Bitter, aber trendig Wie 170 Jahre altes Bier vom Meeresgrund schmecken würde

Ohnehin ein Wunder, dass die Flaschen so lange gehalten haben. Taucher brachten vor ein paar Jahren Bier aus dem Bauch eines gesunkenen Schiffes ans Licht. Jetzt haben Forscher den historischen Gerstensaft untersucht.

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Die zehn größten Biermythen
Mythos 1: Abgelaufenes Bier darf man nicht mehr trinkenIm Keller finden Sie ein Sixpack Bier, das lange abgelaufen ist. Bloß nicht mehr trinken, denken Sie. Falsch: Auch abgelaufenes Bier können Sie problemlos trinken, wenn die ungeöffnete Flasche richtig gelagert wurde – also trocken kühl und vor allem dunkel. Der Grund: Hopfen konserviert und hält das Bier frisch. Lediglich der Geschmack kann sich leicht verändern. Quelle: dpa
Mythos 2: Bier hat viele KalorienEin großes Bier ist wie eine Bratwurst, heißt es oft. So rechtfertigt mancher seinen Bierbauch. Doch Bier ist eigentlich keine Kalorienbombe und schon gar kein Dickmacker. Selbst ein Glas Apfelsaft (250 Kalorien) ist ungesünder als ein halber Liter Gerstensaft (200 Kalorien). Da Bier jedoch den Appetit anregt, greift man oft neben einem Glas Bier zu heimlichen Dickmackern wie Erdnüssen, einer Wurst oder einer Brezel – so entsteht das Hüftgold, dessen Ursache fälschlicherweise dem Bier zugeschrieben wird. Quelle: dpa
Mythos 3: Ein gutes Bier braucht sieben MinutenDer Wirt zapft und zapft und zapft – mindestens sieben Minuten soll ein Pils gezapft werden, damit es gut schmeckt, so die Argumentation. Das ist Quatsch. Ein gutes Bier ist kalt, um die acht Grad, aber eine lange Zapfzeit verbessert nicht den Geschmack. Im Gegenteil, wird ein Bier zu lange gezapft, kommt es bereits schal beim Gast an. Moderne Zapfhähne brauchen daher zwischen zwei und drei Minuten für ein frisches Pils.   Quelle: dpa
Mythos 4: Bier macht große BrüsteAngeblich soll Hopfen pflanzliche Östrogene enthalten, das die Brüste wachsen lässt. Wer den Test macht, stellt jedoch schnell fest, dass  auch das ein Mythos ist. Nach fünf Bier sind die Brüste noch genau so groß wie vorher. Auch wissenschaftlich ist die These nicht bewiesen. Zwar enthält Bier tatsächlich Östrogene, die sogenannten Phytoöstrogene, allerdings in so geringen Mengen, dass sie keine Wirkung zeigen. Quelle: dpa
Mythos 5: Auf Hawai gibt es kein Bier……sang einst Paul Kuhn. Das ist ein Mythos, denn auf Hawai gibt es sogar gleich mehrere Brauereien und auf vielen deutschen Bierbörsen wird die südländische Spezialität sogar verkauft.Beispielsweise das „Volcano Red Ale“ der Mehana Brewery Company. Quelle: dpa
Mythos 6: Bier auf Wein, das lass sein…….heißt es im Volksmund. Auch das ist ein Mythos, denn zumindest wissenschaftlich es ist egal, wann man was trinkt. Trotzdem hat der Spruch einen Grund: In der deutschen Trinkkultur galt Wein lange als höherwertiges Getränk. Wer also nach dem Weinkonsum ein Bier bestellte, gesellte sich in die niederen Ränge. Quelle: dpa
Mythos 9: Alkoholfreie Biere enthalten Null Prozent AlkoholReingefallen. Alkoholfreie Biere schmecken nicht nur wie normales Bier, viele von ihnen enthalten immer auch ein ganz klein wenig Alkohol. Laut Gesetz darf jedes Bier mit weniger als 0,5 Prozent Alkohol als alkoholfrei verkauft werden. Trotzdem muss sich niemand Gedanken machen, der zu einem alkoholfreien Bier greift. Um ein kritisches Level zu erreichen müsste man enormen Mengen trinken. Quelle: dpa

Natürlich haben sie davon gekostet. Geschmeckt hat es absolut nicht, aber trotzdem hat es die Wissenschaftler begeistert: Sie konnten ein Bier analysieren, das ungefähr 170 Jahre auf dem Meeresgrund lagerte. Ergebnis: Es dürfte etwas weniger Alkohol gehabt haben, eine leicht rosige Geruchsnote - und wäre nach heutigem Geschmack unangenehm bitter.

