Großbritannien hat bereits 2010 die Richtlinie „Delirium: Vorsorge, Diagnose und Behandlung“ erlassen. In dem Ratgeber wird kritisiert, dass viele Ärzte und Pflegekräfte das Syndrom nicht erkennen. In Deutschland gibt es bundesweit keine medizinische Leitlinie zum Umgang mit Delir. Jedes Krankenhaus hat eigene Regeln. Doch zumindest in der Forschung ist das Thema angekommen. 2010 erschienen 46 Fachartikel, 2015 waren es 113. Und 2016 sind bis Mai schon 49 erschienen.
In Kanada und den USA befasst sich das Help-Programm mit Delir. 1993 gründete die Ärztin Sharon Inouye gemeinsam mit Kollegen der Yale University Medical School ein Zentrum, das sich auf die spezielle Pflege älterer Personen in Krankenhäusern konzentriert. Mit ihren Methoden wollen sie Delir im Klinikalltag frühzeitig verhindern.
Auch in Deutschland gibt es mittlerweile zusätzliche Betreuung für ältere Patienten nach amerikanischem Vorbild. Am Evangelischen Krankenhaus in Bielefeld arbeiten die Ärzte mit ehrenamtlichen Helfern, die den Patienten vorlesen, mit ihnen Kreuzworträtsel lösen oder einfach nur Gesellschaft leisten. So kann im besten Fall durch die intensive Betreuung ein Delir gar nicht erst entstehen.
"Delir-Patienten haben Angst"
Angehörige sind ebenfalls gefragt. Für sie gelten Regeln im Umgang mit Delir. „Nicht wegreden“, warnt Ärztin Spies. Pfleger und auch Angehörige bräuchten viel Geduld. Auch vor Operationen könne schon einiges geleistet werden. „Patienten haben immer Angst“, sagt sie. Die müsse man ihnen nehmen, zum Beispiel mit viel Aufklärung in Gesprächen. „Wir müssen ehrlich zu den Patienten sein“, betont Spies.
Auf der Charité-Station schließt Pfleger Schubert die Tür eines Zimmers auf der modernen Intensivstation. Stille. Nichts piepst, die Monitore sind gut versteckt. Über den Bett hängen keine Neonstrahler, es leuchtet ein künstlicher Lichthimmel. Der sehe genauso aus wie der Himmel draußen, erläutert Schubert. Auch das gehört hier zur Delir-Prävention.