardeninvestitionen lohnen sich aber nur, wenn das neue Flugzeug rund 20 Prozent niedrigere Betriebskosten hat. Das ist jedoch nicht in Sicht – und bringt die Flugbranche in ein Klima-Dilemma. Denn weil die Einsparungen durch technischen Fortschritt im Schnitt nur bei 1,5 Prozent pro Jahr lagen, der Verkehr jedoch mit fünf Prozent wuchs, produzierte die Branche immer mehr Treibhausgase.

Biologische Kraftstoffe zählen deshalb zu den wichtigsten Hoffnungsträgern. Zwar werden auch sie verbrannt. Doch weil sie aus Pflanzen gewonnen werden, die beim Wachsen Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen, entsteht bei der Verbrennung im Vergleich zu heute verwendeten Treibstoffen nur ein Fünftel der Menge an Treibhausgasen. Zudem hat Öko-Sprit eine höhere Energiedichte als Kerosin, sodass die Flieger pro zehn Prozent Biosprit im Tank etwa 0,3 Prozent weniger Kraftstoff verbrauchen. Für Langstrecken müssen Flugzeuge weniger Kerosin tanken, werden so leichter, was wiederum den Verbrauch senkt. „Sie bringen die schnellste Entlastung, denn sie sind bereits verfügbar, schrittweise zumischbar und in allen Flugzeugen einsetzbar – sogar in uralten B-52-Bombern“, sagt Großbongardt.

SInd Algen der Treibstoff der Zukunft?

Die Favoriten unter den Öko-Kraftstoffen sind das Öl der Purgiernuss (Jatropha) und vor allem Algen: Das kalifornische Unternehmen Solazyme stellte im vergangenen Herbst den ersten aus Wasserpflanzen hergestellten Jet-Treibstoff vor, der die Anforderungen der Flugzeughersteller erfüllt. „Wahrscheinlich kann man mit einer Algenfarm von der Größe Belgiens die gesamte Weltluftfahrt mit Flugzeugbenzin versorgen“, sagt Boeing-Umweltchef Billy Glover.

Erste Testflüge hat es jedenfalls schon gegeben. Im Januar 2009 setzte eine Maschine der Continental Airlines ein Gemisch aus klassischem Kerosin und Jatropha-Öl ein, dem auch sechs Prozent Algen-Treibstoff beigemischt wurden. Noch ist allerdings Forschungsarbeit nötig: Die Treibstoffausbeute soll durch Züchtung oder gentechnische Eingriffe höher werden, unerwünschte Nebenstoffe wie Sauerstoff entfernt werden. „Die erste kommerzielle Nutzung von Biosprit kann es frühestens in drei Jahren geben“, glaubt Glover.

Doch dann kann es sehr schnell gehen, glaubt etwa British-Airways-Chef Willie Walsh: „Bis 2017 wird der Anteil von Biosprit in unseren Tanks bei zehn Prozent liegen.“

Die Fortschritte beim Biosprit sind zwar enorm. Dennoch fühlen sich die Fluglinien-Manager von den Ölkonzernen und den Regierungen allein gelassen. Einerseits werden ständig die Regeln verschärft, andererseits werde aber zu wenig Geld in die Erforschung alternativer Treibstoffe gesteckt. „Hier sollten die Regierungen endlich einen Teil der vielen Milliarden investieren, die sie uns im Namen der Umwelt abknöpfen und für andere Dinge verwenden“, schimpft Iata-Chef Bisignani.

Dann wäre die Flugbranche eines Tages vielleicht wirklich vom Schmuddelimage des Klimaschädlings befreit.

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