Die Flaschen stammten aus einem Schiffswrack in der Ostsee, das unweit der finnischen Küste um 1840 gesunken war. Obwohl in die beiden noch intakten Bierflaschen Salzwasser gedrungen war, konnten Wissenschaftler des VTT Technical Research Centre of Finland und der Technischen Universität München (TUM) den historischen Gerstensaft analysieren. Die Resultate sind im „Journal of Agricultural & Food Chemistry“ veröffentlicht.

Eineinhalb Jahre untersuchten die Forscher das Getränk mit einer speziellen Massenspektrometrie-Methode, mit der mehr als 60 Geschmackskomponenten des Hopfens binnen 30 Minuten sichtbar gemacht werden können. „Aus den Ergebnissen konnten wir unter anderem ableiten, dass das Bier von 1840 mit beta-säurereichen Hopfensorten gebraut wurde“, sagt Thomas Hofmann vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie. Sprich: Es war anders bitter als heutiges Bier. Denn bei heutigen Sorten stehen die Alphasäuren im Vordergrund. Bei den Hefe-abhängigen Geschmacksnoten unterschied sich das havarierte Bier kaum von modernen Sorten.

Die Top Ten Brauereien in Deutschland

Das Bier war zusammen mit 168 Flaschen Champagner im Sommer 2010 in dem Wrack vor der Gemeinde Föglö auf Åland zwischen den Küsten Finnlands und Schwedens in 45 Metern Tiefe gefunden worden. Der Champagner, im Gegensatz zu dem Bier unversehrt, könnte der älteste trinkbare Champagner der Welt sein und sollte versteigert werden - spekuliert wurde, dass eine Flasche bis zu 100.000 Euro erzielen könnte. Der Erlös sollte die Kassen finnischer Behörden füllen, die der rechtmäßige Eigentümer sind. Mehrfach sanken Schiffe mit Alkoholika an Bord: Wein, Champagner und Spirituosen waren Luxusgüter - nicht zuletzt waren Schmuggler damit auf den Meeren unterwegs.

Trinkbare Millionenschätze vom Meeresgrund

Vor knapp 20 Jahren wurde der von einem deutschen U-Boot 1907 versenkte schwedische Zweimastschoner „Jönköping“ gehoben. An Bord ein wertvoller alkoholischer Schatz von Millionenwert: Champagner, Cognac und Wein. Eine einzige Flasche Heidsieck-Champagner brachte später bei Christie's in London 2420 Pfund (etwa 3400 Euro). Manche Alkoholika schienen unter den speziellen Lagerbedingungen in kühler Tiefe und Dunkelheit ungeahntes Aroma zu entfalten. Eine 300 Jahre alter Wein, den Taucher in einer verkorkten Flasche vom Meeresboden holten, schmeckte angeblich „wie eine alte, verzuckerte Marmelade.“

