Hannover Messe 2013 Der Charme der Libelle

Was der schwäbische Spezialist für Antriebstechnik Festo von fliegenden Winzlingen lernt.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Staatspräsident Vladimir Putin nehmen den BionicOpter von Festo in Augenschein. Der ultraleichte Flieger stürzte leider ab. Störsender der russischen Sicherheitsleute waren der Grund. Quelle: AP

 

Dieser Termin ist bei Freunden der Bionic gesetzt. Jeweils zur Eröffnung der Hannover Messe zeigt Festo, was seine schwäbischen Tüftler Neues entwickelt haben. In diesem Jahr ist eine "Libelle", ein ultraleichtes Flugobjekt, das zur Eröffnungsfeier über den Köpfen der erstaunten Zuschauer flog. Aber leider nur kurz. Da auch Russlands Staatspräsident Putin zugegen war, setzten die Russen während der Veranstaltung Störsender ein - von denen Festo nichts wusste. Die von einem Smartphone ferngesteuerte Libelle stürzte ab. Die anwesende Physikerin und Kanzlerin Angela Merkel erkannte als eine der ersten, was das Problem war: Nicht alles an High Tech ist einander auch gewogen. Nun arbeiten die Festo-Ingenieure daran, ihren ganzen Stolz für den Rest der Messe wieder ans Fliegen zu bekommen. Denn gerade der Festo-Stand zieht innovative Techniker an. 

Bionic heißt die Kunst, mit viel Versuch und Irrtum die Rätsel der Natur zu lösen. Unternehmen, die die Antriebstechnik von Fischen oder Vögeln verstehen und nachbauen können oder erforschen, warum der Gekko an der Wand kleben bleibt, Wassertropfen aber an Lotusblättern abperlen, der kann womöglich auch in der Industrie vorne mitspielen. 

Das Familienunternehmen Festo aus Esslingen betreibt deshalb das Bionic Learning Network. Dort wollen die Forscher neue Ideen für Funktionsintegration, Leichtbau, Selbstkonfiguration und maschinelles Lernen abkupfern und weiterentwickeln. "Nur so werden wir langfristig als kompetenter Partner mit höchster Problemlösungskompetenz angesehen", sagt Fest-Chef Eberhard Veit. 

Für die Libelle heißt das: Sie kann in alle Raumrichtungen fliegen, die Flügel unabhängig voneinander bewegen, abrupt bremsen und rückwärts fliegen. Die nachgebaute Libelle kann, was auch Hubschrauber, Flugzeuge und Segelflieger können müssen. Zugleich lernten die Ingenieure, Bauteile aus Sensorik, Aktorik und Mechanik plus Steuerungstechnik auf engstem Raum und in der leichtest möglichen Bauweise zu konstruieren. Mit 63 Zentimeter Spannweite und 44 Zentimeter Länge wiegt das High Light nur 175 Gramm. Die Kinematik sichert eine stabile Fluglage, zumindest so lange nicht Putin's Security in der Nähe ist.

Nicht alles davon ist Spielerei für große Jungs. Erkenntnisse aus dieser Konstruktion und Steuerung sollen als Prinzipien der Natur schnellstmöglich in der Automatisierungstechnik bei Festo angewendet werden. Veits Ziel: "Wir wollen uns von der Natur  hinsichtlich energiesparender Bewegungskonzepte, Leichtbau und Ressourcenschonung inspirieren lassen." Das müssen die Daniel Düsentriebe aus Schwaben auch leisten, denn weil Festo in großem Rahmen in Deutschland forscht und produziert, sind deren Produkte häufig teurer als die der Konkurrenz.

Die Schwaben können sich hohe Forschungskosten leisten. 2012 machten sie 2,2 Milliarden Euro Umsatz, sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Sieben Prozent davon steckten sie in Forschung und Entwicklung. Auch 2013 will Festo in diesem Rahmen wachsen.  

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