Heidelberger Astronomen Entfernung zu unsichtbarer Galaxie bestimmt

Forscher aus Heidelberg haben den Abstand zu einer unsichtbaren Galaxie gemessen, die sehr früh entstanden ist. Die Galaxie hatte den Forschern seit mehr als zehn Jahren Kopfzerbrechen bereitet.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
So sieht eine Galaxie normalerweise aus. HDF 850.1 ist aber selbst mit dem Hubble-Teleskop nicht zu entdecken. Quelle: ESO

Heidelberg/London Astronomen unter Heidelberger Leitung haben ein kosmisches Rätsel gelöst: Sie bestimmten die Entfernung einer unsichtbaren Galaxie, die Forschern seit mehr als zehn Jahren Kopfzerbrechen bereitet. Das Sternsystem mit der Katalognummer HDF 850.1 ist demnach 12,5 Milliarden Lichtjahre entfernt und stammt aus der Jugendzeit des Kosmos, wie die Wissenschaftler um Fabian Walter vom Max-Planck-Institut für Astronomie im britischen Fachblatt „Nature“ berichten.

Die unsichtbare Galaxie war 1998 im Bereich der sogenannten Submillimeter-Strahlung entdeckt worden, in dem sich vor allem kühle Gas- und Staubwolken zeigen. In fast allen anderen Wellenlängenbereichen, insbesondere im sichtbaren Licht, fehlt von ihr jedoch jede Spur. Nichteinmal das Weltraumteleskop „Hubble“, das mit einer Langzeitbelichtung von mehr als 30 Stunden tausende Galaxien im selben Himmelsausschnitt aufspürte, konnte HDF 850.1 entdecken.

Dieses Phänomen kennen Astronomen auch von anderen Galaxien. „Neue Sterne entstehen im Inneren dichter Wolken aus Gas und Staub. Solche Wolken sind für normales Licht komplett undurchsichtig, so dass die leuchtenden Sterne der Galaxie den irdischen Teleskopen verborgen bleiben“, erläuterte Walter in einer Mitteilung seines Instituts. „Submillimeter-Strahlung dagegen kann selbst dicke Gas- und Staubwolken weitgehend ungehindert durchqueren und bietet damit ungestörte Einblicke in das Wolkeninnere.“

Im Submillimeter-Bereich strahlt das Sternsystem hell am Himmel. Seine Entfernung ließ sich aus diesen Messungen jedoch nicht bestimmen, denn dazu brauchen Astronomen den Fingerabdruck chemischer Elemente in der Strahlung. Anhand dieser charakteristischen Spektrallinien lässt sich die Entfernung messen, denn die Linien sind umso stärker verschoben, je weiter eine Galaxie entfernt ist. „Liegen über eine Galaxie wie HDF 850.1 lediglich Daten aus einem sehr engen Teilbereich des elektromagnetischen Spektrums vor, dann ist es sehr schwierig, die Entfernung der Galaxie und damit ihren Platz in der Geschichte unseres Universums zu bestimmen“, erklärte Walter.

Mit einem neuen Instrument am IRAM-Observatorium in den französischen Alpen konnten die Forscher nun schwache Spektrallinien in der Strahlung von HDF 850.1 aufspüren und damit die überraschend große Entfernung der Galaxie bestimmen. Wegen ihrer enormen Distanz sehen wir das Sternsystem zu einer Zeit, als das Universum erst 1,1 Milliarden Jahre alt war und damit noch nicht einmal zehn Prozent seines heutigen Alters erreicht hatte. HDF 850.1 war dabei den Astronomen zufolge eine besonders produktive Galaxie: Jedes Jahr entstanden in ihr Sterne mit einer Gesamtmasse, die 850 Mal der Masse unserer Sonne entspricht. Zum Vergleich: Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, erzeugt pro Jahr gerade einmal eine neue Sonne. Offensichtlich sei die ferne Galaxie Teil eines sehr frühen Typs von Galaxienhaufen im jungen Universum, schließen die Forscher.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%