Fleischalternative Fabrik in Holland druckt 500 Tonnen Steaks im Monat

Start-ups liefern sich ein Rennen um hochwertige Ersatzprodukte für Gourmetfleisch. Nun bringt eines von ihnen pflanzenbasierte Filets in deutsche Restaurants – und will damit Kühe überflüssig machen.

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Vegane Burger beim Fast-Food-Laden, fleischlose Würstchen im Supermarkt: Bei den Fleischalternativen hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren einiges bewegt. 2022 ist der Fleischkonsum auf dem bisher niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnung gefallen. Doch wenn Gourmets im Restaurant ein saftiges Steak bestellen, ist das Fleisch zwangsläufig immer noch tierischer Herkunft.

Das soll sich ändern. Denn seit einiger Zeit gibt es eine Kreation auf den deutschen Markt, die dem Rindersteak Konkurrenz machen soll: Das erste Filetsteak aus dem 3D-Drucker, hergestellt aus rein pflanzlichen Zutaten. „Es steht für Restaurants in Deutschland zur Verfügung“, sagt Eshchar Ben-Shitrit, Gründer des israelischen Start-ups Redefine Meat, der WirtschaftsWoche.

Seit 2018 arbeitet das junge Unternehmen an einer additiven Fertigungstechnologie, mit der es aus pflanzlichen Zutaten ganze Fleischstücke produzieren kann. Das nun vorgestellte Filet sei saftig, habe Biss, schmecke nach Fleisch, verspricht Gründer Ben-Shitrit. „Zubereitet ist es außen gar, innen rot.“

Auch in Sternerestaurants kommt das Filet auf den Tisch

Um den europäischen Markt damit zu erschließen, hat Redefine Meat nun einen namhaften Vertriebspartner gewonnen: Giraudi, einer der größten europäischen Importeure von Rindfleisch unter anderem aus den USA, nimmt das gedruckte Steak und andere Produkte des Start-ups in sein Portfolio auf. 

Zu den 110 deutschen Restaurants, die heute schon Hack und anderes Fleisch von Redefine Meat beziehen und die in Kürze auch das gedruckte Steak servieren dürften, zählen unter anderem die Steakkette The Ash, die etwa in Düsseldorf und Köln vertreten ist, und das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Restaurant Golvet in Berlin. Im viertel Quartal 2022 sollen hunderte weitere Restaurants in Deutschland Produkte von Redefine Meat in ihre Speisekarten aufnehmen.

Medium rare und trotzdem vegetarisch: Sollte Redefine Meat mit seiner Innovation Verbraucher überzeugen können, dann hätten sich die Gründer einen wichtigen Vorsprung verschafft im Rennen um die Führerschaft auf dem boomenden Markt der Fleischalternativen

Der Umsatz mit Fleisch ist in Deutschland laut Statistischem Bundesamt zwar immer noch 80 mal größer als das Geschäft mit Fleischalternativen, in dem im vergangenen Jahr 458 Millionen Euro umgesetzt wurden. Aber: Der Fleischkonsum in Deutschland sinkt, im Jahr 2021 lag er laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung um 7,8 Kilogramm pro Kopf geringer als zehn Jahre zuvor. Das Geschäft mit Fleischalternativen dagegen wuchs im vergangenen Jahr um 22,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Pflanzliche Produkte gelten als erheblich umweltfreundlicher als tierisches Fleisch. Einer neuen Studie der Unternehmensberatung PWC Strategy zufolge werden weltweit 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen direkt oder indirekt für die Fleischproduktion genutzt, die aber nur elf Prozent des weltweiten Kalorienbedarfs deckt. 

Auf die Landwirtschaft gingen zwei Drittel des weltweiten Frischwasserverbrauchs zurück, drei Viertel der Nährstoffbelastung in Gewässern und ein Viertel aller Treibhausgasemissionen. Um die Lebensmittelversorgung in Zukunft zu sichern, müsse der Fleischkonsum sinken.

Das Filet wächst im Drucker heran

Gute Argumente für das Steak aus dem 3D-Drucker. „Wir tun das, was die Kuh macht - nur ohne die Kuh“, sagt Redefine-Meat-Gründer Ben-Shitrit. Aus pflanzlichen Zutaten erzeugt sein Team, knapp 300 Mitarbeiter stark, Fasern, Fette und eine Flüssigkeit, die tierischem Blut ähneln soll. 

Eigens entwickelte Maschinen fügen diese Elemente dann in Schichten so übereinander, dass ein ganzes Steak entsteht, das in Biss und Form dem Original ähneln soll. Elf Patente hat das Unternehmen auf die Technik angemeldet.

In einer Fabrik in den Niederlanden fährt Redefine Meat nun die Produktion hoch. Dort sollen 3D-Drucker bis zu 500 Tonnen Fleisch pro Monat herstellen können, was zwölf Millionen Dollar Umsatz pro Monat entsprechen soll, sagt Ben-Shitrit. Neben Steaks druckt Redefine Meat auch Pulled Pork, Würstchen, Hackfleisch und Burger Patties. 1000 Restaurants in vier Ländern sollen die Produkte schon im Angebot haben, nun will Ben-Shitrit das Geschäft in ganz Europa massiv ausbauen.

Konkurrenten setzen auf Pilze und Zellkulturen

Aber die Konkurrenz schläft nicht. Erst vor wenigen Tagen hat das Start-up Steakholder Foods, ebenfalls aus Israel, 3D-gedrucktes Rindfleisch vorgestellt, das so fein marmoriert sein soll wie Wagyu-Fleisch. Anders als Redefine Meat setzt der Wettbewerber auf kultiviertes Rindfleisch: Muskel- und Fettgewebe, das die Gründer aus Rinderstammzellen gewinnen und Schicht für Schicht drucken.



Für das kultivierte Fleisch brauchen die Gründer von Steakholder Foods allerdings noch die Zulassung der jeweiligen nationalen Lebensmittelbehörden. Auch gilt es als Herausforderung, kultiviertes Fleisch vom Labor in die Massenfertigung zu bringen.

Deshalb dominieren auf dem Markt bisher pflanzliche Fleischalternativen. Neben dem 3D-Druck gelten auch gezüchtete Pilzfasern als vielversprechende Technologie, um die Textur von tierischem Fleisch nachzuahmen – das Londoner Start-up Adamo Foods etwa entwickelt ein Steak aus Myzelfasern. 

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Ob diese Innovationen schon überzeugen können, davon können sich Restaurantbesucher in Berlin und anderswo nun selbst ein Bild machen.

Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals im Oktober 2021. Wir zeigen es aufgrund des hohen Leserinteresses erneut.

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