Erneuerbare Energie Wie Anleger am Ökoboom in China mitverdienen

Die chinesische Ökostrombranche verdrängt die deutsche Konkurrenz. So können Anleger davon profitieren.

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Windindustrie China Quelle: Laif/Zenit

Zhangze aus Shanxi, Suntech aus Wuxi oder Yingli aus Baoding – was klingt wie experimentelle Sprachkunst sind in der internationalen Ökostrombranche Namen so stark wie Donnerhall: die drei Wind- und Solaranlagenhersteller gehören zur wachsenden Gruppe chinesischer Ökogiganten, die das Reich der Mitte zum Vorreiter für Ökostromanbieter machen.

Und ihre Aussichten sind prächtig: Bis zum Jahr 2020 will China rund 740 Milliarden Dollar in erneuerbare Energien investieren. Dabei ist das Land schon heute der größte Markt für erneuerbare Energien. Und die Investmentbank Goldman Sachs erwartet, dass bereits Ende 2010 der chinesische Marktanteil allein bei Solarmodulen auf 65 Prozent klettern wird.

Natürlich ist das eine gute Entwicklung für ein Land, das in Sachen Umweltzerstörung, Luftverpestung, Fluss- und Seevergiftung Schlagzeilen macht. Doch des Asiaten Freud, ist des Europäers Leid. Chinas Boom geht vor allem an den Deutschen, den Musterschülern der weltweiten Ökobranche, vorbei.

Zwar klingt es auch hierzulande nach Aufbruch: Die weltweit wichtigste Branchenmesse „WindEnergy“ im Nordseestädtchen Husum, ist bis 2012 nahezu ausgebucht; im Wochentakt verkünden Unternehmen neue, milliardenschwere Projekte gigantischer Windparks, ob zu Land und zu Wasser; bis 2030, so prognostiziert die Hamburger Personalberatung TGMC Management Consulting, werde die Windenergiebranche in Deutschland eine Million Arbeitnehmer beschäftigen.

Weltmarktführer büßen ein

Doch von goldenen Zeiten kann in Europa dennoch keine Rede sein. Die dänische Vestas, Weltmarktführer für Windkraftanlagen, verlor in den letzten zwölf Monaten 53 Prozent an Wert. Und beim deutschen Hersteller Nordex sieht es ähnlich aus: Die Aktie büßte 39 Prozent ein.

Vestas schockte die Windbranche im ersten Halbjahr mit einem Verlust vor Steuern und Zinsen von 244 Millionen Euro. Das Unternehmen machte in den ersten neun Monaten dieses Jahres 58 Prozent seines weltweiten Umsatzes in Europa. Nur 14 Prozent in Asien.

Dass die Europäer nicht vom chinesischen Aufschwung profitieren, liegt zunächst einmal daran, dass China in aller Regel verschlossen bleibt: „Es ist sehr schwer für europäische Hersteller, in China Fuß zu fassen“, sagt Thiemo Lang, Fondsmanager beim Schweizer Vermögensverwalter SAM. Obwohl etwa Vestas auch in China produziere, gingen fast alle öffentlichen Aufträge an chinesische Unternehmen wie Sinovel, Goldwind oder Dongfang.

Gebeutelt sind vor allem Europas Solarzellenhersteller. Ihnen fehlen nicht nur Aufträge aus China. Sie kämpfen überall auf der Welt gegen die bis zu 30 Prozent billigeren Module aus dem Reich der Mitte: Im vergangenen Jahr eroberten die chinesischen Solarzellenhersteller 38 Prozent des Weltmarktes. Die deutschen Produzenten dagegen rutschten auf 15 Prozent ab. Und während die Chinesen einen operativen Gewinn von insgesamt einer Milliarde Euro einfuhren, wie die Unternehmensberatung PRTM Management Consultants errechnete, erwirtschafteten die Deutschen einen Verlust von 440 Millionen Euro.

Anleger setzen auf China

Professionelle Anleger reagieren auf diese neuen Kräfteverhältnisse. Der Investmentmanager Lang setzt in seinem Fonds SAM Smart Energy vor allem auf chinesische Hersteller wie Yingli Green oder Trina Solar. Anders als die deutschen Wettbewerber, deren Aktien unter Druck stehen, legten die Chinesen an der Börse deutlich zu. „Ich rechne im kommenden Jahr mit einem Überangebot von Solarzellen auf dem Weltmarkt“, sagt Roberto Cominotto, Fondsmanager bei Swiss & Global Asset Management. Davon würden besonders die asiatischen Billigproduzenten profitieren. Wieder einmal.

Dass trotz des internationalen Ökostrom-Booms die Aktienindizes für erneuerbare Energien in die roten Zahlen rutschen, hat auch einen technischen Grund: Während die Favoriten an der Börse innerhalb weniger Tage und Wochen wechseln, wird der Mix aus Aktien im Index nur alle sechs Monate angepasst. In den Aktienindizes dominierten viel zu lange die schwächelnden europäischen Hersteller.

