Die neue WiWo App Jetzt kostenlos testen
Download Download

Deutsche Flughäfen Aufrüsten gegen das Winterchaos

Nach dem Schneechaos in den beiden letzten Jahren haben die Flughäfen in Deutschland aufgerüstet. Zusätzliche Räumfahrzeuge und Reserven für Enteisungsmittel sollen größere Ausfälle verhindern.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Ein Flugzeug steckt hinter der Startbahn des Flughafens Dortmund im Schnee fest. Das Winterchaos vergangener Jahre soll sich an deutschen Flughäfen nicht wiederholen. Quelle: ap

Berlin, Frankfurt Das Versprechen klingt gut. Aber nach den Erfahrungen der Vorjahre ist das auch bitter nötig. Binnen 30 Minuten sollen am größten deutschen Flughafen in Frankfurt zwei von vier Bahnen sowie die notwendigen Abrollwege schnee- und eisfrei gemacht werden können. Ein Winterchaos wie 2010 und 2011 soll es nicht mehr geben.

Dazu hat Fraport, der Flughafenbetreiber, aufgerüstet. So wurden allein fünf Millionen Euro in neues Räumgerät investiert. Eine Ausgabe ohne echte Alternative. Zu lebendig sind Passagieren und Flughafen-Managern noch die Ereignisse der vorigen Winter vor Augen.

Vor einem Jahr saßen Tausende Passagiere an europäischen Flughäfen tagelang fest. Weihnachten fand für viele im Terminal statt. Heftiger Schneefall in ganz Europa hatte einen Infarkt der Luftfahrt verursacht.

„Wir haben die Konsequenzen gezogen“

So groß war das Chaos, dass EU-Verkehrskommissar Siim Kallas die Spitzenmanager der Flughäfen nach Brüssel zum Rapport bestellte. Eine Erfahrung, die Fraport-Chef Stefan Schulte nicht noch einmal machen möchte. „Wir haben aus den letzten beiden Wintern die Konsequenzen gezogen“, sagt er.

Zwei neue Räumzüge wurden angeschafft, acht zusätzliche Enteisungsmaschinen. Um das neue Gerät zu bedienen, stockte Fraport das Personal von 290 auf 340 Mitarbeiter auf. Eine Investition, die noch aus einem anderen Grund notwendig war. Seit der Eröffnung der vierten Start- und Landebahn gibt es in Frankfurt weitaus mehr Fläche, die geräumt werden muss.

Die Gefahr, die von Eis ausgeht, ist groß. Kristalle, die sich in der Luft an den Flügeln sammeln, verändern deren Form. Damit wird auch das genau austarierte Strömungsverhalten des Flugzeugs verändert. Die Folge: Das Flugzeug ist nicht mehr so leicht zu steuern, im schlimmsten Fall drohen ein Strömungsabriss und der Absturz.

Die Lösung, die das verhindern soll, basiert auf Glykol. Dieser Alkohol besitzt mit minus 16 Grad einen niedrigen Schmelzpunkt. Dadurch ist das Mittel gut geeignet, Eis zu lösen und eine Neuvereisung zu verhindern. Die Beimischung weiterer Substanzen sorgt bei Bedarf dafür, dass das Enteisungsmittel länger am Flügel haften bleib


In ständiger Alarmbereitschaft

Noch lässt der Winter die Luftfahrt weitgehend in Ruhe. Nur zaghaft hat er Anfang der Woche angeklopft und etwa in Bayern für Behinderungen gesorgt. Im Moment liegt zwar kein Schnee. Dennoch sind die Flughäfen in ständiger Alarmbereitschaft. Schon seit Wochen üben die neuen Kollegen in Frankfurt den Umgang mit dem schweren Gerät auf dem Rollfeld. Für so manchen Fluggast war das im sommerlich warmen Spätherbst ein etwas seltsamer Anblick.

Doch die Trockenübung ist notwendig. Ein Räumzug besteht aus bis zu 21 Fahrzeugen, darunter alleine 14 sogenannte Kehrblasgeräte. Die wollen richtig koordiniert werden, damit die Kolonne die Bahnen möglichst schnell schnee- und eisfrei bekommt.

„Wir sind für den Winter gerüstet“, sagt Globeground-Chef Bernhard Alvensleben. Der Dienstleister Globeground ist bei den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld für die Enteisung der Flugzeuge verantwortlich. Ein Winterchaos „wie im vergangenen Jahr“ werde es nicht geben, verspricht ein Sprecher der Berliner Flughäfen: „Wir haben unsere Vorbereitungen auf die Saison gründlich optimiert.“

Nur zwei Hersteller in Europa bieten Enteisungsmittel an

Berlin war im vergangenen Winter besonders betroffen. In der Hauptstadt war das wichtige Enteisungsmittel ausgegangen. Mit Clariant und der britischen Kilfrost gibt es in Europa nur zwei Hersteller dieser Substanz.

Zwar bunkern die Flughäfen stets eine ordentliche Reserve. Die Tanks in Frankfurt reichen zum Beispiel für sieben Tage. Doch der harte und lange Winter im vergangenen Jahr hatte dazu geführt, dass der Nachschub per Lastwagen die Flughäfen nicht rechtzeitig erreichen konnte.

Nach diesen Erfahrungen hat der Flughafenbetreiber die Tankkapazitäten für die Enteisungsflüssigkeit an den beiden Flughäfen Tegel und Schönefeld verdoppelt. Außerdem hat Globeground die Verträge mit Clariant, dem Lieferanten in Berlin, neu verhandelt. So wurde für das Enteisungsmittel bei Schkopau in Sachsen-Anhalt ein Zwischenlager eingerichtet. Die Lastwagen mit den Nachlieferungen müssen sich also künftig nicht mehr aus Bayern nach Berlin durchkämpfen.

Elefanten und Eisbären

Damit sollte für die Elefanten und Eisbären genug Material zur Verfügung stehen. Elefanten, so werden die großen Enteisungsfahrzeuge mit ihrem rüsselähnlichen Sprührohr genannt. Die Eisbären sind die Mitarbeiter, die sie bedienen. Zudem wurden auch in Berlin neue Schneepflüge gekauft. Insgesamt verfügen die beiden Flughäfen über 80 Spezialfahrzeuge.

Dass es in diesem Winter gänzlich ohne Ausfälle gehen wird, das mag allerdings trotz des Mehraufwands niemand versprechen. „Fakt bleibt, dass extreme Wetterlagen den Flugbetrieb immer beeinträchtigen werden“, warnt Fraport-Chef Schulte die Fluggäste vor.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%