Fliegende Autos Den Stau einfach mal überfliegen

Zur Arbeit pendeln wie in einem Science-Fiction-Film: Mit einem schwebenden Auto wäre das möglich. Rund ein Dutzend Unternehmen liefert sich ein Wettrennen um die Entwicklung – die Hürden sind aber groß.

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Die Illustration von Joby Aviation zeigt die Idee hinter der Entwicklung: Statt auf verstopften Straßen im Stau zu stehen, sollen sich Menschen in Lufttaxis künftig zur Arbeit befördern lassen. Quelle: AP

Washington Schon wieder ein Stau. Jetzt einfach mit dem Auto abheben und über die Schlange schweben! Was sich Pendler und Urlaubsfahrer seit jeher erträumen, wird bei Unternehmern und Erfindern schon eifrig erforscht. „Schon in zehn Jahren könnten Produkte auf dem Markt sein, die das Fahren in der Stadt für Millionen Menschen revolutionieren“, sagt Zach Lovering zuversichtlich.

Er ist bei Airbus für das „Vahana“-Projekt zuständig, benannt nach dem Reittier einer hinduistischen Gottheit. Ziel ist die Entwicklung eines fahrerlosen fliegenden Taxis. Doch Airbus ist nicht das einzige Unternehmen, das den Traum vom fliegenden Auto wahr werden lassen möchte. Fast ein Dutzend Unternehmen rund um den Erdball wetteifern um den Durchbruch.

Einige der Entwicklungen ähneln tatsächlich einem Pkw, der Flügel ausbreiten kann. Andere sind eigentlich gar keine Autos mehr: Das „S2“ von Joby Aviation in Kalifornien sieht aus wie ein herkömmliches Flugzeug, mit einem Dutzend Rotoren. „Vahana“ hingegen erinnert an ein Cockpit auf Kufen mit Propellern vorne und hinten.

Gemeinsam haben die meisten Entwicklungen, dass sie senkrecht abheben und landen, wie Hubschrauber. Statt eines großen Propellers verfügen sie aber über viele kleine, jeweils angetrieben von einem Elektromotor.

Unterschiede gibt es bei den Konzepten der Steuerung. Einige der Fluggeräte in Entwicklung sind eher Drohnen, die für jeden Einsatz vorprogrammiert werden. Gesteuert und überwacht werden sie dann vom Boden oder von einem Kontrollzentrum aus. Andere wurden entworfen, um von einem menschlichen Piloten geflogen zu werden.

Jüngste Fortschritte in der Computertechnologie lassen die Chancen auf ein Pendler-Flugtaxi steigen. Sie hätten „die Türen zu einer ganz neuen Welt von Möglichkeiten für Flugmaschinen“ geöffnet, schwärmt Charles Eastlake, emeritierter Professor an der Embry-Riddle-Universität für Luftfahrt in Daytona Beach in Florida.

Doch auf Zusagen will er sich nicht einlassen. „Meine technische Einschätzung ist, dass es möglich ist, innerhalb der nächsten zehn oder fünfzehn Jahre tatsächlich selbstfliegende Lufttaxis zu nutzen, aber gewiss ist das keineswegs. Die Herausforderungen sind groß.“


Im Lufttaxi in die City

Zu den größten Problemen zählt die Suche nach ausdauernden Batterien, die nicht viel wiegen. Derzeit verfügbare Batterien könnten ein fliegendes Taxi nach Einschätzung von Experten vermutlich 15 bis 30 Minuten in der Luft halten. Das wäre für die meisten Pendlerstrecken wohl zu wenig.

Die Lärmbelästigung ist ein weiterer Faktor. Sie darf nicht zu hoch sein, denn Start und Landung wären meist in Wohngebieten. Für einen Ansturm von Fluggeräten in der Rushhour müssten in Innenstädten ausreichend Landeplätze zur Verfügung stehen.

Und natürlich müsste die Überwachung des bodennahen Luftraums funktionieren. „Es ist klar, dass das existierende Luftfahrtkontrollsystem sich nicht an die Frequenz in geringer Flughöhe anpassen lässt, von der hier die Rede ist“, erklärt John Hansman vom Massachusetts Institute of Technology. Er glaubt, dass die Entwicklung eines Flugtaxis in absehbarer Zeit zu schaffen ist.

„Es ist gar keine Frage, dass wir das Fahrzeug bauen können“, so Hansman. „Die große Herausforderung ist, ob wir ein Fahrzeug bauen können, das an den Orten zugelassen würde, wo die Menschen es nutzen wollen.“

Das wären nach Ansicht der Experten vor allem große Städte. Die Unternehmen im Wettrennen um das erste fliegende Auto haben ein riesiges Marktpotenzial vor Augen: Menschen, die vom Rand einer Metropole in die City gelangen möchten, unbelastet von Staus und Zeitnot. Eine Vision sind Ein- bis Zwei-Personen-Taxis, die ihre Passagiere auf die Dächer von Bürogebäuden bringen, wo sie dann entspannt den Lift zum Arbeitsplatz nehmen können.

Der Online-Transport-Vermittler Uber hat bereits Interesse angemeldet. Sein Unternehmen wolle „ein Katalysator“ bei der Entwicklung eines Lufttaxis sein, sagt Projektmanager Nikhil Goel.

Was ein solches Transportmittel kosten würde, dazu gibt es noch keine Aussagen. Während einige für die kommerzielle Nutzung designt werden, sind andere auf den privaten Gebrauch ausgerichtet. Bei hoher Nachfrage, so die Kalkulation, könnte das Flugauto schließlich in Massenproduktion gehen und sogar zu einem erschwinglichen Preis angeboten werden.

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