Dänen entwickeln Raumkapsel Mit dem Baumarkt-Raumschiff ins All

Seite 3/5

Mit einfachsten Mitteln zum Raketenlabor

Spartanisches Raketenlabor - Schreibtisch der Copenhagen Suborbitals, an der Wand das Foto eines Fall-Tests Quelle: Uffe Weng

Man kann mit einem First-Class-Ticket ins All fliegen, aber auch mit dem Billigflieger – das wollen die beiden Dänen beweisen. In einem kleinen Hangar auf dem Gelände einer ehemaligen Werft haben sie ihre Werkstatt eingerichtet. Es ist das spartanischste Raketenlabor der Welt: Umkleiden, Duschen, eine Kaffeeküche? Fehlanzeige. Es gibt nicht einmal eine Heizung. Nur Metallregale mit Kisten voller Bohrmaschinen und Zangen, mit Schrauben und Nieten.

Die Idee für ihr kosmisches Projekt kommt den Dänen im Sommer 2008. Von Bengtson ist gerade von einem mehrmonatigen Job bei der Nasa aus den USA zurück. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen hört der Architekt mit einem Master in Weltraumwissenschaften, der mit Kahlkopf und Künstlerbärtchen auch als DJ in einer Diskothek durchginge, von Peter Madsen: Der jungenhaft wirkende Ingenieur, dessen blaue Augen verschmitzt unter einem strubbeligen Blondschopf hervorstrahlen, hat sich gerade einen Traum erfüllt und ein U-Boot gebaut: Die 18 Meter lange Nautilus.

Aus dem Meer ins All

Beide vereinbaren ein Treffen auf Madsens Boot – und sind sich schnell einig: In zehn Minuten ist das Projekt Raumschiff geboren, besprochen und beschlossen. „Es gibt Chancen im Leben“, sagt von Bengtson, „die muss man einfach ergreifen.“

Reichtum wartet im Weltall

Die Aufgabenteilung steht ebenso rasch fest: Madsen, der fünf Jahre lang Mitglied in einem Amateurraketenclub gewesen ist, soll die Trägerrakete entwickeln – und von Bengtson die Raumkapsel. Ähnlich wie bei den Mercury- oder Apollo-Missionen wird der Astronaut auch bei Tycho Deep Space an der Spitze der voraussichtlich rund 25 Meter hohen Rakete sitzen.

Schnell finden sich freiwillige Helfer: Ingenieure, Elektriker, Taucher, Pyrotechniker. Einen fertigen Bauplan bringen aber auch die nicht mit: Das Team konstruiert das Raumschiff komplett selbst. Auch die Komponenten sind Eigenentwicklungen, das Material dafür suchen sie im Baumarkt. „Standardware aus dem Laden ist preiswert“, sagt von Bengtson, „sie ist getestet – und sie ist leicht verfügbar.“

Die Kunst des Improvisierens

Die Raumkapsel baut er deshalb auch aus Stahl – und nicht aus luxuriösem Titan oder Karbon. Die Funkantennen stabilisiert er mit Röhren aus einem Fachgeschäft für Lenkdrachen. Ebenso spartanisch konstruiert sind die Auftriebskörper, die nach der Wasserung das Raumschiff stabilisieren sollen. Das Material dazu – verstärkte Plastikplanen – entdeckt von Bengtson in einem Anglerladen. Die CO2-Kartuschen, die die Bojen aufblasen sollen, schraubt von Bengtson kurzerhand aus seinem Sprudelwasser-Automaten.

Improvisieren müssen die Himmelsstürmer auch, als sie testen wollen, ob sie überhaupt den beim Raketenflug auftretenden Belastungen gewachsen wären, den sogenannten G-Kräften. Ab 6-G bekommen Menschen Nasenbluten, ab 8-G können Knochen brechen. Bei der Landung muss Madsen 5-G überstehen, schätzt er.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%