




In Harz und Schwarzwald schneite es am Wochenende zeitweise. Und überall zwischen Ostsee und Bodensee heizen die Deutschen gegen die Kälte am Ende des vermeintlichen Wonnemonats Mai an und fragen sich verwundert: Könnte es sein, dass die Klima-Apokalypse ausfällt? Schließlich waren auch die vergangenen beiden Winter ungewöhnlich frostig und trüb.
Dass Umweltbundesamt (UBA) und sein Präsident Jochen Flasbarth möchten offenbar verhindern, dass aus den Fragen Zweifel werden. Just in diesen Tagen hat die Behörde eine 122-seitige Broschüre aufgelegt, die dem Steuerzahler auf dessen Kosten erklärt, dass die Erde sich doch erwärmt. Immer wieder wird darin der Eindruck erweckt, als bestünde unter den wahren Klimawissenschaftlern ein breiter Konsens, vor allem unter jenen, die im Weltklimarat IPCC mitarbeiten.
Umso leichter lassen sich eine Handvoll namentlich genannter Kritiker auf den hinteren Seiten der Broschüre in die Nörglerecke stellen, darunter Fritz Vahrenholt, ehemalige Hamburger Umweltsenator und späterer Manager beim Essener Energiekonzern RWE. Er erklärt die stagnierenden Temperaturen in seinem Buch „Die kalte Sonne“ mit der schwankenden Sonnenaktivität. Gezielt unterstellen die UBA-Autoren den Skeptikern, zu denen auch die Wissenschaftsjournalisten Michael Miersch vom „Focus“ und Dirk Maxeiner gehören, entweder Ahnungslosigkeit oder Nähe zur Lobbyarbeit der fossilen Industrie.
Ganz sicher gehört es nicht zur Aufgabe einer staatlichen Behörde, Wissenschaftler, Manager und Journalisten mit einer abweichenden Meinung zum Klimawandel öffentlich an den Pranger zu stellen. Das ist eine Anmaßung. Der Vorgang zeigt jedoch, dass das Thema inzwischen weitgehend ideologisch statt wissenschaftlich diskutiert wird. Statt Abstand zu halten, machen sich die UBA-Autoren zu Glaubenskriegern.
Es ist Kern der Wissenschaft, dass die Forscher Thesen aufstellen und anhand der Wirklichkeit überprüfen. Schon manche schöne Theorie wurde auf diese Weise entkräftet. In der Klimadebatte gerät dieser Grundsatz in Vergessenheit. Zu viele Forscher und ihre Gegner setzen lieber auf steile Thesen und wollen Politik machen, statt sich nüchtern an den Fakten abzuarbeiten, wie der Hamburger Klimaforscher Hans von Storch jüngst in einem Interview der WirtschaftsWoche beklagte. Sein Appell an die eigene Zunft: „Sie muss selbstkritischer mit ihren eigenen Aussagen umgehen und bereit sein, Minderheitsmeinungen und Einwände von außen ernsthaft zu prüfen.“ Die gleichen Maßstäbe gelten natürlich auch für die Skeptiker.
Vieles im komplexen Klimageschehen verstehen die Wissenschaftler bisher nur unzureichend. Das einzugestehen, stärkt die Glaubwürdigkeit, statt so zu tun, als gäbe es bereits Gewissheiten, wie die UBA-Broschüre suggeriert. So häufen sich die Studien, die sich von den ursprünglichen Horrorszenarien des IPCC distanzieren. Noch 2009 bei der Weltklimakonferenz in Kopenhagen warnte das Gremium davor, die Erde könne sich bis zum Ende dieses Jahrhunderts um sieben Grad erwärmen, wenn keine entschiedenen – und teuren – Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Ein internationales Team an der Universität Oxford kommt jetzt auf Basis aktueller Temperaturdaten aus aller Welt zu einer anderen Prognose: Es hält diesen Extremanstieg für weniger wahrscheinlich und rechnet eher mit einem Temperaturplus von zwei bis 4,5 Grad Celsius. Aber auch dann noch, so betonen die Forscher, bleibe die Situation bedrohlich genug. Warum die Erde sich weniger aufheizt als befürchtet, obwohl der CO2-Anteil in der Atmosphäre steigt, können Sie hier noch einmal nachlesen.