Videoaufnahmen vom 7. Februar zeigen, wie Dutzende Feuerbälle über den klaren Nachthimmel von Puerto Rico rasen. Es sind brandneue Starlink-Satelliten, die Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX erst vor wenigen Tagen ins All geschossen hatte und die hier nun einfach verglühen. Bis zu 40 der 49 gestarteten Internetsatelliten verfehlten dem Unternehmen zufolge ihre Umlaufbahn. Grund ist eine Sonneneruption, die einen geomagnetischen Sturm ausgelöst und erhitzte Teilchen aus der Erdatmosphäre hoch ins All geschleudert hat. Dort wo die Satelliten auf dem Weg in ihre finale Umlaufbahn sonst nur wenig atmosphärischen Widerstand überwinden müssen, gab es plötzlich Gegenwind, der die Satelliten zurück in Richtung Erde trieb.
In der noch jungen kommerziellen Raumfahrtbranche auch in Europa wirft der Unfall nun die Frage auf, ob die Ursache in der Risikofreude von SpaceX-Gründer Elon Musk zu finden ist, der die Satelliten zu einem so ungünstigen Zeitpunkt gestartet hat. Oder aber in einer immer noch ungenügenden Vorhersage des Weltraumwetters. Das US-Vorhersagezentrum NOAA hatte nur eine Weltraum-Sturmwarnung der niedrigsten Kategorie herausgegeben.
Für Juha-Pekka Luntama, den Chef des Weltraumwetterbüros der europäischen Raumfahrtagentur ESA ist die Sache klar: „SpaceX war Opfer von etwas, das sehr selten vorkommt und das wir bislang schwer prognostizieren können“, sagt er. Sein Team habe die Situation nachträglich analysiert. Ende Januar hatte es auf der Sonne einen kleinen Plasmaausstoß gegeben, der langsam Richtung Erde wanderte. Die Wolke erreichte die Erde in der Nacht vom 2. zum 3. Februar. Die Richtung des Magnetfeldes in dieser Wolke verursachte einen stärkeren geomagnetischen Sturm als erwartet.
Anderen Satelliten waren nicht betroffen, dafür sei die Eruption dem Experten zufolge viel zu schwach gewesen. Doch der Sturm habe ausgereicht, um die gerade gestarteten SpaceX-Satelliten so abzubremsen, dass sie ihren Zielorbit nicht erreichen konnten und nun stattdessen nach und nach wieder auf die Erde fallen.
„Wir haben zwar zwei Ausschläge in der geomagnetischen Aktivität in der Atmosphäre registriert. Aber zu dem Zeitpunkt war es zu spät, um die Satelliten zu retten“, erklärt Luntama. „Und im Moment sagen unsere Atmosphärendichtemodelle diese Art von Ereignissen einfach viel zu schlecht voraus.“ Das treffe auch auf die Technik seiner amerikanischen Kollegen zu. Die derzeit verwendeten Algorithmen seien kaum geeignet, um veränderte Atmosphärenwiderstände zu simulieren, auch weil die Atmosphärenberechnungen nicht direkt mit jenen Daten verknüpft seien, was auf der Sonne passiert.
Bessere Algorithmen in Vorbereitung
Allerdings macht der Weltraummetrologe Hoffnung, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern wird. Die ESA arbeite zurzeit an der nächsten Generation dieser Vorhersagen. Und die würden auch solche Vorkommnisse einbeziehen. Er hofft, dass die Technik in etwa drei Jahren reif für den Einsatz sein wird.
Diese neuen Modelle sind unter anderem wichtig, um noch genauer vorhersagen zu können, wo Weltraumschrott niedergehen wird. Und sie sind natürlich extrem relevant für jene jungen kommerziellen Raumfahrtunternehmen wie SpaceX oder das deutsche Start-up Isar Aerospace, die Satelliten in sehr niedrige Erdumlaufbahnen bringen wollen.
Der Absturz der SpaceX-Satelliten gilt inzwischen immerhin als der zahlenmäßig größte Verlust an Satelliten, den ein Sonnensturm jemals verursacht hat.
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