Captain Picard kann auch im Weltall jederzeit einen frisch gebratenen Wels zum Abendessen verzehren. Auf seinem Raumschiff Enterprise in der Science-Fiction-Saga "Star Trek" sorgt dafür der sogenannte "Replikator" in der Kombüse.
Fiktive Spinnereien wie diese waren in der Vergangenheit schon oft Inspiration für die Wissenschaft – ganz gleich, ob es um die Fernbedienung, das Smartphone oder Hologramme geht. Mittlerweile arbeiten Forschungsteams aus aller Welt intensiv daran, Essen künstlich zu schaffen. Dabei setzten sich derzeit vor allem 3D-Druck-Verfahren durch, wie sie aus dem Maschinenbau bekannt sind.
Führend in Europa ist das Team um Kjeld van Bommel an der TNO, einer niederländischen Organisation für angewandte naturwissenschaftliche Forschung mit Sitz in Delft. Van Bommel ist davon überzeugt, dass der 3D-Drucker die Welt der Lebensmittel revolutionieren wird. Die Möglichkeiten für solches Fun-Food seien unendlich, glaubt der Wissenschaftler. „Ich würde gerne Gerichte erfinden, die es noch gar nicht gibt. Nahrungsmittel, die uns die neue Technologie überhaupt erst ermöglicht“, sagt van Bommel auf einem TED Talk.
Hype um die Drucker-Nahrung
„Derzeit entsteht durch viele Pressemitteilungen einzelner Firmen ein regelrechter Hype um das Thema. Dabei stehen wir noch ganz am Anfang“, glaubt Philipp Urban. Es würde noch Jahre dauern, ehe eine komplette Mahlzeit aus dem 3D-Drucker kommt. Neben dem Tempo, scheitern die Geräte seiner Meinung nach vor allem noch an der Präzision. „Derzeit wird vor allem an der Genauigkeit der Extruder-Verfahren im 3D-Lebensmitteldruck gearbeitet. Die 3D-Drucker arbeiten noch lange nicht so präzise, wie wir es von den Geräten aus der Industrie gewohnt sind“, sagt Urban.
Kjeld van Bommel ist da um einiges optimistischer. Die Niederländer wollen bereits 2015 Pflegeheime mit voll funktionsfähigen Foodprintern ausstatten. Den Plänen zufolge sollen die Drucker pro Minute ein Gericht erzeugen, das „vor allem für Patienten mit Kau - und Schluckproblemen interessant ist“. Bis Ende dieses Jahres wird das Projekt noch von der EU mitfinanziert.
Das Drucken von Essen funktioniert im Wesentlichen wie auch das 3D-Printing in der Industrie. Am PC wird die gewünschte Form designt und dann ein Programm mit den Informationen an den Drucker geschickt. Dieser schafft dann Schicht für Schicht aus ganz unterschiedlichen Materialien das Produkt. Die Experten nennen das Vorgehen „additiv“. „Und dabei wird nicht immer nur gedruckt“, erklärt van Bommel. Es gibt ganz unterschiedliche Ansätze, die Lebensmittel auf den Teller zaubern.
Die am weitesten verbreitete ist die Extruder-Methode. „Das Extruder-Verfahren funktioniert wie die Teig-Düse von Oma“, erklärt Philipp Urban, Leiter der Abteilung „3D-Druck-Technologie“ am Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung. Dabei wird das gewünschte Material durch eine Vorrichtung gepresst und so Schicht für Schicht aufgetragen. So entsteht langsam eine dreidimensionale Figur. Anfangs wurde diese Methode zum Beispiel zum Drucken von Fotos auf Torten oder anderen Lebensmitteln angewandt. Mittlerweile drucken die Maschinen in die Höhe.
Interessenten gibt es bereits
„Ein weiteres Verfahren ist das Selective Laser Sintering, das auch aus dem Maschinenbau bekannt ist“, sagt Urban. Dabei wird mit Hilfe eines Lasers ein Lebensmittelpulver Schicht für Schicht zusammengeschmolzen. So wächst aus dem Pulverberg langsam aber sicher ein dreidimensionales Gebilde.
Sehr delikat klingt das für Feinschmecker-Ohren nicht, aber Interessenten gibt es dennoch. Vor allem Unternehmen aus den Bereichen Gesundheit und Lebensmitteldesign sind an der Technologie interessiert. Beiden Branchen geht es um die Erstellung personalisierten Essens. „Personalisierte Foodprinter können genau die Lebensmittel produzieren, die für eine bestimmte Zielgruppe passend sind“, sagt van Bommel. So brauchen alte Menschen andere Nährstoffe als Säuglinge, schwangere Frauen andere als Hochleistungssportler.