Der S&P Global Clean Energy Index beispielsweise büßte in diesem Jahr 21 Prozent ein, weil die Hälfte der im Index vertretenen Unternehmen ihren Sitz in Europa hat. Vestas ist ebenso vertreten wie die deutschen Solarzellenhersteller Solarworld und Q-Cells, die dieses Jahr kräftige Kursverluste verbuchten.

Ausgewählte Investments

Ähnliche Probleme hatte auch der World Alternative Energy Index der französischen Bank Société Générale. Vor allem Vestas und die spanischen Unternehmen Gamesa und Iberdrola Renovables zogen den Index der Franzosen nach unten. Nicht verwunderlich, dass das entsprechende Zertifikat auf den Index um 24 Prozent abstürzte.

Ein weiteres Problem der Indizes war zuletzt, dass sie unter den krisenbedingt sinkenden Energiepreisen litten. Die Rechnung ist einfach: Werden Öl oder Gas billiger, räumen Anleger den Windturbinen- und Solarzellenherstellern geringere Gewinnchancen ein. Entsprechend mies ist die Kursentwicklung der betroffenen Unternehmen. Sollte sich die Konjunktur dagegen weiter erholen, dann ist mit steigenden Energiepreisen zu rechnen, und Solar- und Windkraftaktien werden für Anleger wieder attraktiv.

Politischer Einfluss

Index-Produkte mit engem Anlagefokus eignen sich wegen starker Kursschwankungen nur für risikofreudige Anleger, die auf Sicht von ein bis zwei Jahren Gewinne einfahren wollen. Solar- und Windaktien werden nicht nur vom Auf und Ab der Konjunktur, sondern auch von politischen Entscheidungen durchgeschüttelt.

Bisher hat die aus Langs Sicht längst überfällige Kürzung der Einspeisevergütung für Solarstrom im Juli und Oktober 2010 den deutschen Solarzellenherstellern noch wenig zu schaffen gemacht. Jedoch wird eine weitere Kürzung im Januar kommenden Jahres für einen Knick bei der in Deutschland installierten Leistung von Solarparks sorgen: Statt der erwarteten sieben Gigawatt sei nur noch mit fünf Gigawatt zu rechnen.

Wer ruhiger schlafen und sein Investment mehr als drei Jahre halten will, sollte daher breiter investierende Zertifikate oder Fonds kaufen. So schließt das Zertifikat auf den Index DaxGlobal Alternative Energy (siehe Tabelle) die Branchen Erdgas, Ethanol und Batterien ein und büßte im Jahresvergleich nur 3,1 Prozent ein.

Noch besser machte es der SAM Smart Energy mit einem Plus von 14,5 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten. Ein Erfolgsrezept des Fondsmanagers Lang ist es, in der krisenanfälligen Solarbranche nach Nischen mit weniger Wettbewerbsdruck zu suchen. In einer dieser Nischen sieht Lang den deutschen Siliziumhersteller Wacker Chemie. Das Unternehmen habe einen deutlich niedrigeren Personalkostenanteil und müsse die asiatische Billigkonkurrenz nicht so fürchten wie die Solarzellenproduzenten.

Deutsche Nischen

Auch der Julius Bär Energy Transition bescherte den Anlegern mit 12,2 Prozent im Jahresvergleich einen klaren Zuwachs. Hauptgrund für den Erfolg: Fondsmanager Roberto Cominotto investiert nicht stur in Solar und Wind. Er steckt auch Geld in Autogastechnik: Vor allem in den USA rechne er mit einem Boom für den Gasantrieb, sagt der Investmentmanager.

Zwar sei Erdgas nicht erneuerbar, doch hätten US-Förderunternehmen im eigenen Land neue Gasquellen erschlossen, die den Autoverkehr unabhängiger von Ölimporten machen könnten. Dieses Gas stammt aus Schiefergestein in den USA und kann durch neue Fördertechniken wirtschaftlich erschlossen werden.

Doch auch in dieser Sparte spielen die Chinesen schon mit: Der Ölkonzern CNOOC ist an Schiefer-Gasfeldern in Texas beteiligt.

In Deutschland spürt Cominotto ebenfalls lukrative Nischen auf – zum Beispiel den Energietechniker ABB. Wer mehr Ökostrom wolle, müsse die Stromnetze ausbauen. ABB rüstet Umspannwerke aus, baut Schaltanlagen und wird allein schon deshalb vom Netzausbau profitieren. Da gibt es viel zu tun: Nach Schätzungen der Deutschen Energieagentur (Dena) seien in der Bundesrepublik bis zu 3500 Kilometer neue Stromleitungen nötig. Das Investitionsvolumen betrage laut Dena sechs Milliarden Euro bis 2020.

Nicht zufällig forderten auch die Aussteller der „Husum WindEnergy“ den Ausbau der Netze. Ohne zusätzliche Stromleitungen ließe sich die Energie aus den neuen Windparks in der Nordsee nicht in die deutschen Haushalte bringen.

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