Gefahr für Deutschland gering Warum die Furcht vor Ebola unnötig ist

In den USA wurde ein Ebola-Kranker von einer Klinik abgewiesen. Das schürt die Sorge vor einem Überschwappen der Seuche in westliche Länder. Warum die Angst unbegründet ist und was Deutschland in so einem Fall tun kann.

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Ein Mädchen in der Nähe von Monrovia wird ins Krankenhaus gebracht, weil es Ebola-Symptome zeigte. Quelle: AP

Im US-Bundesstaat Dallas ist dem Krankenhauspersonal ein Fehler unterlaufen, der zur Zeit für Schlagzeilen sorgt: Thomas Eric Duncan kam mit Bauchschmerzen und Fieber in das Texas Health Presbyterian Hospital. US-Medienberichten zufolge soll er dem Krankenhauspersonal auch gesagt haben, dass er aus Liberias Hauptstadt Monrovia, einem der Hot Spots der aktuellen Ebola-Seuche, eingereist war. Trotzdem schrillten nicht die Alarmglocken.

Anstatt den Mann auf Ebola zu testen, wurde er mit Antibiotika wieder nach Hause geschickt. Duncan hatte daraufhin noch Kontakt mit fünf Kindern, ehe sein Neffe die US-Gesundheitsbehörde CDC kontaktierte.

Ebola-Patient in den USA hatte Kontakt zu Schulkindern

Mittlerweile liegt Duncan in dem texanischen Krankenhaus. Sein Zustand soll ernst, aber stabil sein. Insgesamt soll er mit mindestens 18 Menschen in Berührung gekommen sein, von denen bislang glücklicherweise keiner Symptome zeigte.

Keine Ansteckung während Inkubationszeit

Es sind solche Geschichten, die die Angst auch in Deutschland schüren, die tödliche Seuche könne sich über die Grenzen Afrikas ausbreiten. Es war weltweit der erste Fall, bei dem ein Mensch sich in Afrika mit dem Ebola-Virus infizierte und dann außerhalb des Kontinents erkrankte - und die erste Diagnose des tödlichen Virus innerhalb der Vereinigten Staaten.

Anders als mehrere Patienten, die zuvor aus Afrika zur Behandlung in die USA gebracht wurden, wurde Duncan nicht mit einer isolierten Spezialmaschine von Liberia in die Heimat zurückgebracht. Er saß stattdessen als regulärer Passagier neben anderen Fluggästen.

Der erste in den USA an Ebola erkrankte Mann ist im Texas Health Presbyterian Hospital in Dallas auf der Isolierstation untergebracht. Quelle: REUTERS

Dennoch: Die Gefahr einer Ansteckung von anderen Fluggästen ist nach Einschätzung des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) „sehr gering“. Jedenfalls solange der oder die Infizierte sich noch in der Inkubationszeit von bis zu 21 Tagen befindet. Solange keine Symptome auftreten, wird die Krankheit nicht übertragen, machen Experten deutlich. Im Fall Duncans traten die Symptome erst einige Tage nach dem Flug auf.

Wie kann Ebola rechtzeitig erkannt werden?

Auch der Hamburger Virusexperten Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin, sagte: „Der Mann war nicht erkrankt, als er im Flieger war. Da ist das Risiko null.“ Durch den internationalen Flugverkehr sei es möglich, „dass mal so ein Fall nach Deutschland importiert wird“. „Es wird aber niemals bei uns zu so einem Ausbruch kommen wie in Westafrika. Unser Gesundheitssystem und unsere kulturellen Voraussetzungen sind ganz andere.“

Das ist das Ebola-Virus

Das Robert Koch-Institut (RKI) Berlin sieht daher auch ein nur geringes Risiko, dass Ebola eine Gefahr für Deutschland wird. Lars Schaade, Vize-Präsident des RKI, sagte, dennoch könne man es nicht ganz ausschließen. Daher sei man "auf alles vorbereitet".

Exit-Screening in Ebola-Gebieten

Um Infizierte frühzeitig zu erkennen, empfiehlt die WHO ein sogenanntes Exit-Screening an den Startflughäfen in den Seuchen-Gebieten. Dieses wird laut Schaade auch durchgeführt. Dabei werden die Passagiere auf Fieber und andere Symptome untersucht, die auf Ebola hindeuten könnten. Bei einem begründeten Verdacht auf die Krankheit wird die Mitnahme verweigert. Wie sich im Fall des in den USA an Ebola erkrankten Mannes zeigt, ist dies aber keine Garantie dafür, dass das Virus nicht in andere Länder gebracht wird.

Der Flugverkehr von und in die Hauptstädte der Ebola-Länder Liberia, Guinea und Sierra Leone ist seit Wochen erheblich eingeschränkt, da fast alle Gesellschaften diese Verbindungen ausgesetzt haben. Nach Monrovia fliegt allerdings noch zwei Mal wöchentlich die belgische Gesellschaft Brussels Airlines. Sie ist mit der Lufthansa und vielen anderen Fluggesellschaften in der Star Alliance verbunden, darunter auch der amerikanischen United. Von Monrovia aus kann man also über das Drehkreuz Brüssel mit Star-Alliance-Partnern in die USA oder nach Deutschland fliegen, auch wenn man das - zunächst noch unerkannte - Ebola-Virus in sich trägt.