Gleichzeitig entstehen durch die neuen Druckmethoden komplett neue Formen, die ein Design erlauben, wie es bisher unvorstellbar war. „Beim 3D-Lebensmitteldruck geht es zurzeit vor allem um die Ästhetik“, sagt Philipp Urban vom Fraunhofer-Institut. Einige Unternehmen arbeiten schon intensiv mit dieser Technologie.
Pasta, Pizza, Schokolade
Gemeinsam mit Kjeld van Bommel und seinem Team entwickelt der italienische Lebensmittelkonzern Barilla gerade einen 3D-Drucker für Pasta. Die Geräte sollen an Restaurants verkauft werden, um auf Knopfdruck individuelle Nudelsorten zu produzieren. Barilla würde ebenfalls die entsprechenden Teigpatronen an die Gastronomie verkaufen. So könnten die Köche ganz individuelle Nudeln entwickeln – zum Beispiel in Form einer Rose für ein Hochzeitsmenü. Dabei verfolgt Barilla das Ziel, 15 bis 20 Nudeln binnen 20 Minuten drucken zu können. Noch arbeiten die Niederländer daran.
Tatsächlich ist nicht die Technologie oder das Material die Hauptherausforderung bei der Lebensmittelproduktion per Druck. Die wirkliche Hürde ist das Tempo. „Der Hauptkostenfaktor ist derzeit die Zeit. Die Drucker arbeiten sehr langsam“, sagt Wissenschaftler Philipp Urban. Angeblich ist es inzwischen sogar schon möglich einen Cheseburger zu drucken. Er würde aufgrund der langen Zubereitungszeit jedoch etwa 250.000 Dollar kosten, rechnete das Magazin Arte einmal in einem Beitrag zu dem Thema vor. Und ein amerikanisches Designer-Ehepaar druckt derzeit schon geometrische Gebilde aus Zucker für Konditoreien und Hochzeitsplaner. Doch auch die Kreationen von "The Sugar Lab" kosten derzeit noch bis zu tausend Dollar.
Der Student Marko Manriquez von der New York University hat für seine Abschlussarbeit einen Burrito-Drucker entwickelt. Nicht nur den Teigfladen druckt die Maschine aus, über eine weitere Düse wird sogar die Soße beigefügt, deren Schärfe der Konsument kurz vor selbst einstellen kann. Tatsächlich lassen sich über den Einsatz unterschiedlicher Aufsätze und dazugehöriger Zutatenpatronen auch komplexere Gerichte erstellen – sofern die Zutaten durch die Düse des Extruder-Druckers passen.
Genießbare Mahlzeiten aus Proteinpulver
Das renommierte Massachusetts Institute of Technlology (MIT) strebt sogar die komplette Produktion – also auch den Gar-Prozess – mit dem 3D-Drucker an. Dabei soll beim Platzieren mit dem Extruderkopf die Lebensmittelpaste direkt erhitzt werden.
Ein konkretes Produkt hat die Firma Natural Machines mit dem Drucker Foodini auf den Weg gebracht. Bei Markteinführung soll das Gerät für etwa 1000 Euro erhältlich sein. Zielgruppe sind sowohl gastronomische Einrichtungen als auch Privathaushalte. Dabei sollen sich die Nutzer einfach ein Rezept aus einer Onlinedatenbank aussuchen (oder ein eigenes kreieren) und dann per Internet die Daten an den Drucker schicken. Der übernimmt dann die Zubereitung.
An der Spitze des Foodprint-Fortschritts marschiert auch die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa. Sie hat erst im vergangenen Jahr mit dem texanischen Unternehmen Systems & Materials Research Corporation für die Entwicklung eines 3D-Druckers zusammengearbeitet. Die Maschine soll aus Proteinpulver genießbare Mahlzeiten machen. Das Protein selbst will Unternehmenschef Anjan Contractor unter anderem aus Insekten gewinnen. Der Nachrichtenseite Quartz sagte er: „Unser Ziel ist es, alle Kohlenhydrate, Proteine sowie Makro- und Mikro-Nährstoffe in Pulverform bereit zu stellen. Wir entziehen ihnen die Feuchtigkeit und so wären sie vielleicht 30 Jahre genießbar.“
Ein mögliches Gericht: Eine Pizza aus dem Drucker, die dann nur noch zum Überbacken in den Ofen muss. Tatsächlich arbeitet die Nasa inzwischen nicht nur an dieser Technologie, sondern sogar an Lösungen, für den 3D-Druck in der Schwerelosigkeit. Damit könnten sich Astronauten bei ihrem Missionen im All per Knopfdruck selbst ernähren – wie Captain Picard auf der Enterprise.