Welches sind die Gründe dafür?
Wo im Sommer das Meereis großflächig verschwindet, fehlt es im Anschluss gleich doppelt. Zum einen als weiße Reflexionsschicht, die das Sonnenlicht wie ein Spiegel ins All zurückstrahlt. Ohne das Eis haben die Sonnenstrahlen freie Bahn. Sie dringen großflächig in den dunklen Ozean ein und erwärmen das Meer. Wenn sich dann im Herbst die Luft in der Arktis wieder abkühlt, fehlt die Eisdecke ein zweites Mal – diesmal in ihrer Funktion als Dämmschicht oder Deckel, der verhindert, dass der Ozean die gespeicherte Wärme wieder an die Atmosphäre abgibt.
Folgen des Klimawandels in Deutschland
Zwischen 1901 und 1910 lag die Jahresmitteltemperatur in Deutschland je nach Region zwischen 7 und 12 Grad, zu den wärmsten Gegenden zählten der Oberrheingraben und das Kölner Becken. Bis zum Vergleichsjahrzehnt 2001 bis 2010 stiegen die Temperaturen je nach Region zwischen 0,25 und 2 Grad. Besonders sichtbar sind diese Sprünge in Teilen von Brandenburg und Sachsen-Anhalt, aber auch in Teilregionen von Hessen und Bayern. Nur in einem schmalen Korridor zwischen Kiel, Hamburg und Hannover blieb es kühler. Auf der Basis dieser Werte rechnen die Forscher zwischen 2011 und 2100 mit einem weiteren Anstieg der Werte um 3,6 bis 4 Grad - je nach Region. Das ist die Grundlage für die Berechnung der Szenarien für einzelne Regionen. Die Einzelergebnisse für jeden Landkreis werden aber erst Anfang Dezember veröffentlicht.
Die Wasserressourcen fallen in den kommenden Jahrzehnten je nach Region sehr unterschiedlich aus. So haben Modellberechnungen für die Ems ergeben, dass sie eher mehr Wasser führen wird als heute - außer im Sommer. Ganz anders sieht es für die Elbe aus. In ihrem Einzugsgebiet gibt es nach den Szenarien weniger Wasser, weil es im Sommer seltener regnet und durch die Hitze auch mehr Wasser verdunstet. Die Schneeschmelze im Winter kann die Gesamtbilanz nicht mehr ausgleichen. Extreme Niederschläge im Winter steigern aber gleichzeitig das Hochwasserrisiko. Wassermangel in Flüssen hat nicht nur Folgen für Flora und Fauna. Auch die Schifffahrt kann beeinträchtigt werden. Mit großer Knappheit wird im Leipziger Becken, im Oderbruch, Sachsen-Anhalt und in der Oberrheinebene gerechnet.
Mehr Wärme könnte die Vegetationsperiode der Bäume verlängern. Das führt erst einmal zu positiven Effekten: Wälder könnten mehr schädliches Kohlendioxid aus der Luft filtern. Und die Forstwirtschaft hat durch das Wachstum etwas mehr Holz zur Verfügung. Diese Pluspunkte könnten aber durch die größere Trockenheit gleich wieder schwinden. Denn sie stresst die Wälder und macht Bäume anfälliger für Schädlinge und Krankheiten. Dazu steigt zum Beispiel in Brandenburg die Waldbrandgefahr um 16 Prozent. Buchen gelten als Verlierer der Entwicklung, Kiefern zählen eher zu den Gewinnern. Für die Zukunft empfehlen die Forscher die Pflanzung von Mischwäldern - um mögliche Ausfälle einer Baumart ausgleichen zu können.
Die gute Nachricht lautet, dass ein Rückgang der Produktion eher unwahrscheinlich ist. Denn die Vegetationszeit verlängert sich durch mehr Wärme, Winterkulturen profitieren davon. Im Sommer lassen sich trockenere Böden von Jahr zu Jahr durch Spielräume bei Fruchtarten, Sortenwahl und Düngung kompensieren. Ein Problem aber wird in einigen Regionen häufiger Wassermangel durch zu wenig Regen im Sommer. Das trifft vor allem Mais und andere Sommerkulturen, weil sie früh beim Wachstum gehemmt werden. Hier können Investitionen wie zum Beispiel in Rückhaltebecken oder künstliche Bewässerung ins Geld gehen. Ein Umdenken ist auch bei Drainagen gefragt - denn dadurch geht Grundwasser verloren.
Im Sommer wird die Hitze das Flusswasser in einigen Regionen wahrscheinlich so erwärmen, dass es nicht mehr als Kühlwasser für Kraftwerke verwendet werden kann. Sie müssten zeitweise abgeschaltet werden. Auch bei Wasserkraftwerken ist wegen weniger Wasserdruck im Sommer mit Einbußen zu rechnen. Beim Wind und Sonne rechnen Wissenschaftler besonders im Winter mit einer leichten Zunahme der Auslastung. Da die Kraftwerke im Sommer beeinträchtigt sind, nutzt das zum Ausgleich ohne effektive Speicher nicht viel.
Heutzutage geschieht also genau das?
Ja, der eisfreie Ozean überträgt seine Wärme an die Luftschicht über der Meeresoberfläche. Diese erwärmt sich, steigt auf und verändert die gewohnten Bahnen, auf denen die Luftmassen in der Atmosphäre wandern. Als eine Folge bilden sich dann oft Hochdruckgebiete über Skandinavien aus, die eben auch mal bis zu vier Wochen lang stabil bleiben und das Wettergeschehen in Mitteleuropa bestimmen. Unsere Computermodelle bilden diese Muster und Zusammenhänge inzwischen schon sehr gut ab, scheitern aber noch mit der Vorhersage des zeitlichen Auftretens.
Lässt sich denn mithilfe dieser Erkenntnisse schon vorhersagen, ob wir Mitteleuropäer auch in den kommenden Wintern wieder so lange Zeit Mütze, Schal und Handschuhe brauchen werden?
Nein, wir Klimawissenschaftler können solche Vorhersagen bisher nicht treffen – und vermutlich werden wir auch in Zukunft nicht in der Lage sein, glaubwürdige Aussagen über das Wetter der nächsten eins, zwei oder drei Jahren zu machen. Die Schwierigkeit liegt nämlich darin, dass die Genauigkeit von Wettervorhersagen abnimmt, je größer der Vorhersagezeitraum wird. Meteorologen wissen heutzutage ziemlich genau, wie das Wetter in den nächsten zwei oder drei Tagen wird. Bei allem darüber hinaus steigt die Ungewissheit: Zum einen weil wichtige Wetterfaktoren wie Temperatur, Wind, Sonneneinstrahlung oder Luftfeuchtigkeit turbulenten Prozessen unterliegen, die im Prinzip deterministisch – im Sinne einer Wettervorhersage – nicht über mehr als etwa 10 Tage vorhersagbar sind.
Zum anderen kommt es zu nahezu unkalkulierbaren Rückkopplungen, die deterministische Klimavorhersagen über Monate hinweg unmöglich machen. Klimavorhersagen sind – anders als Wettervorhersagen – Prognosen für den mittleren Zustand und die Variabilität des Wetters in einem Monat oder einer Jahreszeit. Zurzeit helfen uns die Klimamodelle bei der regionalen Vorhersage noch nicht weiter, wie Klaus Dethloff und Dörthe Handorf im vergangenen Jahr in einer zweiten Studie gezeigt haben. Da ist noch einige Arbeit zu tun. Aber wir sind auf einem guten Weg, denke ich.