
Tagelang konferierte in Washington die Forscher-Elite, die bereits mit den brandneuen und hocheffektiven Methoden der präzisen Genveränderung arbeiten – dem sogenannten Gene-Editing.
Auch all jene saßen mit dabei, die diese Techniken entwickelt und zum Patent angemeldet haben oder die in ihren Firmengründungen die neuen präzisen Genscheren in heilsame Therapien verwandeln oder damit neue Hochleistungspflanzen designen wollen: Die in Deutschland forschende Emmanuelle Charpentier saß ebenso auf dem Podium wie die Kalifornierin Jennifer Doudna – die beiden gelten als Erfinderinnen der neuen, hochpräzisen Genscheren mit dem sperrigen Namen Crispr-Cas.
Auch ihre Widersacher im bereits entbrannten Patentstreit – Feng Zhang und George Church aus der Ostküsten-Forscherhochburg Massachusetts debattierten dort mit. Ebenso wie Forscher aus Großbritannien, die bereits Anträge gestellt haben, um diese Technik an menschlichen Embryonen auszuprobieren. Und solche aus China, die das bereits im Frühling dieses Jahres getan haben. Sie alle diskutierten auf Einladung der nationalen Forschungsakademien der USA, Großbritanniens und Chinas darüber, welche Chancen für Medizin und Landwirtschaft – aber auch welche möglichen Gefahren – die neuen biotechnischen Werkzeuge bieten.





Bakterien nutzen solche Enzymkomplexe wie Crispr-Cas9 und ähnliche Genscheren zwar schon seit Jahrmillionen, um sich vor Krankheitserregern zu schützen. Das Potential für die biotechnische Forschung erkannten Charpentier und Doudna aber erst vor drei Jahren und stellten sie der Wissenschaftlergemeinde durch ihre Veröffentlichungen vor. Seither hat sich die Technik in rasendem und bisher selbst in dieser Hightech-Disziplin noch nie dagewesenem Tempo in nahezu alle Biotech-Labors der Welt ausgebreitet.
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Schnell zeigte sich, dass die Handhabung dieses Gen-Bastel-Werkzeugs so spielend einfach ist, dass nahezu jedermann, der biologische Labor-Grundkenntnisse besitzt, sich damit ans Neu-Design des Erbguts machen kann – von Joghurt-Kulturen, Pflanzen, Krankheitserregern, Tieren und auch des Menschen.
Die Vorstellung, dass Terroristen sich dieser Technik bedienen und neue, extrem tödliche Seuchen entwickeln könnten, erschreckte die Forscher selbst. Auch die Vorstellung, dass Wissenschaftler mit diesen neuen Methoden der Gen-Chirurgie die Spezies des Menschen einer grundlegenden Optimierung unterziehen könnten, gefiel nicht allen Forschern.
So verlockend es klingt, die Menschheit mit mehr Intelligenz, Gesundheit, Langlebigkeit – und aktuell eventuell auch mehr Friedfertigkeit auszustatten. Die meisten Forscher hatten das Gefühl, dass sie eine solche Entscheidung nicht alleine treffen könnten, sondern dass sie eine breite gesellschaftliche Debatte erfordere.
So riefen mehrere Forscher Anfang des Jahres in den beiden weltweit renommiertesten Wissenschaftszeitschriften „nature“ und „Science“ zuallererst zu einer gewissen Zurückhaltung auf. Und organisierten diese Tagung, um darüber zu beraten, ob sie sich selbst ein Moratorium auferlegen wollten, das zumindest das Hantieren an der Keimbahn des Menschen – also die Ei- und Samenzellen – zunächst bannen würde. Denn für die einen stellt die Keimbahn aus religiösen Gründen eine ethisch-moralische Schwelle dar.