So wird bei Ebola-Verdacht in Deutschland verfahren

In Deutschland wird Passagieren, die aus den Ebola-Gebieten einreisen, Infomaterial mitgegeben. Darin erfahren sie, "was sie tun müssen, wenn sie in den nächsten drei Wochen Symptome bekommen". So lange dauert die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit. Wer Symptome wie Fieber, Unwohlsein, Durchfall und Erbrechen bei sich feststellt, solle sich sofort - zunächst telefonisch - bei einem Arzt melden, sagt Schaade.

Nach Empfehlungen des Robert Koch-Instituts soll der Arzt dann zunächst fragen, ob der Patient tatsächlich in einem solchen Staat war - derzeit Guinea, Sierra Leone, Liberia, Nigeria, Senegal oder der Demokratischen Republik Kongo. Denn grundsätzlich können viele Krankheiten derartige Beschwerden verursachen.

Chronologie der aktuellen Ebola-Epidemie

Bei Fieber sollte man immer auch an Malaria denken. Nach RKI-Angaben hat noch kein Tourist Ebola nach Deutschland mitgebracht. Es seien aber in den vergangenen Sommern im Durchschnitt über 40 Malaria-Fälle pro Monat bei Rückkehrern aus Westafrika aufgetreten. Auch andere schwere Fieber-Erkrankungen seien möglich.

RKI: Ebola-Epidemie in Deutschland ausgeschlossen

Ein begründeter Ebola-Verdacht liegt vor, wenn ein Betroffener mit Fieber sich bis zu 21 Tage vor Krankheitsbeginn in einem der Epidemieländer aufgehalten hat und möglicherweise direkten Kontakt zu Körperflüssigkeiten von erkrankten oder toten Menschen oder Tieren hatte. Wichtig sei dann, dass der Arzt bereits die nötigen Vorkehrungen trifft und der Patient in einen isolierten Raum kommt.

Dem RKI-Plan zufolge muss umgehend unter anderem das zuständige Gesundheitsamt und eines der speziellen Behandlungszentren informiert werden. Der Patient sollte möglichst bald auf eine Sonderisolierstation in einem der Behandlungszentren kommen. Ein Virentest auf Ebola kann meist innerhalb einiger Stunden Gewissheit verschaffen.

„Es ist absolut unvorstellbar, dass ein Erkrankter wochenlang etwa durch Hamburg läuft“, ergänzte der Experte. Auch eine Ebola-Epidemie in Deutschland schließt er infolgedessen aus.

Deutschland hat Sonderisolierstationen

In Deutschland gibt es eine Reihe von Behandlungszentren mit Sonderisolierstationen für Patienten mit Verdacht auf hochansteckende, lebensbedrohliche Krankheiten wie Ebola. Sie sind so verteilt, dass sie ein Krankentransport von jedem Ort der Bundesrepublik aus binnen weniger Stunden erreichen kann. Solche Zentren gibt es in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Main), Hamburg, Leipzig, München und Stuttgart. In der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg besteht ein bundesweites Ausbildungszentrum. Dies kann allerdings keine Patienten aufnehmen und ist kein ausgewiesenes Behandlungszentrum für Ebola.

Mit Masken und Spezialanzügen schützen sich Pflegekräfte auf der

Auf einer Sonderisolierstation wird der Patientenbereich durch ein Schleusensystem betreten. Der erste Raum dient Pflegern und Ärzten zum Duschen und Anlegen der Schutzkleidung. Erst dann gehen sie durch eine weitere Schleusenkammer in den Patientenraum. Beim Verlassen des Behandlungszimmers müssen sie die Schutzkleidung desinfizieren.

Im gesamten Bereich herrscht Unterdruck, so dass über die Luft keine Erreger herausgelangen können. Die Abluft wird gefiltert. Für die Aufbereitung von Abwasser und Müll gibt es besondere Vorschriften. In den Behandlungszentren arbeitet speziell geschultes Personal.

"Am falschen Platz in der Welt geboren"

So wird überdeutlich: Die Ebola-Seuche hängt entscheidend mit den ungleichen Lebensverhältnissen in der Welt zusammen. Das Wissen und die Infrastruktur, um gegen solche Krankheiten zu kämpfen, seien am ehesten in den gut entwickelten Ländern vorhanden, sagte Weltbank-Präsident Jim Yong Kim am Mittwoch.

Jim Yong Kim Ebola Quelle: AP

Die armen Länder wie Guinea, Liberia oder Sierra Leone hätten oft keinen Zugang dazu. Das bedeutet: Tausende von Menschen sterben an Ebola, "weil sie unglücklicherweise am falschen Platz in der Welt geboren" seien, sagte Jim Yong Kim. Die Ebola-Welle zeige die Folgen des ungleichen Zugang zu grundlegenden Gesundheitsdiensten und -leistungen.

Unterdessen sieht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) leichte Anzeichen für eine Besserung der Ebola-Situation in Westafrika. In den drei am stärksten betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone sei die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen die zweite Woche in Folge gesunken, teilte die Organisation in Genf mit. Grund für den Rückgang sei in erster Linie Monrovia. In der vergangenen Woche sei in der Hauptstadt Liberias keine einzige Neuerkrankung gemeldet worden. Allerdings würden nicht alle Infektionen den Behörden mitgeteilt, hieß es weiter.

Mindestens 1500 Dosen eines experimentellen Ebola-Impfstoffes sollen Anfang 2015 für medizinisches Personal und andere Helfer in Westafrika eingesetzt werden. Kanada spendete der Weltgesundheitsorganisation die Substanz, die erstmals in den nächsten Tagen in den USA an gesunden Probanden getestet werden soll. Tests mit einem zweiten erfolgversprechenden Impfstoff laufen bereits seit September in den USA und Großbritannien.

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