Corona Warum viele Schnelltests unzuverlässig sind

Corona-Test Quelle: REUTERS

Was passiert mit einem Corona-Test im Labor? Wolf Frederic Kupatt, der CEO von Amedes, einer der größten deutschen Diagnostik-Anbieter, erklärt, wie das Erbgut analysiert wird – und warum es manchmal länger dauern kann.

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Wolf Frederic Kupatt, gelernter Mediziner, ist CEO des Laborunternehmens Amedes Holding GmbH, das zu den größten Anbietern medizinischer Diagnostik in Deutschland zählt. Das Unternehmen aus Göttingen setzt mit 4.000 Mitarbeitern jährlich rund 400 Millionen Euro um. Amedes betreibt deutschlandweit vierzehn Facharztlabore – dabei sind die Standorte in Hamburg, Göttingen, Bielefeld und Halle an der Saale aktuell für Corona-Tests im Einsatz.

WirtschaftsWoche: Herr Kupatt, wie bewältigt Amedes die Flut an Corona-Tests?
Wolf Frederic Kupatt: Die Anforderungen nach Tests sind in den vergangenen Tagen rapide angestiegen. Aber noch schaffen wir den Arbeitsanfall. Die Kapazitäten sind derzeit noch nicht erschöpft. Bis zum Wochenende hatten wir über 7.000 Tests zum Nachweis des Coronavirus durchgeführt, davon waren 280 positiv.

Dabei wird aber längst nicht jede Patientin und Patient mit Erkältung und Fieber auf Corona getestet.
Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass die Ärzte nicht bei jeder Erkältungssymptomatik einen Abstrich machen. Wir brauchen die Kapazitäten in Kliniken und Labors noch, wenn die Zahl der Infizierten exponentiell ansteigt. Darauf müssen wir uns einstellen. Die Entscheidung für einen Abstrich liegt aber beim Arzt.

Wie lange dauert es bei Ihnen, bis ein Ergebnis vorliegt?
Von dem Augenblick an, wo wir die Probe im Labor haben, können wir innerhalb von vier oder fünf Stunden ein Ergebnis liefern. Nachdem die Analysen aber batchweise abgearbeitet werden, verlängern sich die Befundzeiten durch die stark steigende Auslastung auf bis zu 24 Stunden.

Mit einigen Schnelltests geht das aber deutlich fixer, innerhalb einer Stunde...
Was gemeinhin fälschlich unter Schnelltests verstanden wird, sind Antikörpertests. Antikörper bilden sich erst gegen Ende der zweiten Krankheitswoche. Sie sind unzuverlässig für die Diagnose der akuten Infektion. Die Zuverlässigkeit unserer aufwendigen molekularen Diagnostiktests liegt hingegen bei nahezu 100 Prozent. Es wird aktuell an der Entwicklung von Antigentests gearbeitet. Diese werden wahrscheinlich erst in einigen Wochen auf den Markt kommen.

Wie gehen Sie dabei vor? Was passiert nach einem Abstrich in den Labors von Amedes?
Wir untersuchen die Proben im sogenannten PCR-Verfahren. Dabei wird das Erbgut des Virus, das wir aus dem Abstrich erhalten, solange vermehrt, bis wir eine messbare Größe erhalten. Falls positiv, wird das Ergebnis zur Bestätigung noch einmal in einem weiteren Analyseverfahren überprüft. Dadurch erhalten wir einen gesicherten Virus-Nachweis.

Müssen Sie wegen Corona derzeit andere Tests zurückstellen?
Über unsere PCR-Anlagen führen wir ebenfalls Tests zu Grippe, HIV, Hepatitis und andere Virus-Erkrankungen durch. Dabei kann es schon mal passieren, dass wir diese Tests aktuell um einen Tag zurückstellen müssen, um die Corona-Tests zügig bearbeiten zu können. Natürlich nur, wenn nicht akute Gefahr besteht. Corona hat aktuell grundsätzlich Vorrang.

Fürchten Sie Engpässe im Labor, etwa bei Chemikalien und Testkits, da Lieferungen ausbleiben?
Wir halten deswegen jeden Morgen eine Krisensitzung ab. Da prüfen wir, wie viele Krankheitsfälle es in der Belegschaft gibt und ob wir ausreichend Mitarbeiter vor Ort im Labor haben. PCR-Tests sind Spezialisten-Arbeit. Unsere Mitarbeiter sind aktuell hoch belastet, da kommt es auf jeden Einzelnen an. Und natürlich checken wir auch, ob wir alle Materialien bekommen, die wir benötigen. Einen Großteil der Materialien für die PCR-Tests beziehen wir etwa vom Diagnostikkonzern Roche. Bislang können wir unseren Laborbetrieb gut am Laufen halten. Aber natürlich rechnen wir auch damit, dass es in diesen Zeiten immer mal zu Engpässen und Lieferproblemen kommen kann.

Wie viel erhält Amedes eigentlich von den Kassen pro Test - auf Corona oder andere Krankheiten?
Das ist je nach Krankheit sehr unterschiedlich – bei Virus-PCR-Tests reicht die Spanne von 15 bis 60 Euro pro Test. Manchmal bleiben davon allerdings nur noch wenige Cent übrig. Unsere Personalkosten sind relativ hoch, obwohl wir die Tests mit Einsatz von viel Technologie durchführen. Wir beschäftigen für die Auswertung hochqualifizierte Virologen und PCR-Spezialisten, die die Tests entsprechend vorbereiten und interpretieren können. Insgesamt liegt unsere operative Rendite im knapp zweistelligen Bereich, etwas über zehn Prozent.

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