Der nächste Schwung Gentherapien wird einen echten Massenmarkt betreffen: Krebs, eine der häufigsten Todesursachen in der westlichen Welt. Einer der Pioniere in diesem Feld ist die chinesische Firma Sibiono GeneTech aus Shenzhen. Sie hat bereits seit 2003 in China eine Zulassung, um Tumore im Kopf und am Hals zu bekämpfen. Dazu bringen die Forscher mithilfe eines Virus Wächtergene in die Krebszellen, die dann ein Selbstmordprogramm starten: Der Tumor schrumpft. Diese Gene lassen normalerweise Zellen sterben, deren Erbgut aufgrund ihres Alters, durch UV-Strahlung oder Giftstoffe Defekte bekommen haben. In Krebszellen ist dieser Selbstschutz außer Kontrolle geraten.
Formen der Krebs-Therapie
Bei einer Operation wird der Tumor entfernt, häufig auch die umliegenden Lymphknoten um eine Streuung zu vermeiden. Eine Operation allein reicht meist nicht aus.
Quelle: Bayerische Krebsgesellschaft
Dabei kommen bestimmte Medikamente, sogenannte Zytostatika, zum Einsatz. Sie können bösartige Tumoren zerstören oder zumindest ein weiteres Wachstum verhindern. Die Medikamente greifen in den Zell-Stoffwechsel ein. Weil sie aber nicht zwischen gesunden Zellen und Tumorgewebe unterscheiden können, kommt es zu Nebenwirkungen, etwa Haarausfall, Erbrechen, Immunschwäche. Weil sich das Normalgewebe aber schneller regeneriert, wirkt die Chemotherapie auf Krebszellen stärker.
Der Tumor wird vor, nach oder anstelle einer Entfernung mit energiereicher Strahlung beschossen. Die Bestrahlung kommt nur lokal zum Einsatz und kann das Wachstum des Tumors bremsen, indem die Tumorzellen zerstört werden.
Es handelt sich um einen jungen Therapieansatz, auch "targeted therapy" (zielgerichtete Therapie) genannt. Hierunter fällt die in der US-Studie erforschte Blockierung des Ral-Proteins. Spezifische Wirkstoffe sollen zielgenau die Krebszellen angreifen.
Hierbei werden Antihormone gegeben. Sie können vor allem Tumoren der Geschlechtsorgane und Brustkrebs im Wachstum stoppen oder verlangsamen.
Hierunter versteht man die Überwärmung des Körpers oder einzelner Körperteile. Dies kommt beispielsweise ergänzend zu einer Strahlentherapie zum Einsatz, und kann ihre Wirkung verstärken.
In Europa und USA waren die Behörden bei ähnlichen Konzepten lange nicht überzeugt, dass der Nutzen der Therapie deren Risiken überwiegt. Denn es ist erfolgversprechender, eine bisher unheilbare Erbkrankheit zu behandeln, die durch einen einzelnen Gendefekt verursacht wird, als Krebs, bei dem häufig mehrere Gene eine Rolle spielen. Zudem können Ärzte heute schon gegen Tumore mit Chemotherapie, Bestrahlungen und Operationen vorgehen.
Diese traditionellen Behandlungen mit der modernen Gentherapie zu kombinieren ist möglicherweise der beste Weg. Erbanlagen, die an der Krebsentstehung beteiligt sind, gibt es genug. Zwei Drittel aller Gentherapieversuche am Menschen richten sich daher derzeit gegen dieses Leiden. Dabei verfolgen viele Forscher das Ziel, das Abwehrsystem des Körpers auf die Krebszellen aufmerksam zu machen, um diese zu entlarven und zu zerstören. Denn Krebszellen sind perfekt darin, sich als harmlose Körperzellen zu tarnen.
Geradezu genial wäre es, mittels Gentransfer typische Altersleiden zu bekämpfen, etwa den Abbau von Nerven. Zumindest bei der Parkinson-Erkrankung mit ihrer Schüttellähmung laufen schon mehrere Studien – auch bei Uniqure. Der Plan: Eine ins Gehirn gespritzte Genfähre soll die Produktion eines fehlenden Botenstoffs anregen. Wie wirksam so eine Therapie auf Dauer ist, muss sich aber erst zeigen.
Das vor einem guten Jahr gegründete US-Start-up Voyager Therapeutics hat bereits erste Parkinson-Patienten behandelt. Im Februar stieg hier der französische Pharmakonzern Sanofi ein und schloss einen Deal im Wert von 845 Millionen Dollar ab.
Selbst die Todesursache Nummer eins, die Herz-Kreislauf-Leiden, glauben die Gentherapeuten bekämpfen zu können. Knapp acht Prozent aller Gentherapiestudien beschäftigen sich bereits damit, die lebenswichtige Blutpumpe wieder fit zu bekommen. So will die kalifornische Celladon den Kalziumhaushalt im Herzmuskel so regeln, dass die Zellen besser und stärker arbeiten können. Denn bei der weitverbreiteten Herzschwäche pumpt der – oft nach einem Infarkt – geschädigte Muskel nur noch mit halber Kraft. Celladons Versuche am Menschen sind bereits weit fortgeschritten.
Auch Uniqure heilt Herzen, wenn auch erst beim Schwein. Dort aber sehr erfolgreich, sagt Aldag, der das Verfahren bald am Menschen erproben will. Die neue Konkurrenz sieht er ganz positiv, denn sie belegt für ihn: „Das Zeitalter der Gentherapie hat gerade erst begonnen.“