




Die Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben sich nach langen Debatten am Pfingstmontag auf einen globalen Aktionsplan für den Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen verständigt. Ziel sei es, eine wirksame Behandlung und Vorbeugung bakterieller Infektionen durch effektive und sichere Medikamente auch weiter gewährleisten zu können, erklärte die Organisation.
Eine entsprechende Resolution wurde vom zuständigen Komitee der gegenwärtig in Genf tagenden Weltgesundheitsversammlung verabschiedet, dem höchsten Beschlussorgan der WHO. Sie muss noch zum Abschluss der Konferenz am Dienstag im Plenum abgesegnet werden, was jedoch als wahrscheinlich gilt. An die 194 Mitgliedstaaten ergeht damit der Aufruf, die Ziele des Aktionsplans innerhalb von zwei Jahren in nationale Strategien gegen Antibiotika-Resistenzen umzusetzen.
Wie man Antibiotika richtig einsetzt
Bakterien verändern sich ständig, um sich an wandelnde Umweltbedingungen anzupassen. Kleine Variationen im Erbgut, die Mutationen, verschaffen manchen Mikroben einen Überlebensvorteil. Sie vermehren sich daraufhin stärker als ihre übrigen Artgenossen. Dieses Grundprinzip der Evolution hilft auch Krankheitserregern, sich gegen Antibiotika zu wehren, etwa indem sie Wirkstoffe zerstören, bevor sie ihnen gefährlich werden. Doch man kann es den Keimen schwerer machen, diese Resistenzen zu bilden, wenn einige Dinge beachtet werden.
Auch wenn es banal klingt – nur wenn ein Bakterium mit einem Antibiotikum in Kontakt kommt, bringt ihm eine Resistenz einen Überlebensvorteil. Daher sollten Mediziner die Mittel nur dann verordnen, wenn es aus medizinischen Gründen wirklich erforderlich ist. Doch noch immer setzen sie Antibiotika viel zu lax und häufig ein. Sogar dort, wo sie gar nicht wirken: etwa bei Erkältungen. Die werden meist von Viren verursacht, gegen die jedes Antibiotikum machtlos ist. Erste Schnelltests für Hausärzte gibt es schon, die zwischen Viren oder Bakterien unterscheiden.
Verordnet ein Arzt ein Antibiotikum, darf es nicht zu niedrig dosiert oder die Behandlung zu früh abgebrochen werden. Sonst überleben genau jene Keime, die Abwehrstrategien entwickelt haben. Sie geben die Resistenzen dann an ihre Nachkommen weiter.
Krankenhäuser sind ein Paradies für Keime: Die vielen vorkommenden Erreger können Resistenzgene austauschen; alte, immungeschwächte Patienten bringen neue Keime ins Haus, jede Operation eröffnet den Erregern ideale Einflugschneisen in den Körper. Deshalb ist penible Hygiene und Desinfektion in Kliniken extrem wichtig.
Jedes Jahr sterben laut WHO rund 700.000 Menschen an den Folgen einer Antibiotika-Resistenz, in Deutschland sind es mindestens 10.000. Der Aktionsplan fordert unter anderem bessere Hygienemaßnahmen in Krankenhäusern, um dort Infektionen mit resistenten und daher lebensbedrohlichen Keimen zu verhindern.
Auch solle die Gefahr vor Resistenzen in der Ausbildung von Medizinern und Landwirten als zentrales Thema behandelt werden. In der Humanmedizin sowie in der Viehzucht würden Antibiotika häufig ohne eindeutige Diagnose verschrieben, zudem seien solche Mittel vielerorts rezeptfrei erhältlich, kritisieren WHO-Experten. In Viehzuchtbetrieben würden sie nicht selten als Wachstumsförderer missbraucht.





Einige Länder hätten zwar Richtlinien, die den Einsatz antimikrobieller Substanzen regulieren. Diese seien aber teilweise unzureichend und würden oft kaum durchgesetzt, erklärte die WHO. Sie bemängelt zudem, dass die Pharmaindustrie weniger in die Entwicklung neuer Antibiotika investiere als in Medikamente, die höhere Gewinne versprechen.
Dies sei ein „gravierendes Marktversagen“, das die Staaten korrigieren müssten. Möglichkeiten dazu böten öffentlich-private Partnerschaften zur Forschungsförderung sowie zur Entwicklung alternativer Therapiemethoden und einer besseren Diagnostik. Der Plan zielt auch darauf ab, dass Antibiotika für Entwicklungsländer bezahlbar bleiben beziehungsweise werden und diese finanzielle und technische Unterstützung erhalten. Nötig sei zudem, die Ausbreitung multiresistenter Keime effektiver und koordinierter zu überwachen.
Die Bundesregierung hatte am 13. Mai die neue Deutsche Antibiotika-Resistenz-Strategie (DART 2020) verabschiedet. Sie will damit künftig schärfer gegen den Missbrauch von Antibiotika und die Ausbreitung gefährlicher Keime vorgehen - national wie international. Deutschland setze sich aktiv dafür ein, die weltweite Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen zu stoppen, erklärte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zum Auftakt bei der Weltgesundheitsversammlung vor einer Woche.
Antibiotika haben den Kampf gegen bakterielle Krankheiten revolutioniert, die zuvor oft tödlich endeten. Doch durch übermäßige und oft unsachgemäße Nutzung entwickeln Bakterien und andere Mikroorganismen immer mehr Widerstandskraft gegen antibiotisch wirkende Medikamente wie zum Beispiel das Penizillin. Sie wirken dadurch schlechter oder im Extremfall überhaupt nicht mehr.