Gewalt-Studie Der Mensch ist von Natur aus gewaltbereit

Aufgrund seines evolutionären Stammbaums ist der Mensch gewaltbereit, wie Forscher ermittelt haben. Die Gesellschaft kann dies aber stark verringern. Schon seit 100 Jahren beobachten Forscher einen Rückgang.

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Mord und Totschlag sind zumindest zum Teil ein Erbe unserer evolutionären Vergangenheit. Quelle: dpa

Mord und Totschlag sind zumindest zum Teil ein Erbe unserer evolutionären Vergangenheit. Gewaltsame Todesfälle kamen unter den Menschen etwa so häufig vor, wie man es nach einem Vergleich mit anderen Säugetieren aufgrund unserer Position im Stammbaum auch erwarten würde, berichten spanische Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“. Kultur und die Organisation menschlicher Gesellschaften beeinflussten allerdings das Gewaltpotenzial – und haben die Menschen in der Moderne friedlicher werden lassen.

Tödliche Auseinandersetzungen innerhalb einer Art kommen nicht nur beim Menschen vor, sondern auch bei einigen anderen Säugetieren, schreiben die Forscher um José María Gómez von der Estación Experimental de Zonas Áridas in Almería (Spanien) in ihrem Artikel. Unter Primaten etwa seien Aggressionen innerhalb der Gruppe nicht selten, bei einigen Arten komme es zu Kindstötungen. Raubtiere töteten manchmal Angehörige fremder Gruppen und selbst bei so harmlos wirkenden Arten wie Hamster oder Pferden würden gelegentlich Artgenossen umgebracht.

Die Forscher suchten nun zunächst in der wissenschaftlichen Literatur, wie verbreitet solche tödlichen Auseinandersetzungen bei einzelnen Arten von Säugetieren sind. Sie fanden Informationen zu vier Millionen Todesfällen bei 1024 Arten von Säugern aus 137 Familien – das sind etwa 80 Prozent aller Säugetierfamilien. Zu gewaltsamen Todesfällen zählten sie zum Beispiel Kindstötungen, Fälle von Kannibalismus oder Todesfälle nach Revierkämpfen und anderen kämpferischen Auseinandersetzungen. Die Forscher errechneten dann den Anteil solcher Todesfälle an den gesamten Todesfällen.

Erwartungsgemäß erwiesen sich einige Arten als eher gewalttätig, andere waren völlig friedlich untereinander. Unter Arten, die in Gruppen und in festen Territorien lebten, war Gewalt gegen Artgenossen verbreiteter als bei Arten, deren Angehörige allein umherzogen. Am evolutionären Ursprung der Säuger betrug die Rate der gewaltsamen Todesfälle 0,3 Prozent – also kam etwa ein Tier von 300 durch Gewalt eines Artgenossen zu Tode.

Innerhalb des Stammbaums nahm solche tödliche Gewalt dann zum Ursprung der Primaten hin immer weiter zu. Ungefähr zu dem Zeitpunkt, als die Primaten als eigenständige Linie im Stammbaum abzweigten, betrug die Rate etwa zwei Prozent. Das zeige, dass tödliche Gewalt tief in der Linie der Primaten verwurzelt sei, schreiben die Wissenschaftler.

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