Petunien waren die ersten Opfer. Als Forscher vom Kölner Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung (MPIPZ) im Frühsommer 1990 gut 30.000 Exemplare dieser lachsroten, weil gentechnisch veränderten Balkonpflanzen unter freiem Himmel anbauten, erkoren Gentechnikgegner Köln zu ihrem Lieblingsziel: Mehrfach buddelten sie die Blumen aus und verwüsteten Versuchsfelder.
Keinen Deut besser erging es in den Jahren danach Kartoffeln, Zuckerrüben und Mais in Deutschland, wenn Forscher deren Erbgut verändert hatten. Daneben demonstrierten Verbraucher und Umweltschutzverbände auf legale Weise ihren Unmut. Und auch Politiker wie die ehemalige CSU-Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner stellten sich gegen Gentechnik auf dem Teller.
So viel ist klar: Die meisten Deutschen und Europäer wollen (siehe Grafik unten) die vermeintlich beängstigenden Biotech-Produkte nicht haben. Auch wenn Beweise für konkrete Gefahren fehlen, ist den meisten Menschen nicht geheuer, wie Forscher munter Erbanlagen aus dem einen Organismus in den nächsten bugsieren – etwa Quallengene im Weizen.
International abgeschlagen
Die Folgen dieser Ablehnung reichen aber viel weiter als die Frage, ob eine Sorte Kartoffeln mehr oder weniger auf den Märkten landet: Die Freiheit zum Verbraucherwiderstand bremste die Freiheit der Forscher aus. Diffuse Ängste auf der einen und Unfähigkeit zur Kommunikation in Teilen der Industrie auf der anderen Seite ramponierten den Forschungsstandort Deutschland.
Waren gerade die Kölner Forscher in den Achtzigerjahren weltweit hoch angesehen, weil sie viele der Methoden zum Verschieben der Gene entwickelten, ist Deutschland durch die Ablehnung der Verbraucher und strenge Gentechnikgesetze bei der Forschung heute abgeschlagen. Die industrielle Forschung bei der Pflanzenbiotechnologie ist sogar fast ganz gestoppt.
Während Vertreter der sogenannten „roten“, der medizinischen Biotechnologie mit hochwirksamen Gentech-Medikamenten etwa gegen Krebs Ängste der Verbraucher verscheuchen konnten, ist das den „grünen“ Forschern mit ihren genoptimierten Gewächsen nie gelungen. Als Folge davon haben die großen Agrarchemiekonzerne Bayer und BASF ihre Entwicklungsaktivitäten in Sachen grüner Gentechnik komplett ins Ausland verlegt.
Transgene Pflanzen sind nun in Deutschland tabu – sowohl an den BASF-Standorten Limburgerhof und Gatersleben als auch auf dem 200 Hektar großen Bayer-Versuchsgut Laacher Hof bei Monheim. Mehr als 100 Stellen verlegte die BASF Plant Science (BPS) Anfang 2012 in die USA und ins benachbarte Belgien nach Gent, zusammen mit Forschungssummen von jährlich rund 150 Millionen Euro.