Zehn Fakten über Bier
Das billigste BierAm wenigsten kostet Bier in der Ukraine und Vietnam. Hier muss man jeweils 0,43 Euro für eine 0,5-Liter-Flasche hinlegen. Generell ist das Bier in Südostasien und Osteuropa am günstigsten, besagen die Daten des Lebenserhaltungskosten-Portals "Numbeo". Auf Ukraine und Vietnam folgen Kambodscha (0,50 Euro), Saudi Arabien (0,51 Euro), Tschechien (0,52 Euro) und China (0,54 Euro). Quelle: dpa
Das teuerste BierIm nahen und Mittleren Osten müssen Biertrinker am tiefsten ins Portemonnaie greifen. Mit 5,67 Euro ist eine 0,5-Liter-Flasche Bier im Iran weltweit am teuersten. In Kuweit sind es 5,21 Euro und in der Vereinigten Arabischen Emiraten 4,56 Euro. Quelle: dpa
Die größten BierbrauerIn China wird weltweit meisten Bier wird gebraut. 490,2 Millionen Hektoliter flossen 2012 hier aus den Brauereien hinaus, schätzt der Hopfenhersteller Barth-Haas. Es folgen die USA (229,3 Millionen Hektoliter), Brasilien (132,8 Millionen Hektolitern), Russland (97,4 Millionen Hektoliter) und Deutschland (94,6 Millionen Hektoliter). Quelle: AP
Europas größte BiertrinkerWir sind Europameister – im Biertrinken. Mit 86 Millionen Hektolitern Bier trank keine andere europäische Nation 2012 so viel Bier wie die Deutschen. Auch in den Vorjahren lag Deutschland an der Spitze, berichtet die Vereinigung „Brewers of Europe“.  Hinter Deutschland kommen das Vereinigte Königreich (43 Millionen Hektoliter), Polen (38 Millionen Hektoliter), Spanien (35 Millionen Hektoliter) und Frankreich (20 Millionen Hektoliter). Quelle: dpa
Europas spendabelste BiertrinkerDie Briten geben am meisten für Bier in Europa aus. 2012 waren es den „Brewers of Europe“ zufolge 20 Milliarden Euro. Dahinter kommen die Deutschen mit 19 Milliarden Euro, die Spanier mit 14,6 Milliarden Euro, und die Italiener mit 9,7 Milliarden Euro. Quelle: REUTERS
Die weltweit größten BierbrauerDie weltweit größte Brauerei ist das belgisch-amerikanische Unternehmen Anheuser Busch InBev. 352,9 Millionen Hektoliter Bier pumpte das Konglomerat 2012 in die Welt. Laut Zahlen des Hopfenherstellers Barth-Haas folgt dahinter die englische Brauer SAB Miller (190 Millionen Hektoliter), sowie die niederländische Konkurrenz von Heineken (171,7 Hektoliter). Quelle: dpa
Die wertvollsten BiermarkenDie Light-Version des US-Biers Budweiser besitzt den weltweit höchsten Markenwert. Bud Light ist mit 12,6 Milliarden US-Dollar die wertvollste Biermarke. Das original Budweiser kommt laut der Werbeagentur Millward Brown erst auf den zweiten Platz. Budweiser wies 2012 einen Markenwert von 11,8 Milliarden US-Dollar auf. In der Rangliste folgen Heineken (8,7 Milliarden US-Dollar), Stella Artois (8,2 Milliarden US-Dollar) und Corona (8 Milliarden US-Dollar). Eine deutsche Biermarke ist unter den Top 10 nicht zu finden. Quelle: AP

„Wir wären sehr daran interessiert, auch ein bisschen Wein zu bekommen“ - für weitere Untersuchungen, sagt der Weihenstephaner Lebensmittelchemiker Andreas Dunkel. Bisher hatten die Forscher kein Glück - schließlich verzücken manche der alten Tröpfchen die Sommeliers komplett: „Ein derartiges Aromen-Feuerwerk habe ich noch nie erlebt: Blumen, Zitronen, mitunter eine Prise Mandarine - und vor allem ein wahnsinnig langer Abgang“, schwärmte der Weinexperte François Hautekur vom Champagnerhaus Veuve Clicquot bei der Verkostung des Champagners von Bord des finnischen Wracks.

Das Bier vom Meeresgrund löste keine derartigen Begeisterungsstürme aus. Entsprechend seines Alters seien auch zahlreiche Abbauprodukte identifiziert worden, deuteten die Forscher in ihrer Mitteilung an. Milchsäuregärung hatte ihr Werk getan, außerdem war Salzwasser eingesickert. „Unangenehm sauer, salzig - man würde nicht von Bier ausgehen“, schildert Dunkel seinen Selbstversuch.

Die Forschungsergebnisse erlauben es aber, das Bier vergangener Jahrhunderte tatsächlich zu schmecken: Eine finnische Brauerei hat es nachgebraut. Der Retrotrend beim Bier ist nicht neu, sagt Walter König vom Bayerischen Brauerbund. Zu Jubiläen - wie zum 200-jährigen Bestehen des Oktoberfests - wird historisch gebraut, meist ist das Bier wie jenes aus dem Wrack etwas dunkler und herber.

Eine Renaissance erleben Bügelverschlussflaschen oder im Holzfass gereifte Starkbiere - sie wurden früher auf die lange Reise in die Kolonien geschickt. König: „Die holzfassgereiften Biere sind also auch eine Art Retro- oder Nostalgiebiere.“

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