„Zu uns kommen Menschen, die unter Elektrosensibilität leiden“, sagt er. Angeblich sollen acht Prozent der Bundesbürger unter diesem Phänomen leiden. Genaue Zahlen sind nicht bekannt. Als elektrohochsensibel werden Menschen bezeichnet, die behaupten, elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder (EMF) wahrnehmen zu können, beziehungsweise daran leiden. Diese Felder werden auch als Elektrosmog bezeichnet. Über 40 Symptome sind inzwischen bekannt, darunter Ein- und Durchschlafstörungen, chronische Erschöpfung, Kopfschmerzen, Migräne, Schwindel, Tinnitus, Konzentrationsprobleme und gerade bei Kindern immer wieder das Aufmerksamkeitsdefizit ADHS.
Das Phänomen ist nicht offiziell als Krankheit anerkannt. „Das Problem ist, dass bisher bei keinem einzigen Menschen Elektrosensibilität konkret nachgewiesen werden konnte“, sagt Alexander Lerchl aus Bremen. Und auch Sarah Drießen aus Aachen weiß um das Problem: „Man geht davon aus, dass es das Phänomen gibt, allerdings ist bisher nicht geklärt, ob es ursächlich mit elektromagnetischen Feldern zusammenhängt. Die Symptome sind sehr unspezifisch und das Vorkommen von Elektrosensibilität variiert trotz ähnlicher Umweltbedingungen länderspezifisch stark.“
Für die Ärzte entsteht dadurch das Problem, dass sich die einzelnen Fälle bei der Krankenkasse nicht ordentlich abrechnen lassen. Entsprechend bemühen sie sich verstärkt, auf die Problematik aufmerksam zu machen. Eine der bekanntesten Initiativen ist der Freiburger Appell, der erstmals 2002 über die Gefahren von Mobilfunkstrahlung auf den Körper aufmerksam gemacht hat. An dieser Initiative sind über 1000 Ärzte beteiligt.
Aufklärung in den Schulen
Bei all diesen teils verwirrenden Fakten rund um das Thema Handystrahlung scheint es umso verwunderlicher, dass das Gericht in Rom im Fall des Italieners Innocente Marcolini so eindeutig entscheiden hat. Gerrit Krause macht das Urteil Mut, während Alexander Lerchl nicht fassen kann, welch Gewicht die Studie Lennart Hardells hat. Für ihn ist das Thema fast „totgeforscht“, die Wahrscheinlichkeit, dass es einen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen und Handystrahlung gibt, ginge gegen Null. Lediglich im Bereich der Langzeitwirkungen und beim Einfluss auf Kinder seien noch Studien nötig. „Daran arbeiten wir gerade“, sagt Lerchl.
Während Lerchl und sein Team an der Jacobs University in Bremen forschen, engagiert sich Gerrit Krause. Er hat mit seinem Verein das Projekt „Funky School“ ins Leben gerufen, das von der Stiftung "Umwelt und Entwicklung NRW" gefördert wird. Darin soll Schulen gezeigt werden, welche Möglichkeiten sie haben, eigenverantwortlich Prävention zu betreiben und die Risiken für alle Beteiligten zu minimieren ohne auf die Errungenschaften der modernen Technik vollständig verzichten zu müssen.