Debatte um Sonderrechte für Geimpfte Freiheit für geimpfte Bürger!

Maske ab und ab ins Restaurant oder Theater? Der Bundesaußenminister fördert Erleichterungen für Geimpfte.  Quelle: dpa

Außenminister Heiko Maas legt mit seiner Forderung nach Lockerungen für Geimpfte gewollt oder ungewollt den Finger in eine Wunde der Bundesregierung. Die Debatte kommt genau zur rechten Zeit. Ein Kommentar.

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Eine Medizinerin setzt sich auf den Stuhl vor ihrer Impfkabine, wartet auf Kundschaft. Eine Szene, zu beobachten am vergangenen Samstag im Dresdner Corona-Impfzentrum. Von den zwölf Impfstraßen, die in der Messehalle 4 auf dem früheren Schlachthofgelände Platz hätten, sind gerade mal vier aufgebaut. Nur zwei sind an diesem Tag geöffnet. Das zeigt, wie langsam die Impfkampagne zurzeit anläuft. Dabei sehen viele Experten sie als einzigen echten Ausweg aus der Pandemie. 

Angesichts dessen mag es zunächst absurd klingen, dass Deutschlands Außenminister Heiko Maas schon jetzt eine Lockerung der Restriktionen für die fordert, die geimpft wurden. Und tatsächlich sollte für solch einen Schritt erst das Ergebnis der Analysen des Impfstoffherstellers Biontech abgewartet werden, inwiefern geimpfte Menschen nicht nur nicht erkranken, sondern das Virus auch nicht weitergeben können. Das ist unter anderem davon abhängig, wie schnell sich die Antikörper nach einer Impfung wieder abbauen. Erkenntnisse dazu erwartet Biontech im Laufe des Februars. 

Sollten die Antikörper wirklich für ein paar Monate sicherstellen können, dass Geimpfte das Virus nicht weiterzugeben vermögen, liegt Maas mit seiner Forderung komplett richtig. Das wird zwar jene frustrieren, die sich gern impfen lassen würden, mangels Impfstoff aber nicht können. Zugleich aber ist es ein äußerst wirksames Druckmittel gegenüber den verantwortlichen Politikern, alles zu tun, um diesen Zustand zu ändern. Und es könnte ein Argument sein für viele Impfzweifler, ihre Bedenken doch noch über Bord zu werfen. Eine Voraussetzung, um so etwas wie Herdenimmunität zu erreichen – und damit eine Rückkehr zur ökonomischen und gesellschaftlichen Normalität.

Würde die Regierung bestehende Grundrechtseinschränkungen dagegen auch für jene aufrechterhalten, die aufgrund ihrer Impfung nicht ansteckend sein können, würde dies nicht dem Infektionsschutz dienen, sondern nur die Gemüter derer beruhigen, die wegen ihres Alters und den Mängeln in der Impfstoff-Akquise derzeit leer ausgehen. Wahrscheinlich würde dies auch von keinem Verfassungsrichter mitgetragen. 

Auch jene, die nun sagen, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt für eine solche Diskussion ist, liegen falsch. Solche Schritte bedürfen einer Vorbereitung. Diverse Fragen sind schließlich zu klären, etwa wie die Organisation solcher Sonderrechte gelingen kann. Soll die Regierung wie in Israel geimpften Menschen einen „grünen Pass“ ausstellen, der ein halbes Jahr gilt und etwa den Besuch von Großveranstaltungen erlaubt? Sollte es eher ein digitales Dokument sein, das international gültig ist und fälschungssicher? Denn wenn das Wiedererlangen der Freiheit nur an einem gelben Papierimpfpass mit einem Aufkleber und einer Unterschrift hängt, dürften sehr schnell Fälschungen auftauchen. 

Nicht zuletzt könnten die Geimpften der gebeutelten Volkswirtschaft ein paar Euro Umsatz zurückbringen und damit vielleicht sogar die eine oder andere Existenz retten, die bei einem anhaltenden Lockdown zweifellos gefährdet ist.

Mehr zum Thema: Johnson & Johnson: Produziert ein US-Konzern bald den besten Corona-Impfstoff?

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