Fortschritt Diese Technik-Trends kommen 2014

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Strom auf Vorrat

Weltweit sind Forscher in einem Wettlauf um die Entwicklung neuer, leistungsfähiger und bezahlbarer Stromspeichersysteme. Quelle: dpa

Bereits als das Orkantief Xaver Anfang Dezember noch weit draußen auf dem Atlantik lag, rauschte der Strompreis an der Leipziger Strombörse in den Keller. Der Grund: Die Händler erwarteten, dass die Windturbinen im Land wegen des starken Sturms drei bis vier Mal so viel Elektrizität produzieren würden wie üblich. Dieses enorme Angebot sei nur mit großen Preisnachlässen loszuschlagen, glaubten sie.

Die Reaktion der Trader illustriert ein zentrales Problem der Energiewende. Je mehr Strom Wind- und Solaranlagen produzieren, desto dringlicher wird die Aufgabe, das unstete Angebot auszugleichen. Das Ziel dabei: Statt Überschüsse mehr oder weniger zu verschenken, sollen sie für Zeiten gehamstert werden, in denen Wind und Sonne pausieren.

Weltweit sind Forscher daher in einem Wettlauf um die Entwicklung neuer, leistungsfähiger und bezahlbarer Speichersysteme. Sie sollen kurzzeitige Schwankungen in der grünen Stromproduktion ebenso kompensieren können wie längere Ausfälle, wenn tagelang kein Lüftchen weht oder Wolken den Himmel verhüllen.

Der Bedarf an Speicherkapazität ist gewaltig: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzt ihn für Deutschland im Jahr 2050 auf mindestens 16.000 Megawatt – was der Leistung von 16 Kernkraftwerken entspricht. Aber auch in vielen Gegenden der USA entstehen derzeit große Wind- und Solarparks, deren Strom gelagert werden will. Das erklärt, warum sich gerade dort so viele Spitzenforscher in spektakuläre Speicherprojekte stürzen.

Einer von ihnen ist Donald Sadoway, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Er hat eine Batterie entwickelt, in der Strom in preiswerte flüssigen Metallen statt wie bisher in Feststoffen zwischengelagert wird. Schon im kommenden Jahr will der Chemiker mit seinem Startup Ambri einen Prototyp testen. Die Speicher in Containergröße sollen zwei Megawattstunden Strom aufnehmen können. Damit ließen sich 70 US-Haushalte einen Tag lang mit Elektrizität beliefern.

Künftig will Sadoway die Zellen zu Großspeichern mit einem Fassungsvermögen von mehreren Hundert Megawattstunden zusammenschalten. Sie könnten dann ganze Stadtteile versorgen. Als weitere Vorzüge der Technologie nennt der Forscher: Auch nach Jahren intensiver Nutzung verliert der Flüssigmetall-Akku, anders als seine Feststoff-Pendants, kaum Ladekapazität. Und er lässt sich preiswerter herstellen.

Vinod Khosla, Mitgründer von Sun Microsystems und heute Risikokapital-Legende, sowie Microsoft-Gründer Bill Gates hat Sadoway überzeugt. Mit 15 Millionen Dollar finanzieren sie den Bau einer ersten Produktionsstätte für die neuen Speicher.

Beide sind als Geldgeber auch beim kalifornischen Startup Lightsail an Bord. Dessen Entwickler kombinieren Druckluft und Wasser zu einem hocheffizienten Speicher. Produzieren Solarkraftwerke mehr Strom, als gerade benötigt wird, presst ein Motor mit der überschüssigen Energie Luft in einen Behälter. Damit die bei der Kompression entstehende Wärme nicht ungenutzt bleibt, sprühen die Kalifornier Wasser hinzu, das die Wärme aufnimmt. Anschließend trennen sie Druckluft und das erhitzte Wasser und speichern sie separat.

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