600 km/h in der Röhre Deutsche Hyperloop-Gewinner peilen neuen Weltrekord an

Drei Mal in Folge ging das Team der TU München (TUM) als Sieger aus Elon Musks „SpaceX Hyperloop Pod Competition“ hervor Quelle: TUM Hyperloop Team

Drei Mal in Folge haben Studenten der TU München den Hyperloop-Wettbewerb von Elon Musk gewonnen. Das vierte Fahrzeug soll nun sogar 600 km/h schaffen – und den Münchnern den vierten Sieg bescheren.

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Acht Kilogramm leichter – und ein fast doppelt so starker Motor: Das sind die wichtigsten Kennziffern des neuen Prototyps, an dem Florian Janke mit seinen 50 Kollegen seit einem halben Jahr hinter verschlossenen Türen tüftelt. Das Team der TU München hat sich nicht weniger vorgenommen, als die Art und Weise, wie wir von einem Ort an den anderen kommen, grundlegend zu verändern. Mitte Juli wollen sie damit im kalifornischen Hawthorne am Hauptsitz der Raumfahrtfirma SpaceX an einem Wettbewerb teilnehmen, den Elon Musk ausgerufen hat.

Dessen Vision erinnert dabei stark an Science-Fiction: Eine Tunnelröhre mit Fast-Vakuum, durch das Menschen in speziellen Kapseln mit einer Geschwindigkeit von 1200 Kilometern pro Stunde sausen – diese Idee vom Hyperloop hat der Tesla- und SpaceX-Gründer Musk im Jahr 2013 präsentiert, um damit den Personentransport zu revolutionieren.

Damit seine zunächst abgedreht daherkommende Vorstellung irgendwann Realität werden kann, richtet Musk seit 2017 einen Hyperloop-Wettbewerb in den USA aus, an dem Studenten rund um den Globus mit eigenen Ideen für Antriebsfahrzeuge und Motoren teilnehmen. Im vergangenen Jahr siegte hier das Team der Münchner mit einem Geschwindigkeits-Weltrekord von 467 Kilometern pro Stunde.

Der neue Prototyp, den die Münchner seit Dezember geplant, entworfen, gebaut und nun in München präsentiert haben, wiegt rund 70 Kilogramm. Zudem kommen die acht Elektromotoren der Hyperloopkapsel auf eine kombinierte Leistung von 320 Kilowatt – oder umgerechnet 435 PS, fast doppelt so viel wie im Vorjahr.

„Ich glaube, wir können eine Geschwindigkeit von 600 Kilometern pro Stunde schaffen – und es ist wahrscheinlich, dass wir in dem Hyperloop-Wettbewerb damit auch erneut siegen werden“, gibt sich Florian Janke selbstbewusst. Er war der Projektleiter des siegreichen Teams im Vorjahr und ist jetzt Vorstand in dem neugegründeten Verein namens Next Protoypes, in dem die Münchner Studenten ihr Engagement in diversen Wettbewerben bündeln, darunter auch dem von Elon Musk.

Drei Mal in Folge hat das Team der TU München den von Musk initiierten Wettbewerb bereits gewonnen; Mitte Juli wollen sie ihren Titel verteidigen – und peilen dabei einen neuen Weltrekord an. „Die Geschwindigkeit unseres letztjährigen Fahrzeugs war gut – aber wir wollten eigentlich damals schon 600 Kilometer pro Stunde schaffen“, sagt Janke.

Denn schon 2018 sei die Leistung der acht Elektromotoren des Fahrzeugs auf dieses Ziel ausgelegt gewesen. „Uns ist am Ende aber die Zeit zum Testen ausgegangen, daher haben wir die Probleme bei der Steuerung nicht erkannt“, erläutert Janke. Aus diesem Grund konnten die Münchner die Leistung ihres letztjährigen Gefährts nicht komplett ausfahren.

Ganz anders beim vierten Hyperloop-Fahrzeug, das die Studenten jüngst in München vorgestellt haben. „Das vergangene Jahr war eine Revolution, dieses Jahr haben wir auf Evolution gesetzt“, sagt Janke. Das bedeutet: Während die Studenten im vergangenen Jahr ihren Antrieb noch komplett neu gebaut hatten, ging es dieses Mal vor allem um Verbesserungen im Detail. Dazu haben die Tüftler alle Fahrt- und Motor-Daten des letztjährigen Wettbewerbs ausgewertet. „So konnten wir Fehler ausmerzen und das Fahrzeug insgesamt perfektionieren“, so Janke.

