
Die auffälligen Abflussrinnen an manchen Berghängen auf dem Mars müssen nicht unbedingt von fließendem Wasser stammen. Stattdessen könnten sie von verdampfendem Trockeneis geformt worden sein, wie Cedric Pilorget und François Forget vom französischen Forschungszentrum CNRS im britischen Fachblatt „Nature Geoscience“ berichten. Die Forscher bieten damit einen alternativen Erklärungsansatz für ein Phänomen an, dass eines der meistdiskutierten Indizien für flüssiges Wasser auf dem Roten Planeten ist.





An Berghängen in den mittleren Breiten des Roten Planeten haben Raumsonden zahlreiche Strukturen entdeckt, die Abflussrinnen an Hängen auf der Erde gleichen. Dies galt vielen Forschern als Beleg dafür, dass es einst flüssiges Wasser auf dem Mars gegeben hat.
Allerdings: Es seien Tausende Kubikmeter Wasser nötig, um derartige Rinnen zu formen, erklärt Colin Dundas von der US-Geologie-Behörde, dem U.S. Geological Survey, in einem Begleitkommentar in „Nature Geoscience“. Die Marsrinnen sind mit einem Alter von höchstens einer Million Jahren jedoch geologisch sehr jung. Das Marsklima in dieser Zeit war durchgehend zu kalt, um solche großen Mengen flüssigen Wassers zu erlauben. Die Entstehung der Rinnen ist daher ein Rätsel.
Fakten zum Mars
6794 Kilometer
0,0107 (Erde =1)
3,93 Gramm pro Kubikzentimeter
687 Tage
Bisher sind zwei Monde bekannt.
Die französischen Forscher Pilorget und Forget schlagen nun ein alternatives Entstehungsszenario vor: der Mars durchläuft ähnliche Jahreszeiten wie die Erde. Wenn es auf dem Roten Planeten kälter wird, gefriert Kohlendioxid aus der Marsluft bekanntermaßen, und legt sich als Trockeneis auf den Boden.
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Bei Trockeneis handelt es sich um Kohlendioxid, also CO2, das zum Feststoff gefroren ist. Auf der Erde ist CO2 ein Bestandteil der Luft, Trockeneis kommt jedoch in natürlicher Form nicht vor. Auf dem Mars ist CO2 der Hauptbestandteil der Atmosphäre.
Gefriert das CO2 im Mars-Winter, können dicke, transparente Platten entstehen, die das Sonnenlicht durchlassen. Sobald die Temperaturen wieder steigen, lässt die Sonne das Trockeneis verdampfen. Die Forscher nennen diesen Vorgang Sublimation: das Eis wird direkt gasförmig, ohne eine flüssige Phase zu durchlaufen. Unter den Platten aus Trockeneis kann sich im porösen, mit gefrorenem Kohlendioxid gefüllten Boden ein erheblicher Druck aufbauen, der den Boden schließlich destabilisieren und zum Fließen bringen kann - wie ein kleiner Erdrutsch. Auf diese Weise könnten die Rinnen entstanden sein.
Simulationsrechnungen der Forscher unterstützen dieses Szenario. Zwar gebe es auch einige Rinnen an Orten auf dem Mars, an denen das Trockeneis-Modell eher unwahrscheinlich sei, erläutert Dundas. Das schließe dieses Szenario jedoch nicht aus. Die Untersuchung der Marsrinnen zeige jedenfalls eindrücklich, dass dieselben Landformen von unterschiedlichen Prozessen gebildet werden könnten.