
Die MH370-Experten sind praktisch sicher: Farbe und Markierungen auf den beiden in Mosambik angespülten Trümmerteilen stimmen mit denen der 2014 verschwundenen Malaysia-Airlines-Boeing mit der Flugnummer MH370 überein. Drei Wrackteile sind damit identifiziert.
Was bedeutet das für die Suche nach dem Rest des Wracks?
Der Fund an der Südostküste Afrikas bestätigt die Theorie, dass die Maschine im Indischen Ozean abgestürzt ist. „Das stimmt mit unseren Strömungsmodellen überein“, sagt der australische Transportminister Darren Chester. Mosambik ist 6000 Kilometer vom angenommenen Absturzort entfernt. Das Meer bewegt sich zwischen Australien und Afrika im Kreis. Der nördliche Bogen fließt von Ost nach West. Die Strömung kann mehr als drei Kilometer in der Stunde betragen, 70 Kilometer am Tag. 6000 Kilometer in zwei Jahren ist ein Klacks.
Ändert sich bei der Suche dann etwas?
Nein. Bergungsspezialisten werden das letzte Viertel des nach Satellitenauswertungen abgesteckten Suchgebiets 2000 Kilometer westlich von Perth weiter beackern. Das soll bis Juli abgeschlossen sein. Anfang März zeigten sich die Regierungen Australiens und Malaysias optimistisch, dass das Wrack dort gefunden wird.
Was lässt sich aus den gefundenen Wrackteilen schließen?
Es könnte Anhaltspunkte geben, was damals genau an Bord passierte. „Wir können vielleicht herausfinden, wie das Flugzeug auseinandergebrochen ist, und wie hart die Landung auf dem Wasser war“, sagt Pilot und Luftfahrtdozent Ronald Bishop von der Central Queensland-Universität der Deutschen Presse-Agentur. „Sank das Wrack sofort oder ist es an der Oberfläche getrieben? Ist es in der Luft explodiert oder beim Aufprall auseinandergebrochen?“
Wie können die Ermittlungen vorangetrieben werden?
Dass jetzt schon drei Wrackstücke bis nach Südostafrika gespült wurden, legt nahe, dass dort weitere Trümmerteile sind. „Wir denken, wir sollten ein Team hinschicken, um nach Trümmerteilen zu suchen. Wir verhandeln darüber schon mit den Behörden Südafrikas und warten auf grünes Licht“, sagt Malaysias Transportminister Liow Tiong Lai.
Die nervenaufreibende Suche nach MH370
Am 8. März 2014 verschwand Flug MH370 auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking spurlos vom Radar. Auch nach einem Jahr ist völlig rätselhaft, wo und warum die Maschine der Malaysia Airlines mit 239 Menschen an Bord abhandenkam. Derzeit konzentrieren sich die Suchmannschaften auf eine 60 000 Quadratkilometer große Zone im Indischen Ozean westlich von Australien - bislang ohne jeden Erfolg.
Die Suchmannschaften haben bisher mehr als 40 Prozent dieser Zone durchkämmt. In dem Areal rund 1800 Kilometer vor der australischen Westküste wird das Flugzeug aufgrund von Auswertungen des Signalverkehrs zwischen MH370 und einem Satelliten vermutet. Innerhalb der durchschnittlich 4000 Meter tiefen Meereszone lässt sich nach Aussagen des Leiters der australischen Verkehrssicherheitsbehörde (ATSB), Martin Dolan, allerdings kein Punkt ausmachen, an dem die Suche am ehesten Erfolg verspricht.
Trotz mehrmaliger Verzögerungen wegen schlechten Wetters oder Ausrüstungsproblemen gehen die Behörden davon aus, dass diese vorrangige Zone bis Ende Mai durchsucht ist.
Eine Option wäre nach Auskunft des australischen Verkehrsministers Warren Truss die Ausweitung der Suche auf ein größeres Gebiet im Meer vor Australien. Die bisherigen Suchanstrengungen haben Australien und Malaysia jeweils mit umgerechnet rund 54 Millionen Euro unterstützt. Im kommenden Monat soll in Gesprächen der beiden Regierungen mit China eine Entscheidung über eine mögliche weitere Suche fallen. „Je mehr Partner wir haben, desto mehr Möglichkeiten haben wir, ein größeres Gebiet zu durchsuchen“, betont Truss.
Vier Schiffe mit jeweils 30-köpfiger Besatzung durchsuchen die ausgewiesene Zone. Drei der Schiffe sind mit Sonargeräten ausgerüstet, die sie hinter sich herziehen und die knapp über dem Meeresboden mögliche Trümmer orten sollen. Seit Januar ist das vierte Schiff namens „Fugro Supporter“ dabei. Es hat eine Art unbemanntes U-Boot im Einsatz, das leichter durch felsige und unebene Stellen in der Meerestiefe gesteuert werden kann und daher auch Regionen abtasten kann, bei denen die Sonargeräte an ihre Grenzen stoßen.
Anders als diese schickt die Unterwasserdrohne aber keine Daten in Echtzeit zurück an Bord, sondern muss nach 24 bis 36 Stunden an die Oberfläche gebracht werden, damit die Daten abgegriffen werden können. Etwa alle vier Wochen müssen die Schiffe zurück zur Küste, um Vorräte aufzustocken. Der einfache Weg kann bis zu sechs Tage in Anspruch nehmen.
Nach Trümmerteilen an der Wasseroberfläche wird nach Angaben von ATSB-Chef Dolan weiter Ausschau gehalten, auch wenn solche vermutlich längst gesunken wären. Im August baten die australischen Behörden Indonesien, das Meer vor seiner Westküste zu beobachten. Derzeit wird das Strömungsmodell überprüft, um zu sehen, ob Flugzeugteile möglicherweise an eine andere Stelle getrieben worden sein könnten.
Australien bemüht sich bereits um Firmen, die die Bergung vom Meeresboden vornehmen könnten. Vor einer Bergungsaktion müssten allerdings zunächst Australien und Malaysia zustimmen, dann müsste über die beste Vorgehensweise entschieden werden. Sollte das Flugzeug auf dem Meeresgrund entdeckt werden, würde es nach Einschätzung Dolans bis zum Beginn der Bergung noch mindestens einen Monat dauern.
Was sagen die Angehörigen?
„Mich packt bei solchen Nachrichten (über den Fund) wieder der Schock“, sagt die Anwältin Grace Nathan. Ihre Mutter Ann Daisy war an Bord. „Ich will, dass sie (intensiver) vor Mosambik suchen“, sagt der Chinese Liang Qingshan, dessen Frau an Bord war. „Vor allem sollen sie uns die Wahrheit sagen.“ Wie viele andere Angehörige, so glaubt auch er an eine Verschwörung, die die Ermittlungen behindert. Auch Nathan fragt sich, warum die Strände nicht längst systematisch abgesucht werden. „Man fragt sich doch: wollen sie dieses Flugzeug wirklich finden?“
Sind die Ermittler der Aufklärung eines der größten Rätsel der Luftfahrtgeschichte auf der Spur?
Schwer zu sagen. „Jedes Trümmerteil bringt uns dem Wrack näher und der Frage: Was ist an Bord passiert?“, sagt Luftfahrtdozent Bishop. „Es ist wie ein Puzzle. Jedes Teil ist für das große Ganze wichtig.“