Wichtigster Grund für seine Siegesgewissheit: Die meisten Konkurrenzteams hätten in diesem Jahr das erfolgreiche Konzept der TU München von 2018 kopiert – ihnen fehle dadurch aber auch ein Jahr an Erfahrung. „Wir dagegen wissen bereits, welche Probleme auftreten können“, erzählt Janke.

Hyperloop-Showdown in Los Angeles

Damit arbeitet das TU-München-Team ganz im Sinne von Musk. Weil der sich als Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla und des Raumfahrt-Pioniers SpaceX mehr als ausgelastet empfand, machte er seine Idee öffentlich und gab sie zur Entwicklung frei. Seitdem arbeiten diverse Unternehmen und Projektteams weltweit an Forschung und Entwicklung rund um den Hyperloop, gewissermaßen im Wettbewerb untereinander.

So wie etwa das niederländische Start-up Hardt Hyperloop, eine Ausgründung der Technischen Universität Delft. Das im Jahr 2017 gegründete Unternehmen will den Hyperloop in Europa entwickeln und kooperiert dafür mit einem Konsortium, in dem unter anderem auch die Deutsche-Bahn-Tochter DB Engineering & Consulting sowie Continental vertreten sind. Zudem betreibt Hardt eine eigene Hyperloop-Testanlage, „die einzige funktionierende Anlage in Europa, auf der man Tests mit dem Gewicht von Menschen simulieren kann, das ist enorm wichtig“, sagt Hardt-Marketingchef Jelte Altena.

Am Donnerstag wollte Hardt auf einer großen Veranstaltung in Delft zeigen, welche Entwicklungen das Start-up in den vergangenen zwei Jahren vorangetrieben hat – und welche Pläne das Konsortium für die nächste Phase hat. Allzu viel verraten mochte Chef-Marketier Altena vorab nicht – aber immerhin so viel: „Wir wollen bis zum Jahr 2028 die erste kommerziell betriebene Hyperloop in Europa betreiben – das ist unser großes Ziel.“

Der neue Prototyp, den die Münchner seit Dezember geplant, entworfen, gebaut und nun in München präsentiert haben, wiegt rund 70 Kilogramm. Zudem kommen die acht Elektromotoren der Hyperloopkapsel auf eine kombinierte Leistung von 320 Kilowatt – oder umgerechnet 435 PS, fast doppelt so viel wie im Vorjahr. Quelle: TUM Hyperloop Team

Dass ein Hyperloop-Projekt auch ohne die Unterstützung von Musk funktionieren kann, beweist die Firma TransPod, die im zentralfranzösischen Dorf Droux eine eigene Teststrecke für die superschnelle Magnetschwebebahn in der Vakuumröhre baut. Und Deutschlands größter Hafen HHLA in Hamburg hat kürzlich ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem von Musk unabhängigen US-Unternehmen Hyperloop Transportation Technologies (HTT) gegründet. Die Partner bauen eine Pilotstrecke am Containerterminal Altenwerder, um die Hyperloop-Nutzung in der Logistik zu testen.

Irgendwann ein eigenes Hyperloop-Start-up zu gründen kann sich auch Florian Janke vorstellen – allerdings noch nicht jetzt: „Ich sowie viele meiner Projet-Kommilitonen befinden uns am Ende unseres jeweiligen Studiums, das wollen wir erst einmal fertig machen“, beteuert Janke. „Auf einem Zeithorizont von ein bis zwei Jahren ist eine Ausgründung aber nicht ausgeschlossen.“

Bis dahin will Janke aber nicht nur sein Maschinenbau-Studium erfolgreich abschließen, sondern erst einmal seinen eigenen Hyperloop-Weltrekord brechen: Bereits Anfang der kommenden Woche fliegen die ersten 15 Kollegen des Münchner Teams in die USA, dann beginnt die Testwoche. Am 21. Juli kommt’s dann zum Showdown mit den Uni-Rivalen im Hyperloop-SpaceX-Wettbewerb. Janke gibt sich zuversichtlich: „Allein mit den Tests sind wir in diesem Jahr viel weiter und besser dran als 2018.“

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